Einfach durchkurbeln und fangen war gestern. Moderne Modelle bringen noch viel mehr Bisse, wenn sie mit Schlag auf Trab gebracht werden. Von Johannes Dietel
Blinker flattern, Spinner machen Druck, Gummis fühlen sich wie echte Beute an. Doch kein künstlicher Verführer kommt in Sachen Schwimmverhalten dem natürlichen Vorbild näher als ein Wobbler!
Nicht umsonst treibt es vielen Anglern Tränen in die Augen, wenn sie an die guten alten Zeiten zurückdenken, als sie mit dem lebenden Köfi an der Posenrute einen Barsch nach dem anderen aus dem Wasser zogen. Doch der lebende Köderfisch ist tot. Zum Glück für uns haben die Kunstköder-Hersteller diese Lücke schließen können. Denn vor allem die Wobbler werden immer fängiger und unterscheiden sich von der Aktion her kaum noch von einem echten Kleinfisch. Und das ist gut so. Denn wenn es auf Barsche geht, ist es fast immer am besten, wenn der Köder dem aktuellen Beuteschema so nah wie möglich kommt. Vier Eigenschaften fordere ich all meinen Wobblern ab, bevor ich sie ins Rennen schicke: Form, Farbe und Größe müssen sich an den im Gewässer vorkommenden Futterfischen orientieren, und der Lauf muss einen kranken Flossenträger imitieren.
Form & Größe anpassen
Barsche zählen zu den Sichträubern. Zudem spezialisieren sie sich, je nach Jahreszeit, auf bestimmte Beutefische. Wenn Barsche gerade auf Stintjagd sind, muss natürlich ein schlankes Köder-Imitat her. Fressen sie kleine Brassen, ist ein hochrückiger Wobbler gefragt. Und wenn sie sich auf kleine Barsche eingeschossen haben, liegt die Wahrheit zwischen den Extremen.
Ganz wichtig ist es, die Ködergröße dem aktuellen Beuteschema anzupassen. Während sich die Barsche im Hochsommer auf Fischbrut fixieren, und deshalb ganz kleine Wobbler oft ganz große Fische ans Tageslicht befördern, fangen ein paar Wochen später schon wieder etwas voluminösere Modelle ab fünf Zentimetern deutlich besser. Kein Wunder, denn die Brut ist ja inzwischen schon ein bisschen gewachsen. Im Herbst kann man dann noch ein paar Zentimeter drauflegen. Und im Win-ter schließlich kommen bis zu zehn Zentimeter lange Wobbler ins Spiel, die bis in den Juni hinein das richtige Format haben.
Farbe – von dezent bis grell
Schon von der Gestalt her sehen Wobbler aus wie ein kleines Fischchen. Aber erst das Design macht die Täuschung perfekt. Meine liebsten „Barschfarben“ sind Ayu (im Programm bei Illex, Berk-ley, Lucky Craft), Pearch (Lucky Craft, Balzer, Salmo, Bomber, Rapala), Baby Bass (Berkley), American Shad (Lucky Craft), Blue Gill (Illex), Wakasagi (Illex) oder Weißfisch beziehungsweise Silver Shiner (Abu, Salmo, Berkley, Rapala). Neben den naturgetreuen Dekors habe ich allerdings auch immer einige Reizfarben in meiner Wobblerbox. Dazu zählen Firetiger (Berkley, Salmo, Rapala, Illex, Bomber) und andere Schocker in Gold/Rot (Abu, Salmo), Gold/Schwarz (Berkley) oder Rot/Schwarz (Berkley, Salmo).
Ich persönlich fische gern die teuren Japan-Wobbler. Von den ausgeklügelten Lauf- und Wureigenschaften einmal ganz zu schweigen, glänzen diese Kunstwerke mit aufwändigen Details im Design, die den hohen Preis erklären und rechtfertigen. Bei den Lucky Craft-Wobblern sind zum Beispiel die einzelnen Schuppen voneinander abgesetzt und unterschiedlich koloriert!
