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Zielfisch Hecht: Mal ne Lippe riskieren

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Zielfisch Hecht: Mal ne Lippe riskieren

Kaum ein Kunstköder imitiert einen Beutefisch so lebensecht wie der Wobbler. Er muss nur mit Phantasie geführt werden. Jürgen Haese erklärt, wie man das macht.

Sieht aus wie Fisch, schwimmt wie Fisch. Ist aber keiner! Die Rede ist vom Wobbler. Die Bewegungstalente werden überwiegend aus Holz oder Plastik hergestellt. Beide Werkstoffe haben ihre ganz speziellen Eigenschaften. Die hölzernen Versionen zeigen ein lebendigeres Laufverhalten als die Kunststoff-Kollegen. Nach vielen Hechtattacken kann es allerdings trotz ausreichender Lackschicht passieren, dass der Köder Wasser zieht. Das ungewollte Extra-Gewicht wirkt sich natürlich auf das Schwimmverhalten oder, genauer gesagt, auf die Sinkeigenschaften aus. Holzwobbler bedürfen daher einer gewissen Pflege. Festgestellte Beschädigungen sollten nach dem Austrocknen mit Klarlack versiegelt werden. In die besonders weichen Balsaholzkonstruktionen kann Meister Esox ohne größere Schwierigkeiten seine nadelspitzen Zähne hineintreiben. Bei einem Anhieb wirkt dieser Klammergriff im ungünstigsten Fall wie eine Bremse. Das kann bei den extrem harten Kunststoffködern nicht passieren. Die Beißer rutschen ab, und der Haken kann sicher greifen. Allerdings sind die Plastikkonstruktionen auch empfindlicher. Eine Landung auf der Steinpackung oder am Brückenpfeiler sorgt schon einmal für „Bruch“.

Ganz unabhängig vom Baumaterial können Wobbler schwimmen, schweben oder auch sinken. Die Schwimmeigenschaften lassen sich sehr genau über zusätzliche Gewichte, meist in Form von Bleibeschwerungen, definieren. Die schwimmenden (floating) Versionen werden am häufigsten eingesetzt. Nach meinem Empfinden nicht unbedingt, weil es sich dabei immer um die beste Wahl handelt, sondern vielmehr deshalb, weil die meisten Angler mit den Floating-Modellen weniger Köderverluste assoziieren.

Schwimmwobbler tauchen nur so lange ab, wie sie in Bewegung sind und Wasserdruck auf die Tauchschaufel wirkt. In den Einholpausen steigen sie mehr oder weniger schnell in Richtung Oberfläche auf. Dieses Verhalten können wir uns ganz gezielt zu Nutze machen. Zum einen erlauben Schwimmwobbler dem Wurfangler das gezielte Befischen von „schwierigem Gelände“. Sobald wir ein Hindernis spüren und den Einholvorgang stoppen, steigt der wertvolle Verführer auf. Die potenzielle Hängerstelle kann so im wahrsten Sinne des Wortes umschifft werden. Darüber hinaus üben die unregelmäßigen Tauch- und Aufsteigemanöver eine magische Anziehungskraft auf die Entenschnäbel aus.

 

Schnell auf Tiefe

Sinkende (sinking) Wobbler vollführen das, was das Attribut vermuten lässt: sie sinken. Allerdings mit einem für uns sehr wichtigen Zusatz: wenn sie nicht in Bewegung sind! Oder anders herum ausgedrückt: Sinkende Wobbler arbeiten nahezu in der Tiefe, in der mit dem Einholen begonnen wird, und sinken nicht weiter ab, so lange wir sie auf Trab halten. An bekannten Gewässerabschnitten stellen diese Eigenschaften einen großen Vorteil dar. Nach dem Auswerfen brauchen wir die Sinker nur kontrolliert absinken zu lassen und können sofort in der fängigen Tiefe fischen. Schwimmende Modelle müssen sich erst auf mehr oder weniger langem Wege in die Fangzone vorarbeiten. Wertvolle Meter, die gerade für den Uferangler über Erfolg oder Misserfolg entscheiden können.

Die goldene Mitte bilden die schwebenden (suspending) Wobbler. Die neutrale Austarierung mit Blei sorgt dafür, dass die Suspender in den Einholpausen weder weiter abtauchen noch empor steigen. Vielmehr stehen die wirklich guten Modelle dieser Baureihe während der Stopps zitternd im Wasser. An erkannten Unterständen kann man den Raubfischen so regelrecht auf der Nase herumtanzen. Ein Spielchen, beim dem auch erfahrene Hechte die Nerven verlieren!

