Mit Wind und Welle auf Welse, lautet das Erfolgsrezept von Sascha Becker.
Viel Aufmerksamkeit hat das so genannte Schleifen an den italienischen Wallerflüssen erregt. Immer mehr Angler stellen den Welsen vom treibenden Boot aus mit einem Köderfisch an der Grundmontage nach. Für die Bewegung sorgt die Strömung. Sie lässt die Montage Stück für Stück am Grund entlang schleifen. Durch diese höchst effektive Methode ist der Angler also in der Lage, die Fische aktiv zu suchen. Die Taktik produzierte derart große Erfolge, dass mancherorts selbst die altbekannte Bojenmontage ein wenig ins Hintertreffen geraten ist. Was viele Angler jedoch nicht wissen: Das Schleifen funktioniert nicht nur im Ausland prima – heimische Welse ticken nicht anders!
Das einzige Problem, das wir Deutschen im Gegensatz zu den Italienern haben, ist die eingeschränkte Bootsfischerei auf unseren Flüssen. Gerade an großen Gewässern mit viel Schifffahrt ist das Fischen vom schwimmenden Untersatz aus oft gar nicht gestattet. Deshalb haben mein Teamkollege Christian und ich das Schleifen auf Waller in deutschen Stillgewässern getestet – mit überraschend gutem Erfolg.
Stille Wasser, saubere Böden
Besonders geeignet sind Seen mit wenig Struktur, also eher glatte, hindernisfreie Böden. Zum einen wegen der reduzierten Hängergefahr, zum anderen aufgrund der besseren „Erreichbarkeit“ der Waller. Während sich die Fische in verkrauteten Gewässern sehr gut verstecken können, sind sie über monotonen Gründen gezwungen, auch kleine Kanten und Unterwasserberge als Einstände zu nutzen. Wer seinen Köder an diesen Stellen vorbeischleifen lässt, wird sogar bei Tageslicht mit Bissen belohnt.
Den eigentlichen Fressphasen der Fische wird bei dieser Art der Angelei nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Der Hunger spielt hier nämlich eine eher untergeordnete Rolle. Es kommt einzig und allein auf den Schnappreflex der Welse an. Das Schleifen beruht in erster Linie auf der Hoffnung, einen ruhig am Boden ruhenden Waller anzutreffen. Der Köder sollte dann so nah wie möglich am Maul des Welses vorbeitreiben. Dieser packt sich den Köder schließlich mehr aus Reflex denn aus Hunger. Geangelt wird also nicht nur auf aktiv raubende Waller, sondern auch auf die passiv am Grund ruhenden Fische.
Ständiger Bodenkontakt und eine gewisse Drift sind entscheidend für den Erfolg. Da aber in einem stehenden Gewässer geangelt wird und nicht in einem Fluss, ist man auf den Wind angewiesen. Nur durch ihn kann das Boot in Bewegung gesetzt werden. Falls der Wind zu stark sein sollte, entfaltet ein ausgelegter Driftsack die nötige Bremskraft. Mit diesem Hilfsmittel treibt das Boot auch bei starken Böen immer noch mit einem gemächlichen Tempo über die Kanten.
Unverhoffte und knallharte Bisse
Mit dem Anbieten der Montage wird immer an den Plätzen angefangen, wo der Wind zuerst die Wasseroberfläche kräuselt. Dort angekommen, wird der Köfi einfach zum Grund abgelassen. Dann gibt man noch ein paar Meter Schnur nach, und das Schleifen kann beginnen. Langsam lässt man sich vom Wind über den See treiben. Die Rute darf dabei nicht abgelegt werden, denn die Bisse der Waller kommen unverhofft und knallhart. Einem Bekannten von mir wurde einmal fast die Rute ins Wasser gezogen, als er sich eine Zigarette anstecken wollte. Vorsicht ist also geboten!
Erfolgt eine Welsattacke, so wird unmittelbar angeschlagen. Wer zu lange wartet, geht das Risiko ein, Fehlbisse zu kassieren. Insbesondere wenn die Fische nur aus Reflex zuschnappen, lassen sie den Köder oft schnell wieder los.