Kniffe für die Führung
Wobbler laufen und fangen schon, wenn sie einfach nur durchs Wasser gezogen werden. Aber glauben Sie mir: Eine variable Führung wird auch Ihnen eine noch wesentlich bessere Bissausbeute bringen. Und Wobbler sind dafür wie kein anderer Köder geschaffen: Man kann sie, je nach Ausführung, schwebend (Suspender), auftreibend (Schwimmwobbler) und sinkend (Sinkwobbler) anbieten. Und statt einfach nur zu kurbeln, erhöhen gefühlvolle Zupfer mit der Rutenspitze, so genannte Twitches, oder einfache Spinnstopps von unterschiedlicher Dauer die Fängigkeit enorm.
Die Aggressivität und Geschwindigkeit der Köderführung hängt von der Jahreszeit ab. Zwar wird man auch im Sommer auf einen langsam geführten Wobbler fangen und im Winter auf einen schnellen. Aber generell tendiere ich dazu, meine Köder in der warmen Jahreszeit aggressiver durchs Wasser zu bewegen als in der kalten.
Bei niedrigen Temperaturen schlägt zum Beispiel die Stunde der extrem langsam geführten Suspender wie dem Illex Squirrel oder Lucky Craft Pointer. Da die Barsche oft sehr konzentriert stehen und auch noch ziemlich träge sind, kommt der Schwebe-Effekt an frostigen Tagen perfekt zum Tragen. Dazu wird der Suspender ganz langsam durchs Wasser gezupft, indem man mit der Rutenspitze kurz in die schlaffe Schnur schlägt. Dadurch bricht der Wobbler stark aus. Nun legt man eine Pause ein und beobachtet genau die Schnur. In dieser Phase kommt der Suspender zur Ruhe und steht fast reglos da. Das ist oft genau der Moment, in dem der Biss kommt! Den erkennen wir nicht immer am typischen Ruck, sondern oft nur an der nach vorn oder zur Seite schnellenden Schnur. Erfolgt kein Angriff, nimmt man die schlaffe Leine auf und twitcht den Wobbler mit einem seitlichen Zucken der Rutenspitze – fünf bis 20 Zentimeter genügen bei dieser Bewegung – wieder ein paar Zentimeter heran. Dadurch kann man potenzielle Einstände punktgenau und im Zeitlupentempo abfischen. Eben genauso, wie es träge Winterbarsche mögen!
Aber auch sinkende Wobbler wie der Frenzy Power Rattl’R können prima zur kalten Jahreszeit angeboten werden. Denn diese Köder kann man bis zum Grund absinken lassen und dann, ähnlich einem Twister, über den Grund jiggen. Bei jedem Anzupfen tönen die Rasseln im Inneren des Köders und lenken so die Aufmerksamkeit auf den Wobbler.
Köder, die angreifen!
Im Sommer kommt es unter anderem darauf an, den Köder weit zu werfen. Denn die Barsche sind aufgrund des hohen Futterangebots an Brutfischen oft satt. Dann verfolgen sie den Köder oft mehr aus Neugier als aus einem akuten Hungergefühl heraus. Erst nach vielen Metern, quasi mit Anlauf, entscheiden die Stachelritter schließlich, ob sie zupacken oder nicht. Ein paar Twitches sollten den schnellen Lauf dann immer wieder unterbrechen und die Barsche so richtig heiß auf die im Zickzack flüchtende Beute machen. Echte Weitwurfgeschosse sind die bauchigen Frenzy-Wobbler von Berkley oder die deutlich schlankeren Pointer von Lucky Craft. Bei diesen Modellen rollen die Kugeln im Bauch, die den Wobbler während der Führung unter Wasser ausbalancieren, Richtung Kopfende. Und mit diesem vorn gelagerten Schwerpunkt fliegen sie dann fast so gut wie ein Dartpfeil. Mit Suspendern oder Schwimmwobblern kann man die oberen Wasserschichten, in die Barsche oft zum Rauben aufsteigen, am effektivsten beangeln. Schließlich weiß man immer, wie tief der Köder läuft, und kann so eine Schicht nach der anderen absuchen.