Neben der Bebleiung übt die Größe und Stellung der Tauchschaufel maßgeblichen Einfluss auf die Tauchtiefe aus. Kleine und senkrecht stehende Lippen kennzeichnen den Flachläufer. Je größer das Bauteil ausfällt, und je flacher es montiert ist, desto tiefer geht es auf Tauchstation. Erfreulicherweise geben immer mehr Hersteller die Tauchtiefe auf der Verpackung an.

Bei der Auswahl der Ködergröße gilt es, einige Spielregeln zu beachten. Im Verlauf der Jahreszeiten ändern die Entenschnäbel ihre Fressgewohnheiten teils drastisch. Nach dem Laichgeschäft, im Frühjahr, müssen die Jäger schnell wieder zu Kräften kommen und fressen alles, was in Reichweite gelangt. Bei der Auswahl der Ködergrößen brauchen wir keine Rücksichten zu nehmen. In den Sommermonaten sind die Räuber auf leichter zu erbeutende Jungfische spezialisiert. Große Köder bringen dann weniger Fisch, und selbst kapitale Hechte bevorzugen kleinere Portionen. In den Herbst- und Wintermonaten wiederum ist Esox auf echte Brocken eingestellt. Dann lohnt der Einsatz von Großködern.

 

Großer Wobbler, gut geführt: Dieser Esox schnappte sich die „Banane“ Marke Turus Ukko.

 

In Bezug auf die Farbauswahl gilt es, so natürlich wie möglich zu fischen. Soll heißen: Das aktuelle Futterfischaufkommen bestimmt die Entscheidung. Barsch-, Weißfisch-, Hering- und Forellendekors stehen uns zahlreich zur Verfügung. Erst wenn sich kein Erfolg mit dem Naturdesign einstellt, weil zum Beispiel die Sichtbedingungen unter Wasser sehr schlecht sind, wird auf Schockfarben zurückgegriffen. Dann trumpfen Firetiger und Fluo-Barsch auf. Erstaunlicherweise ist es immer wieder einen Versuch wert, auch in sehr klarem Wasser mal einen der Schocker anzubieten.

 

 

Der Hecht greift seine Beute bevorzugt von unten an. Unabhängig von der Jahreszeit, sollte der Köder daher lieber zu flach als zu tief angeboten werden. In Fließgewässern werfen Ufer- angler den Wobbler am besten schräg gegen die Strömung aus und holen den abtreibenden Köder im Halbkreis wieder ein. Beim Führen mit der Strömung muss zwangsläufig schneller eingekurbelt werden als beim Fischen gegen den Wasserdruck. Grundsätzlich sollten zuerst die Uferpartien gründlich beharkt werden, bevor die weiter entfernt liegenden Plätze ins Visier geraten. Denn oft stehen die Hechte näher am Ufer, als viele Angler glauben. Trampeln wir dort erst mal eine Weile herum und befischen zuerst die weiter draußen gelegenen Stellen, dann werden die Entenschnäbel vor unseren Füßen garantiert verscheucht. Also: Erst kurz, dann lang servieren!

 

Führung mit Schlägen

Die Typenvielfalt an Wobblern erlaubt es uns, auf alle erdenklichen Situationen am Gewässer zu reagieren. Die meisten Pluspunkte sammelt diese Köderfamilie auf Grund der zahlreichen Präsentationsmöglichkeiten und dem Umstand, dass wir in nahezu allen Tiefen angreifen können.

Wer Wobbler einfach nur durchs Wasser kurbelt, fängt zwar auch seine Hechte, verschenkt aber viele weitere Bisse. Der Angler kann zum Beispiel über das Einholtempo die Tauchtiefe regulieren. Langsam geführt, erreicht ein und das selbe Modell nur einen Bruchteil der Tauchtiefe, die bei zügiger Beschleunigung möglich wäre. Variieren ist angesagt! Eine der effektivsten Varianten ist das so genannte „Stop and Go“, eine Technik, die sich hervorragend mit schwimmenden und schwebenden Modellen praktizieren lässt. Nach mehr oder weniger langen Fluchten bleibt der Wobbler plötzlich stehen. Der Suspender verharrt zitternd auf der Stelle; der schwimmende Köder steigt gemächlich empor. Nach wenigen Sekunden wird der Vorwärtsmarsch fortgesetzt. Oft ist genau das der Moment, in dem Hechte zufassen.