Um den Kontakt zum Gewässergrund sicher zu stellen, sollte der Zeigefinger an die Hauptschnur gelegt werden. Ein leichtes Ruckeln in der Leine signalisiert dem Angler, dass der Köder auch tatsächlich am Grund schleift. Sollte dieser Widerstand nicht spürbar sein, so wird in den meisten Fällen zu wenig Schnur draußen sein. Der Angler sollte dann ein paar Meter nachgeben, um den Bodenkontakt wieder herzustellen. Sobald der Wind das Boot ans Ufer getrieben hat, kann die Montage eingeholt und zum Ausgangspunkt am gegenüberliegenden Ufer gefahren werden. Dort beginnt dasselbe Spiel von vorne.
Fürs Schleifen braucht man kein spezielles Gerät. Natürlich sollte es für den Zielfisch Waller kräftig genug sein, um auch einen Kapitalen landen zu können. Vom Boot aus genügen Ruten mit einem Wurfgewicht bis 200 Gramm. Längen um die 2,40 Meter sind noch schön handlich und somit ideal fürs Schleifen. Ob eine Multi oder Stationärrolle benutzt wird, bleibt jedem selbst überlassen. Wichtig ist, dass das jeweilige Modell eine robuste Bauart aufweist. Auf die Rolle spult man geflochtene Schnur mit etwa 30 Kilo Tragkraft. Wichtiger als dieser Wert ist jedoch der Faktor Abriebfestigkeit. Denn es gilt ja zu bedenken, dass die Montage auch an Kanten und Unterwasserbergen entlang geschleift wird. Der ständige Grundkontakt kann die Schnur schnell aufrauen, speziell wenn Muschelbänke und Steinpackungen drohen. Im Drill können dann auch Waller der mittleren Gewichtsklassen leicht kurzen Prozess
machen und die Leine sprengen.
Hängerfrei mit Tiroler Hölzl
Die eigentliche Montage ist relativ simpel (siehe Skizze oben). Zum Einsatz kommt eine Grundmontage. Dazu wird ein Sea Boom auf die Hauptschnur gefädelt, danach eine starke Gummiperle. Die schützt den Knoten am Wirbel. Schließlich folgt ein etwa 80 bis 120 Zentimeter langes Vorfach mit einem Einzelhaken der Größe 6/0 bis 8/0. Von Drillingen rate ich ab, weil dadurch das Hängerrisiko enorm steigt. Beim Köder verfahre ich nach der Devise: Weniger ist mehr! Handlange Köfis reichen vollkommen aus. Alternativ können auch große Tauwurmbündel oder Kalamarisstreifen angeboten werden. Besonders im Frühling haben sich diese Köder als sehr effektiv erwiesen.
Um den Leckerbissen auf Tiefe zu bekommen, wird ein Birnenblei in das Sea Boom eingehängt. Das Gewicht hängt von der Windstärke und der Gewässertiefe ab. Um den Grund sicher erreichen zu können, sind in aller Regel Bleie von 20 bis 60 Gramm ausreichend. Alternativ kann auch ein entsprechend schweres Tiroler Hölzel verwendet werden. Das Spezialgewicht spielt seine Vorteile in schlammigen Gewässern aus und ist generell sehr gut fürs hängerfreie Schleifen geeignet.
Der Riesenvorteil der aktiven Schleifmethode gegenüber dem stationären Bojenangeln ist das Strecke machen. Oft reicht es aus, in den Abendstunden zu driften, um beißwillige Welse aufzuspüren. Der Zeiteinsatz ist also viel geringer. Nebenbei bemerkt: Durch das Schleifen lernt man das Bodenprofil eines Gewässers auch ohne Echolot ganz genau kennen. Es werden Unterwasserberge und Kanten entdeckt, die dann umso gezielter zu befischen sind. Auf alle Fälle ist das Schleifen vom Boot aus nicht nur schneller von Erfolg gekrönt. Es ist auch bequemer, als am Ufer ein Zeltlager zu errichten und auf die Fische zu warten statt ihnen entgegen zu kommen.