Die schwebenden Japan-Wobbler von Illex, Megabass, Evergreen oder Lucky Craft warten mit einer ganzen Menge spezieller Details auf, die man unbedingt in seinen Führungsstil einbauen sollte. Besonders interessant ist zum Beispiel die so genannte „Kick Back Action“: Mit einem nach oben ausgeführten, kurzen Zupfer in die lose Schnur bringt man den Wobbler dazu, nach hinten zu schießen – also auf den Verfolger zu. Ein Manöver, das selten toleriert wird. Denn ist ein Räuber am Köder interessiert, und wird er dabei noch von diesem belästigt, dann ist Schluss mit lustig! Und schon wird es Nacht um unseren Wobbler, wenn sich das große Barschmaul um unseren Verführer schließt…
Leichter mit Mono
Während bei den meisten anderen Ködern geflochtene Schnur Pflicht ist, gelten beim Wobbeln Ausnahmen von der Regel. Denn gerade die leichten Modelle werfen sich an einer feinen Monofilen weiter. Ein 0,16 Millimeter dünnes Nylon reicht im hindernisfreien Terrain völlig aus. Um die kleinen Wobbler auch weit genug werfen zu können, benötigt man zudem schnelle, feine Ruten. Eine Länge von 1,80 bis 2,10 Meter ist ideal. Dazu passt eine kleine Stationär- oder Baitcaster-Rolle. Größere Wobbler dagegen fische ich lieber an einer geflochtenen Schnur, weil sich damit die Bewegungen der Rute über weite Distanzen besser auf den Köder übertragen. Dazu muss die Gerte allerdings etwas straffer sein. Zudem ermöglicht auch eine etwas größere (3000er) Rolle weitere Würfe.
… und wie sieht‘s unter Wasser aus?
Wir Menschen sehen die Farben des Regenbogens: Violett, Blau, Grün, Gelb, Rot und die Mischungen daraus. Fische – das hat man wissenschaftlich untersucht – sehen im Prinzip ähnlich, nur sind die Lichtverhältnisse unter Wasser völlig andere als in der Luft, und das wirkt sich auch auf die Farben aus! Um herauszufinden, wie genau sich das verhält, stieg Mitte der 90er Jahre der Taucher und Fischereibiologe Thomas Wendt in den Neoprenanzug. Dabei ergaben sich interessante Ergebnisse:
• In sehr trübem Wasser sind die Farben höchtens bis 1 Meter, in trübem bis 5 Meter und in klarem Wasser bis 10 Meter Tiefe zu sehen.
• Fluo-Orange-, Gelb- und Grüntöne dringen tiefer vor als Violett, Blau und Rot.
• Im relativ sichtigen Wasser des Parsteiner Sees ergab sich in zwei Metern Tiefe, dass ein Raubfisch zwar z.B. einen gelben von einem weißen Gummifisch unterscheiden könnte, ein roter würde allerdings orange aussehen. Ab fünf Metern Tiefe wird aus Blau Schwarz, aus
Rosa Orange, während Grün von der Wasserfärbung im Hintergrund nicht mehr gut zu unterscheiden ist. Ab zehn Metern Tiefe wird es zwar dunkler, gleichzeitg nimmt aber die Wassertrübung durch Algen wieder ab. Jetzt wirken Orangetöne kräftiger, Gelb ist noch gut
zu erkennen, Grün ebenfalls, allerdings bildet es keinen starken Kontrast zur Umgebung.
Man sieht: Was eben noch in der Köderbox in den Strahlen der Sonne verführerisch gefunkelt und geglänzt hat, sieht unter Wasser, je nach Sichtigkeit, schon wieder ganz anders
bzw. im Extremfall – in richtig trüber Suppe – sogar ziemlich gleich aus! Daraus kann zwar keineswegs gefolgert werden, dass die Farbwahl nicht wichtig wäre, zumal in klaren Gewässern nicht, dass aber der schöne Schein mancherorts trügt.