Die Stop and Go-Taktik lässt sich mit den unterschiedlichsten Schlagzahlen betreiben. In sehr zügigem Tempo können große Wasserflächen schnell abgesucht werden. Eine Technik, mit der aktive Fische gut zu finden sind. Im Schneckentempo lassen sich erkannte Einstände intensiv beharken und unentschlossene Räuber zum Anbiss überreden. Schwimmende Stop and Go-Kandidaten müssen über ein ausreichendes Auftriebsvermögen verfügen und ihre Aktion schon beim geringsten Zug entfalten. Fehlen diese Eigenschaften, dann kann das Beharken größerer Flächen zu einer sehr langwierigen, uneffektiven Prozedur ausarten. Der Rapala X-Rap Jointed und der Nils Master Jumbo erfüllen die Anforderungen perfekt.

Extra-Reiz Gummischwanz: Der Sqirrley Jake verführte diesen Hecht.

 

Besonders peppig laufen die schaukelnden Verführer, wenn sie nicht nur eingekurbelt, sondern immer wieder mit kurz aufeinander folgenden Schlägen beschleunigt werden. Die Zupfer kommen aus dem Handgelenk, erfolgen sehr gefühlvoll. Mit wildem Schlagen hat das nichts zu tun. Twitchen nennen die Amerikaner diese Technik, die es wirklich in sich hat! Derart angetrieben, laufen Suspender zur absoluten Höchstform auf. Der Rapala Husky Jerk und die einteiligen X-Raps sind dafür das Maß der Dinge.

 

 

Doch auch sinkende Wobbler präsentieren sich um ein Vielfaches fängiger, wenn sie plötzlich mit kleinen Sprüngen – fast einem Jerkbait gleich – durchs Wasser marschieren. Einsame Spitzenreiter für diesen Führungsstil sind der Zalt 14 und der Nils Master Big Mouth.

 

Das Twitchen empfiehlt sich aber insbesondere bei flach laufenden, schlanken Wobblern. Dazu zählen weiterhin schwimmende Modelle wie der Bomber Long-A oder der ZAM 16 sowie die so genannten Flanker. Letztere sind seitlich abgeflachte Wobbler, die in Bewegung stark von links nach rechts schaukeln. Der Jake und Squirrley Jake von Musky Mania oder die legendären Crane Baits sind Paradebeispiele für gut laufende Flanker. Schwimmwobbler bringe ich nach dem Auswerfen mit einigen Kurbelumdrehungen auf Fangtiefe und schlage danach nur noch kurze Rucke aus dem Handgelenk. In flachen Gewässern und über Pflanzenteppichen lasse ich den Wobbler immer wieder bis zur Oberfläche aufsteigen und beginne dann das Spielchen von vorn.

Flanker sind ebenfalls eine gute Wahl, wenn ich bei trübem Wasser oder schlechten Lichtverhältnissen, in der Dämmerung etwa, durch besonders viel Aktion auffallen möchte. Dann sind auch zweiteilige Wobbler mit ihrem schlängelnden Lauf von Vorteil. Jetzt gilt es nämlich, den Hechten eine Ortung über das Seitenlinienorgan zu erleichtern. Dafür muss der Wobbler möglichst starke Vibrationen produzieren. In klaren Nächten setze ich solche Modelle auch gern oberflächennah ein. Langsam präsentiert, geben die Verführer eine prima Silhouette ab. Wobbler wie der Squirrley Jake und Super Stalker, die über einen Twisterschwanz verfügen, sind erste Wahl.

Glanzpunkt: Der in kurzen Sprüngen getwitchte Zalt-Wobbler macht Hechte richtig bissig.

 

Laut- oder Leisetreter?

Auch über die Akustik lässt sich entsprechend Radau machen. Vorreiter in Sachen „Soundfishing“ ist die Firma Bill Lewis Lures. Die Rasselkugeln im Bauch des Rat-L-Trap sollen die selben Frequenzen erzeugen wie flüchtende Kleinfische. Fakt ist, dass die Radaumacher immer wieder Fische fangen, wenn andere Köder versagen. In jedem Fall sind Kugeln im Bauch von Vorteil beim Einsatz in trüber Brühe und auf große Distanz. Auffällig ist zudem, dass die Rasselbande überdurchschnittliche Erfolge verbucht, wenn es extrem heiß ist. Ganz nach dem Motto: Wir machen müde Räuber munter!

Allerdings ist hier Probieren angesagt. Denn längst nicht immer bedeutet ein Mehr an Lärm auch ein Plus an Fängigkeit! Ganz im Gegenteil: Oft sind es die ruhig und unauffällig arbeitenden Leisetreter, die große Erfolge bringen. Schauen Sie sich zum Beispiel mal den Nils Master Invincible in seinem Element an. Man sieht: ein eher unscheinbarer, langsam schaukelnder Wobbler. Und doch muss gerade dieser Verführer etwas an sich haben, das Hechte geradezu magisch anzieht. Nicht ohne Grund wurde der Invincible von einem finnischen Angelmagazin zum besten Wobbler der Welt gewählt. Ähnlich unspektakulär präsentiert sich ein anderer Klassiker, der Turus Ukko. Die „finnische Banane“ gehört in puncto Laufverhalten sicherlich nicht zu den auffälligsten Vertretern und ist dennoch über jeden Zweifel erhaben, was die Fängigkeit betrifft. Beide Typen fische ich übrigens nach der simplen Devise: Einfach nur einkurbeln, den Rest besorgt der eingebaute Lauf.

