Wo es einem Gewässer an interessanten Strukturen mangelt, sucht der Angler die Karpfen am besten in Ufernähe. Sascha Kral erklärt, wie Sie hier (p)fündig werden.
By Sascha Kral
Karpfenangler schielen nur zu gerne nach Sand- und Muschelbänken, abfallenden Kanten oder tiefen Löchern im Gewässerboden, um einen Anhalt dafür zu haben, wo es sich lohnt, die Köder auszulegen. Doch was tun, wenn diese Strukturen, wie in so vielen Gewässern, einfach fehlen?
In diesem Fall befische ich den Uferbereich. Denn selbst in Seen, die in der Mitte eintönig wie eine Badewanne sind, gibt es im Randbereich häufig noch einige Kraut- und Seerosenfelder, Schilfzonen oder überhängende Sträucher, wo Fische ein umfangreiches natürliches Nahrungsangebot finden. Karpfen suchen diese Bereiche ziemlich regelmäßig auf, um sich den Bauch mit Muscheln, Schnecken, Krebsen und sonstigem Getier vollzustopfen.
Normalerweise patrouillieren sie dabei die gesamte Uferlänge ab, weshalb die genaue Platzwahl für den Angler nicht so heikel ist: Früher oder später kommen die begehrten Zielfische an jeder Stelle vorbei. Ich suche mir nach Möglichkeit eine Stelle in der Nähe eines Schilf- oder Krautfeldes. Damit die Karpfen während des Angeltages tatsächlich am Platz sind, füttere ich diesen zuvor etwa zwei bis drei Mal im Abstand von jeweils zwei Tagen an.
Genug füttern um Fische zu halten
Die Menge des Lockmittels bemesse ich so dass von einem auf den nächsten Futtertag nach Möglichkeit nicht alles aufgefressen wird. Sonst passiert es dass weitere hungrige Schuppenträger gerade dann am Platz vorbeikommen wenn nichts mehr am Boden liegt. Die Folge: Sie ziehen weiter und wir sehen sie erst einmal eine Weile nicht mehr.
Andererseits darf das Futter auch nicht so reichlich bemessen sein dass größere Mengen zurückbleiben. Mit der Zeit würde es vergammeln und dann auf die Fische eine eher abschreckende Wirkung haben.
Wie viel genau gefüttert wird muß vom Karpfenbestand der Größe des Gewässers und der Jahreszeit abhängig gemacht werden. Eineinhalb Kilo Boilies pro Futtertag sind ein guter Durchschnittswert für erste Versuche. Das klingt vielleicht in Ihren Ohren recht üppig ist es aber nicht. Schon ein kleiner Trupp Karpfen macht mit dieser Menge kurzen Prozess.
Um das Lockfutter genau auf die jeweils herrschenden Bedingungen abgestimmt zu dosieren ist es wichtig zu überprüfen wie viel tatsächlich gefressen wurde.
Im nahen Uferbereich ist fast immer eine Sichtkontrolle eventuell mit einem kleinen Schlauchboot möglich. Im Sommer steige ich jedoch auch gerne mit Tauchmaske und Flossen ins Wasser wobei ich gleichzeitig versunkene Hängerfallen aus dem Weg räume.
Neben der reinen Boilie-Fütterung bietet sich auch die Kombination mit einem Mix aus Tiger- oder Erdnüssen und Hanf jeweils etwa zwei Kilo pro Anfüttertag an. Aufgrund der insgesamt kleineren gleichzeitig aber zahlreicheren Körner müssen die Karpfen intensiv suchen und bleiben länger am Platz. Die Chancen dass während dieser Zeit der Köder genommen wird steigt um ein Vielfaches.
Wie immer müssen die Partikel mindestens zwölf Stunden eingeweicht und anschließend gekocht werden um ein Quellen oder Auskeimen in den Karpfenmägen zu vermeiden. Außerdem bekommen sie bei dieser Prozedur einen intensiveren Geruch und Geschmack. Die Zugabe von einem halben Kilo Zucker auf vier Kilo Partikel zum Kochwasser verstärkt diesen Effekt.
“Dufte” Boilies auf Partikelteppich
Beim Fischen über einem Partikelteppich sollten Boilies mit sehr starkem Eigengeruch und Geschmack gewählt werden, damit die Karpfen die mit Haken versehenen Köder eher finden als die Körner. Basismischungen wie Birdfood oder Peanut Blend und die Geschmacksrichtungen auf Nuss- oder Cream-Basis sind dann für mich erste Wahl.
Auf keinen Fall sollte man sich verleiten lassen, wegen der kurzen Entfernung zu leichtes Gerät zu verwenden. Beim Uferangeln vertraue ich Ruten mit einer Testkurve von mindestens 2,5 lb und abriebfesten Schnüren von 0,31 oder sogar 0,34 Millimetern Durchmesser. Ein in Ufernähe gehakter Karpfen ist gerade zu Beginn des Drills kaum zu bremsen und versucht sofort, in die nächste Krautbank oder ein anderes Hindernis zu flüchten. Mit schwachem Gerät ist der Kampf dann schon verloren, bevor er überhaupt richtig begonnen hat.
Doch weder die richtige Futterstrategie noch eine optimale Gerätekombination nützen etwas, wenn der Angler eine der wichtigsten Verhaltensregeln missachtet: in Ufernähe absolute Ruhe zu bewahren. Fische bleiben trotz aller Gewöhnung an einen Futterplatz wilde, freilebende Tiere, die bei Störungen das Weite suchen. Wer also die Heringe seines Bivies mit dem Hammer in den Boden klopft, um nur ein Extrembeispiel zu nennen, braucht sich über ausbleibende Bisse nicht zu wundern.
An Gewässern, an denen tagsüber Stipp- und Raubfischangler ihr Glück versuchen, Badelustige mit Luftmatratzen über den See paddeln und Spaziergänger am Ufer mit ihren Hunden toben, kommen die Karpfen nur während der Nacht zum Fressen dicht an die Kante. Im Schutz der Dunkelheit verlieren sie dann oft jedoch jede Scheu und machen sich laut platschend selbst in kaum 80 Zentimeter tiefem Wasser über Boilies her.
Grund genug für den Angler, seine Aktivitäten dann auf die Nachtstunden zu verlegen. Mit der Dunkelheit kommt die ersehnte Ruhe und bestimmt auch der eine oder andere schöne Uferkarpfen. Weit werfen jedenfalls müssen Sie nicht. Das dicke Glück liegt nah!
Foto: Verfasser