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Zielfisch Aal: Aktiv auf Aal

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Jan Eggers - Aktiv auf Aal
Jan Eggers – Aktiv auf Aal

Als passionierter Spinnfischer kann Hechtpapst Jan Eggers einfach nicht stillsitzen. Und gerade deshalb fängt er beim Ansitz so gut…Von Henning Stühring

Die Aale laufen! Ich habe drei fette Brocken erwischt: 75 Zentimeter und 745 Gramm, 85 Zentimeter und 954 Gramm, und der schwerste Aal hatte 1.250 Gramm bei genau 80 Zentimeter Länge.“ Das verkündet mir Hechtpapst Jan Eggers Anfang August 2007 am Telefon. Denn im Sommer angelt der Niederländer liebend gern auf Aal, und ich hatte ihn darum gebeten, mich anzurufen, wenn‘s richtig gut läuft. Ein Blick in den Terminkalender, und ich kann Jan kurzfristig zusagen: „Gut, dann kommen Kollege Dustin und ich gleich am Wochenende vorbei, um den Aalansitz zu fotografieren und zu filmen.“

Am Samstag, den 04. Juli, passieren wir das Ortsschild Bovenkarspel in Nordholland. Hier wohnt Jan, natürlich direkt am Wasser. Der Hechtpapst, der heute seinem Zielfisch untreu wird, empfängt uns mit den Worten: „Ihr habt ja schönes Wetter mitgebracht!“ In der Tat: Anfang der Woche hatte es noch kräftig geschüttet, und die Nachttemperaturen lagen bei zwölf Grad. Dennoch hat Jan sehr gut gefangen, wie ein Blick in seine Kühltruhe beweist. Er hält den schwersten, tiefgefrorenen Aal der letzten Nächte hoch und meint: „Schau‘ mal, armdick und über ein Kilo schwer. Das ist schon komisch: Trotz der nassen Kälte haben die Aale überraschend gut gebissen.“

Mal sehen was heute wird. Schlecht sind die Bedingungen zwar nicht, denn es ist über 25 Grad warm und trocken. Allerdings ist der Wetterumschwung quasi über Nacht gekommen, und das bringt natürlich erhebliche Luftdruckschwankungen mit sich. Heftige Barometer-Ausschläge wiederum sorgen oft für beißfaule Fische…

Kleine, flache Wiesengräben wie dieser werden oft unterschätzt. Doch genau an diesem Platz fing Jan im Mai 2007 ein Dutzend Aale in einer Nacht.

Wurmbehausung

Doch Jan lässt – wie gewohnt – keine Ausreden gelten und gibt sich absolut zuversichtlich: „Henning, wir sind schon so oft unterwegs gewesen, und es hat immer geklappt.“ Recht hat er! Voller Optimismus helfen wir Jan bei den Vorbereitungen: Die sechs Ruten – zwei pro Angler sind erlaubt – hat der Hechtpapst schon vormontiert. Fehlen nur noch die Köder: Quicklebendige Dendrobenas und fette Tauwürmer. Die hältert Jan selbst in großen Styroporboxen. Er erklärt uns die Wurmbehausung: „Die Behälter fülle ich mit Erde und decke sie mit Tüchern ab, bevor der Deckel geschlossen wird. Ganz wichtig: Die Erde darf nur feucht, nicht nass sein! Nach dem Angeln kommen die nicht verbrauchten Würmer obendrauf. Tiere, die nicht sofort in die Erde kriechen, sortiere ich aus.“

Auf meine Frage, wozu beide Arten – Dendrobenas und Tauwürmer – gebraucht werden, hat Jan eine interessante Antwort parat: „Ich beginne den Ansitz noch im Hellen. Dann ködere ich zunächst Dendrobenas an. Denn die kleinen Würmer werden von vielen Fischarten gern genommen, Karpfen, Schleien, Barsche …“ „Moment mal“, werfe ich ein, „wir wollen doch Aale fangen, oder?“ Kopfnickend fährt Jan fort: „Genau! Denn mit den Dendrobenas teste ich, ob die Fische generell aktiv sind, unabhängig von der Art. Ich habe nämlich herausgefunden, dass es auch aalmäßig oft schlecht läuft, wenn die anderen Spezies ebenfalls nicht richtig beißen wollen. Es ist mir schon regelmäßig passiert, dass an einem bestimmten Platz gar nichts ging, und nur ein paar hundert Meter weiter liefen die Aale wie verrückt. Für mich steht jedenfalls fest: Wo Leben in der Bude ist, da fängt man deutlich mehr! Und außerdem macht es mir Freude, zwischendurch mal einen Karpfen oder – wie neulich – eine 50-Zentimeter-Schleie zu drillen.“

