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Uralte Multirolle

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Multirollen sind einfach zu erkennen: Die Kurbel ist seitlich versetzt zur Hauptachse angebracht. Dieses alte Modell hat eine Übersetzung von 1:3. Sie besitzt keine Ratsche oder irgendeinen Freilauf. Vor dem Werfen musste die Schnur abgezogen werden.

Die allererste Multirolle wird dem Londoner Angelgerätehersteller Onesimus Ustonson (ja, er hatte wirklich diesen Namen) zugeschrieben, der ab 1761 Angelrollen höchster Güte verkaufte.

1770 stellte Ustonson in einer Anzeige die erste „Multiplying Winch“ vor. Seine Rollen erzielen heute bei Auktionen Höchstpreise.

Seit Ende des 18. Jahrhunderts, es gab noch keinen Patentschutz, produzierten alle Londoner Angelgeräte-Hersteller ebenfalls solche Multirollen. Diese Multis wurden auch schnell in die USA exportiert. Dort stellte dann der Uhrmacher Snyder in Kentucky um 1820 die erste amerikanische Multi her. Lange Zeit galt Snyder sogar als Erfinder der Multirolle.

Die hier gezeigte Multirolle konnte ich vor ein paar Wochen auf einem Flohmarkt in Belgien erwerben. Mit den Rollen von Ustonson hat sie selbstredend überhaupt nichts zu tun. Sie ist aber zweifellos englischer Bauart und gleicht Exemplaren, wie sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreich auf der Insel produziert wurden. Angelgerätefirmen auf dem Kontinent hatten sie bis etwa 1910 als „eigene“ Produkte im Programm. Seit etwa 1900 wurden sie auch bei uns von amerikanischen Multirollen von Hendryx und Meisselbach abgelöst.

Geschwungene Kurbel und Beinknauf sprechen für ein schönes Alter. Ich würde sie auf kurz vor 1900 schätzen. Ältere Rollen besäßen einen Elfenbeinknauf, eine viel breitere Spule und einen deutlich längeren Rollenfuß. Die Rolle besitzt übrigens eine Übersetzung von 1:3 und ist noch mit der originalen Seidenschnur bespult. Sie hat einen Scheiben-Durchmesser von ca. 5,6 cm.

Multirollen von Ustonson…

Wer hat ebenfalls eine frühe Multirolle? Fotos an thomas.kalweit@paulparey.de

Diese Rolle ist noch mit der originalen Seidenschnur bespult.
Die Schrauben sind noch handgefeilt, nicht immer liegt der Schlitz genau in der Mitte.
Aus dem Hildebrand-Katalog von 1880: Es gab diese Multirollen auch wahlweise mit zuschaltbarer Sperre/Ratsche. Hildebrand hatte solche Multis aus eigener Herstellung noch bis 1910 im Programm.

Anmerkung vom 8. Februar 2023

Günter Gerull schrieb per Mail: „Die Multirolle vom Flohmarkt aus Belgien hat vermutlich einen Kurbelgriff aus Elfenbein. Fühlt sich der Knauf kalt an, dann ist es kein Holz. Mit freundlichen Grüssen Günter Gerull“

Hallo Günter, besten Dank für die Info! Das mit dem kalten Anfühlen ist ein guter Tipp, um Elfenbein von Holz zu unterscheiden! Ich werde es unter dem Beitrag ergänzen. Ich hatte in dem Beitrag „Beinknauf“ geschrieben. Denn oft wurde bei diesen Rollen der Knauf auch aus Knochen gefertigt, etwa dicken Rinderbeinknochen. Da ist die Unterscheidung mit Elfenbein nicht mehr so einfach. Beste Grüße Thomas

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