Glasklare Gewässer mit Sichttiefen von mehreren Metern können den Spinnfischer an den Rand des Wahnsinns treiben. Regelmäßig sieht man, wie Hechte dem Köder folgen und doch nicht zupacken. Das ganze Repertoire von Spinnstopps bis hin zu schnellem Beschleunigen nutzt hier rein gar nichts. Doch auch für solch hartnäckige Fälle haben die Wobblerhersteller die passende Antwort parat: Lebensechte Kreationen mit einem Kopf aus Hartplastik und einem Körper aus Weichplastik. Führend auf diesem Sektor ist ganz unbestritten die Firma Castaic. Unter Wasser sind diese Kunstwerke weder optisch noch vom Schwimmverhalten her von einem echten Fisch zu unterscheiden. Das Team Bodden-Angeln und die Angelschule Oberbayern fangen damit im klaren Ostseewasser und den sichtigen Voralpenseen wirklich überragend.

 

Paarungen für Abschlepper

Wobbler spielen ihre Stärken nicht nur vom Ufer, sondern erst recht auch beim Schleppfischen aus. Mit ihnen lassen sich große Areale systematisch absuchen. Statt sich zu viel Wasserfläche vorzunehmen, ist es allerdings sinnvoller, „Planquadrate“ zu bilden und die dann umso intensiver zu erkunden. Kurvenreiche Fahrten mit wechselnden Geschwindigkeiten sind dabei Erfolg versprechender als monotones Schippern auf einer geraden Linie. Der Schnurdurchmesser, die Länge der abgelassenen Leine und das Fahrttempo üben unmittelbaren Einfluss auf die Tauchtiefe des nachfolgenden Wobblers aus. Markierungen auf der Leine mit einem wasserfesten Marker, zum Beispiel nach einem Anbiss, helfen uns, die Einstellungen reproduzieren zu können.

Dürfen wir mit mehreren Ruten fischen, hat es sich bewährt, Köder mit unterschiedlichen Laufeigenschaften zu kombinieren, um ein größeres Spektrum abzudecken. Die Variationsmöglichkeiten sind denkbar vielfältig: Ein lebhafter, zweiteiliger Wobbler, gepaart mit einem ruhig laufenden Vertreter, Naturdekor und Schockfarbe, großer Köder und kleiner Köder – der Phantasie des Anglers sind keine Grenzen gesetzt. Die Festlegung auf ein bestimmtes Muster erfolgt erst dann, wenn wir klare Vorlieben der Hechte erkannt haben. Bis dahin gilt: Wer fängt, hat Recht! Achten Sie bei den Wobbler-Paarungen allerdings darauf, dass beide Köder gleichermaßen für die aktuelle Schleppgeschwindigkeit ausgelegt sind. Licht- und Strömungsverhältnisse bedingen, dass sich auch an Hot Spots die Raubfische in bestimmten Positionen aufstellen. Um sicher zu stellen, dass unsere Köder auch wirklich ins Sichtfeld der Räuber gelangen und eine Attacke provozieren, fahren wir zum Beispiel einen Barschberg oder einen Steinhaufen aus verschiedenen Richtungen und mit unterschiedlichem Tempo an. Nicht selten kann man feststellen, dass die Bisse immer dann erfolgen, wenn der Standort auf einer bestimmten Linie angesteuert wird. Wiederholen Sie diese Manöver auch zu verschiedenen Tageszeiten. Erst danach kann die Stelle als „ausgefischt“ abgehakt werden.

Ab dem Herbst, spätestens aber mit Beginn des Winters, sollten Schleppfischer über den gezielten Einsatz von Großwobblern nachdenken. Die Quantität der Fänge wird zwar sinken, die Qualität aber steigen. Scheuen Sie deshalb nicht davor zurück, XXL-Formate wie den 25er Jake, den 30er Turus Ukko oder die 12“-Castaic-Forellen hinter dem Boot her zu schleppen. Kapitale Hechte können der Lohn sein!

 

Extra-Tipp

Spinnstangen, wie sie beim Einsatz von Jerkbaits üblich sind, reduzieren auch beim Umgang mit großen Wobblern das lästige Verfangen der Drillinge im Vorfach auf ein Minimum.

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