Wenn die Sonne noch scheint, ködert Jan Dendrobenas an (oben). Mit ihnen testet er, ob die Fische in Beißlaune sind. Seine Theorie: Wo andere Arten, zum Beispiel Barsche (unten), gut beißen, laufen auch die Aale besser.

Erstaunt über die Antwort und vor allem die Konsequenz daraus, hake ich noch einmal nach: „Und angenommen, am ersten Platz beißen die Weißfische und Barsche nicht so gut – was machen wir dann? Etwa umziehen?“ „Richtig! Glaub mir, Henning, der Aufwand lohnt sich wirklich!“

Ausweichstellen

„Denn er weiß, was er tut“, sage ich nur zu Dustin, der heute die Filmkamera bedienen wird. Eine Frage mit Blick aufs Gerät habe ich noch: „Jan, warum sind alle Ruten mit Kapselrollen bestückt?“ „Ich nehme nur diese alten Abu-Modelle, auch beim Spinnfischen. Erstens sind sie robuster als Stationärrollen, und zweitens können in die geschlossene Spule keine Grashalme eindringen. Gerade im Dunkeln kann das sonst zu unangenehmen Schnurverwicklungen führen. Aber genug gequatscht, wir fahren los, nur im Wasser fangen unsere Würmer!“

Nach kurzer Autofahrt erreichen wir das weit verzweigte Poldergebiet. Zunächst zeigt uns Jan zwei Plätze, die als potenzielle Ausweichstellen dienen, falls es am ersten Graben nicht laufen sollte. Der präsentiert sich im Abendlicht als flach und krautig. Jan kommentiert die Platzwahl: „Unsere Berufsfischer, die hauptsächlich vom Aalfang leben, legen ihre Reusen eher an großen Kanälen aus. Deshalb sind mir die kleinen Gräben lieber. An diesem Platz hier habe ich im Mai zwölf Aale an einem Abend gefangen.“

Drei Montagen setzt Jan für den Aalfang ein: Eine extrem feine Posenmontage, bei der allerdings statt eines normalen Schwimmers drei bis vier kleine Kügelchen auf die Schnur gefädelt sind. Ferner kommt eine Grundmontage zum Einsatz, die mit zwei Seitenarmen ausgestattet ist. Jan erklärt den Zweck des Paternosters: „Die meisten Gräben haben weiche und vor allem schmutzige Böden. Da ist es von Vorteil, den Wurm ein Stückweit über Grund anzubieten. Früher hatten die beiden Paternoster-Haken darüber hinaus den Sinn, zwei Fische gleichzeitig zu fangen. Denn damals gab es Aale noch in Massen. Heute genügt eigentlich auch ein Haken.“ Zu guter Letzt präsentiert uns Jan eine Kombi-Montage. Die besteht aus einer Laufpose, gefolgt von zwei der kleinen weiß-roten Kügelchen. Jan deutet da-rauf und sagt: „Die Kugeln dienen als Sichthilfe, damit ich bei einem Biss erkenne, in welche Richtung der Fisch abzieht. Die Angeltiefe reguliere ich mit einem Stopper, der zwischen der Laufpose und den Kügelchen sitzt.“

Jan zeigt seine kombinierte Laufposenmontage (o.). Die weiß-roten Kügelchen (u.) signalisieren beim Biss, in welche Richtung der Aal abzieht.

