Das Boots-Charterunternehmen Kuhnle-Tours zieht Konsequenzen aus der Corona-Politik in Mecklenburg-Vorpommern und wird einen Teil seiner Flotte von der Müritz nach Brandenburg verlegen.
Das teilte Geschäftsführer Harald Kuhnle, der die Firma vor 40 Jahren als Studenten Start-Up gegründet hat, am Hauptsitz der Unternehmensgruppe in Rechlin an der Müritz mit. „In den nächsten Tagen werden wir die ersten 20 Boote nach Zehdenick überführen“. Weitere Hausboote der größten deutschen Charterflotte werden nach Fürstenberg gebracht.
Keine Öffnung für kontaktarme Urlaubsarten
Grund für größte Überführungsaktion der Firmengeschichte ist die Ankündigung der MV-Ministerpräsidentin Schwesig, den Tourismus-Lockdown um einen weiteren Monat zu verlängern. „Während Brandenburgs Ministerpräsident Woidke sein Land vorsichtig und mit Augenmaß für kontaktarme Urlaubsarten öffnet, hat Frau Schwesig alle Einwände des Tourismusverbands MV, der drei Industrie- und Handelskammern und der Unternehmen im Land ignoriert.“
Nicht noch mehr Bootstörns stornieren
Allein der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes von MV, Lars Schwarz, wurde in der gestrigen Pressekonferenz ausdrücklich von Frau Schwesig für seine Kooperation gelobt. In der Konsequenz ist Kuhnle-Tours aus dem Dehoga-Landesverband MV ausgetreten: „Fürs Ja-und-Amen-sagen’ brauche ich keine Interessenvertretung“, empört sich Kuhnle, der am 4. Oktober 1990 die Mecklenburger Filiale von Kuhnle-Tours gründet hat und seit 30 Jahren hier Hausboote vermietet, die seit 25 Jahren in der eigenen Werft an der Müritz gebaut werden. Die Verlegung der Boote sei wichtig, um nicht noch mehr Bootstörns stornieren zu müssen. Das Land Brandenburg öffnet – anders als Mecklenburg-Vorpommern – am 21. Mai das Land für Geimpfte, Genesene und negativ getestete Bootscrews. „Brandenburg hat verstanden, dass es unterschiedliche Urlaubsformen gibt, von denen unterschiedliche Infektionsrisiken ausgehen. Frau Schwesig schert den gesamten Tourismus mit einem Kamm und lässt die Branche damit auch gemeinsam über die Klinge springen“, sagt Kuhnle, in dessen Unternehmensgruppe noch kein einziger Corona-Fall aufgetreten ist.
Tourismus-Fachleute wandern ab
Für die touristische Zukunft des Landes sehe er schwarz. „Die Landesregierung hat mit den gestrigen Beschlüssen das touristische Tafelsilber von MV zur freien Bedienung feilgeboten.“ Zum Tafelsilber des ehemals führenden deutschen Reisegebiets gehören die gut ausgebildeten Menschen, die inzwischen in die Nachbarbundesländer und in ausländische Tourismusdestinationen abwandern und die vielen familiengeführten Betriebe, deren Liegenschaften längst auf den Einkaufslisten der verschiedensten Investoren stünden, so Kuhnle. „Nur weil man als Landesregierung in einer Krise nichts tut, heißt das nicht, dass die anderen auch schlafen.“ Er befürchtet, dass sich die mittelständische Tourismusstruktur des Landes nach einem derartigen Ausverkauf von Immobilien und Manpower vom Urlaubserlebnis für alle mehr zum Wochenendsitz für wenige entwickeln wird. „Unser neues Motto wird dann sein: ,Wir waren Urlaubsland’“, fügt Harald Kuhnle bitter hinzu. Und zeigt auf den Werbeslogan im Nachbarland: „Brandenburg. Es kann so einfach sein.“
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