Anfutter

Auffällig sind die kleinen Haken. Darauf angesprochen, meint Jan: „Erstens sind die meisten Aale hier in Küstennähe Spitzköpfe mit eher kleinen Mäulern. Deshalb bringen Würmer auch eine höhere Bissausbeute als Köderfische. Zweitens muss ich schnell anschlagen können, das bedingt schon allein das viele Kraut. Und beide Faktoren machen eben kleine Haken der Größe 8 erforderlich.“

Für unseren Geschmack beginnen wir den Aalansitz ziemlich früh, die Uhr zeigt 19 Uhr 30, und die Sonne scheint noch ziemlich kräfig. Jan meint: „Erstens will ich ja wissen, ob die Fische hier überhaupt aktiv sind, und zweitens beschatten die steilen Ufer zumindest eine Grabenhälfte. In den trüben Poldern beißen die Aale auch im Hellen, allerdings längst nicht mehr so oft wie früher. Eine interessante Theorie besagt, dass dafür die tagsüber jagenden Kormorane verantwortlich seien. Schon möglich, dass sich die Aale inzwischen besser auf die neue Gefahr eingestellt haben könnten, indem sie sich bis zur Dunkelheit in schwer zugänglichen Gefilden versteckt halten.“

Schließlich sind alle sechs Montagen ausgebracht. Sämtliche Haken hat Jan mit Dendrobenas bestückt. Und es dauert auch gar nicht lange bis zum ersten Biss. Jan kann einen kleinen Barsch an Land heben. Den angeknabberten Wurm löst er vom Haken und wirft ihn ins Wasser. Dazu erzählt Jan eine nette Anekdote: „Ich habe früher mal mit John Sidley, dem wohl erfolgreichsten Aalangler aller Zeiten, angesessen. Der hat händeweise Mistwürmer klein geschnitten und im ganz flachen, krautigen Uferwasser verstreut. Verrückt, diese Engländer! Aber der überragende Erfolg gab John Recht, er lockte die Aale tatsächlich durch Anfüttern zum Hakenköder.“

Binnen der nächsten halben Stunde beißen noch zwei weitere Barsche. Jan zeigt sich jedoch unzufrieden und sagt: „Bei sechs Ruten sollte hier eigentlich Biss auf Biss kommen und nicht nur eine Handvoll Barsche. Hier ist zu wenig los, wir wechseln den Platz. Diese Entscheidung muss immer schnell getroffen werden. Denn im Dunkeln habe ich keine Lust mehr auf Umzüge.“
Eine Viertelstunde brauchen wir, um die Ruten am Ausweichplatz Nummer zwei erneut auszubringen. Aber bis auf ein paar Fehlbisse entpuppt sich auch dieser breitere und tiefere Graben nicht unbedingt als Fischmagnet. Also erneut umziehen! Jan bemerkt unsere leichte Frustration und meint beschwörend: „Glaubt mir, ich weiß, was ich tue – das ist einfach Erfahrung. Und die sagt mir: Platzwechsel!“ Ich antworte: „Aller guten Dinge sind drei…“

Rohrkrepierer

Jans letzter Joker liegt zum Glück nur 300 Meter entfernt. Wir erreichen ihn in der Dämmerung, kurz vor 21 Uhr. Wie beim ersten Platz handelt es sich wieder um einen schmalen, flachen Graben. Allerdings mit einem kleinen, aber feinen Unterschied, den uns Jan erklärt: „Wir sitzen hier rechts und links von der Straße an. Ein Betonrohr sorgt für die Verbindung, und es gibt etwas Strömung. Hier habe ich den dicken 80er Aal erwischt. Legt die Köder genau vor dem Betonrohr aus – da sitzen die Schlangen gern drin.“

Und tatsächlich ist an dieser Stelle viel mehr Leben in der Bude. Biss auf Biss – Kaulbarsche, Flussbarsche und Rotaugen verleiben sich gierig die Dendrobenas ein. Nach Jans „Aktivitätstheorie“ müssten dann auch die Aale beißen. Wir sind gespannt! Als es schließlich ganz dunkel ist, fordert uns Jan auf, statt Dendrobenas nur noch Tauwürmer zu fischen. Er meint: „Die Testphase ist abgeschlossen. Wir wissen, dass die Fische aktiv sind, und da es jetzt dunkel ist, wird es Zeit, gezielt auf Aal anzusitzen. Dafür nehme ich größere Köder, ein halber Tauwurm hat genau das richtige Maß.“

Inzwischen hat Jan die Spitzen der Grundruten und die Aufsätze der Posenantennen mit Knicklichtern bestückt. Bis halb zehn rührt sich nichts. Dann plötzlich ruft Jan von der anderen Brückenseite her: „Ja, Aal!“ Wir sprinten zur Kameratasche, Dustin schnappt sich den Camcorder, ich den Fotoapparat. Jan kurbelt wie ein Besessener und wagt die Prognose: „Das muss ein Besserer sein!“ Im hellen Schein des Lichtaufsatzes der Kamera erkennen wir die Wasserschlange, die sich nach Kräften wehrt. Aber Jan macht kurzen Prozess und hebt den Aal mit einem kräftigen Schwung aus dem Wasser – und buchstäblich direkt vor die Kamera. Jedenfalls macht Dustins Kopf bei diesem Manöver Bekanntschaft mit Aalschleim…

Was soll‘s – wer sauber bleiben möchte, ist beim Ansitz auf die glatten Schlängler sowieso im falschen Film! Jan freut sich und ruft uns zu: „Na, hab ich‘s nicht gesagt – es hat wieder geklappt. Der muss im Rohr gesessen haben. Dann ist er kurz raus, hat sich den Wurm geschnappt und wollte sich damit blitzschnell zurück in seine dunkle Behausung verkriechen. Ein echter Rohrkrepierer!“

Angespornt von Jans Fang, der immerhin 69 Zentimeter misst, beködern auch wir unsere Ruten noch einmal neu. Mit Erfolg – denn kaum eine Viertelstunde später kann Dustin Aal Nummer zwei bändigen. Jan schätzt den Schlängler auf 50 Zentimeter – einen Zentimeter zu kurz, wie das spätere Vermessen ergibt.

Wir beschließen, den Ansitz zu beenden, obwohl wir sicher noch gute Chancen haben, weitere Aale zu fangen. Aber unser Ziel ist erreicht, und Jan sagt zufrieden: „Du siehst, an der Akti-vitätstheorie ist durchaus was dran. Allerdings sind Aale wirklich komisch und in ihrem Beißverhalten manchmal unberechenbar. Aber der Aufwand, den Platz auch beim Aalangeln ruhig mal schnell zu wechseln, kann richtig lohnen – fast so wie beim Spinnfischen auf Hecht.“

Aktivitätstheorie sei Dank! Bei Regenwetter und Temperaturen von zwölf Grad fing Jan Ende Juli letzten Jahres diese beiden fetten Aale der Kiloklasse.

Gewässer-Check

Lage: Die zahl- und aalreichen Gräben und Kanäle rund um Bovenkarspel liegen zirka eine halbe Autostunde nördlich von Amsterdam.

Saison: Von Mai bis Anfang Oktober ist Ansitzangeln Trumpf. Neben Aalen, die auch reichlich besetzt werden, beißen vor allem Karpfen, Schleien und natürlich Weißfische. Zum Herbst hin, wenn das Kraut zurückgeht, beginnt die hohe Zeit des Spinnfischens. Der Hechtbestand ist exzellent, und in den richtig trüben Poldern ist auch mit starken Zandern zu rechnen.

Lizenz: Erhältlich auf Postämtern sowie an der Rezeption im Bungalowpark De Vlietlanden (s. Unterkunft). Die Jahreskarte kostet 25 Euro. Der für zahlreiche Gewässer gültige Vispas im handlichen Kreditkartenformat kann auch im Internet unter www.sportvisserijnederland.nl/vispas bestellt werden, alternativ auch unter Tel. 0031/30-6058400.

Bestimmungen: Zwei Ruten pro Angler. Hechte müssen zurückgesetzt, Zander und Aale dürfen entnommen werden. Weitere Infos auf der Website www.hechtangeln.nl

Unterkunft: Für Individual-Reisende, die allein oder zu zweit unterwegs sind, empfiehlt sich das Hotel-Restaurant Het Roode Hert, Hoofdstraat 235, 1611 AG Bovenkarspel, Tel. 0228/511412, Internet: www.hetroodehert.com; Für Gruppen-Reisende der Bungalowpark De Vlietlanden, Droge Wijmersweg 5, 1693 HP Wervershoof, Internet: www.vlietlanden.nl

Anfahrt: In Holland über die A7, Abfahrt Hoorn oder Medemblik.

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