Die Wassertemperatur hat großen Einfluss auf den Fress- und Laichzyklus des Wallers. Daher geht Karl-Heinz Hörr im ganzen Jahr auf Temperaturfühlung und stimmt seine Methoden auf die jeweiligen Grade ab.
By Karl-Heinz Hörr
Der Waller reagiert äußerst sensibel auf Schwankungen der Wassertemperatur. Sinkt sie in einem kurzen Zeitraum, so wird der Bartelträger passiv; steigt sie jedoch schnell an, so steigert dies die Aktivität des Wallers wie bei kaum einer anderen heimischen Fischart.
Hilfreiche Infos liefert mir eine digitale Messstation an meinem Hausgewässer, dem Neckar. Dort fahre ich fast jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit vorbei und lese die Temperatur ab. Anhand dieser aktuellen Informationen entscheide ich, ob ich abends einen Versuch wage oder nicht. Wer diese Möglichkeit nicht hat, muß wohl oder übel manuell in verschiedenen Tiefen messen (siehe Infokasten „Auf Temperaturfühlung gehen“).
Ich notiere mir die gemessene Wassertemperatur in verschiedenen Tiefen über einen größeren Zeitraum, um Aufschlüsse über die Fressphasen und das Ablaichen meiner Zielfische zu bekommen. So kann ich die fängigste Methode am besten abstimmen (siehe Zeichnung „Das Jahr des Wallers“).
Sag mir wann der Waller laicht
So hielten im Sommer 1995 die Neckarwaller aufgrund eines sehr warmen Frühlings bereits Anfang Mai bei einer Wassertemperatur von 24 Grad Hochzeit. Dementsprechend gut bissen die ausgehungerten Riesen bereits ab dem Ende des „Wonnemonats“ nach dem Ende der Hochzeit.
Im darauffolgenden Jahr kamen die Welse jedoch erst zwei Monate später auf Trab. Die Laichphase zog sich nämlich bedingt durch mehrere Temperaturstürze bis Mitte Juli hin. In der vergangenen Saison wiederum kamen unsere heimischen Waller wegen des ungünstigen Witterungsverlaufes mit mehreren drastischen Temperaturstürzen an den allermeisten Gewässern überhaupt nicht zum Ablaichen. Als Folge bildete sich der Rogen zurück. Während dieses Prozesses nimmt der Bartelträger wenig Nahrung zu sich. Kein Wunder dass die Fangergebnisse dementsprechend mager ausfielen.
Dies zeigt deutlich wie sehr der klimatische Verlauf im Frühjahr und Sommer die Ausbeute einer ganzen Saison beeinflusst. Wie sich der Bartelträger bei welchen Temperaturen verhält und welche Methoden empfehlenswert sind habe ich zusammengefasst.
Neun Grad
Ist es kalt haben sich die Waller in die tiefsten Löcher des Gewässers zurückgezogen. Ein Befischen ist jetzt schwierig. Wer jedoch genau die Wassertemperatur verfolgt wird auch im Winter seine Chancen bekommen.
Wenn zum Beispiel nach einer Kälteperiode Ende Januar die Wassertemperatur auf etwa vier bis fünf Grad gesunken ist jedoch kurzfristig bis auf sieben oder acht Grad durch eine Warmfront ansteigt kann man in den tiefen Löchern in Grundnähe mit Bissen rechnen. So erbeutete ich unter solchen Verhältnissen im Neckar fünf Waller in nur einer Woche!
Neun bis zwölf Grad
Jetzt kommen die Riesen langsam in Fahrt. Sie füllen sich das erste Mal nach einer längeren Fresspause den Bauch um die im Winter aufgezehrten Fettreserven wieder aufzubauen.
Da sich das Wasser im flachen Uferbereich schneller erwärmt zieht es sie ins Seichte möglichst in die Nähe der tiefen Winterlöcher. Sie bevorzugen kleinere Köder wie Tauwürmer da der Verdauungsapparat nach der entbehrungsreichen Fastenzeit im Winter nur auf Sparflamme funktioniert.
Zwölf bis 15 Grad
Im April oder Mai befinden sich die Bartelträger in hiesigen Gewässern im Laichaufbau. Die Verdauung funktioniert jetzt wieder in vollem Umfang. Die Welse nehmen nun größere Köder. Sie folgen den Futterfischen in die flacheren sauerstoffreichen Flussabschnitte.
Jetzt schlägt die Stunde der Großfischangler. Die Giganten müssen in relativ kurzer Zeit eine große Menge Futter zu sich nehmen um etwa 20 Prozent ihres Körpergewichtes an Laich aufzubauen. Kein Wunder dass die Kapitalen dann weniger misstrauisch sind und leichter an den Haken gehen.
Einfaches Stellfischen vom verankerten Boot oder Driftfischen falls erlaubt sind im Fließgewässer jetzt der Renner. Hierbei benutze ich am liebsten größere Köderfische aber auch mal ein Wurmbündel. Im See ist die Bojenmontage jetzt top.
Alternativ setze ich – oft sogar am Tag – am Neckar erfolgreich die Spinnrute ein. 15 bis 23 Zentimeter lange Gummifische und schwere Löffelblinker sowie größere Wobbler sind Trumpf.
Extra-Tip: Diese Fressphase setzt in südlichen Gefilden deutlich früher ein als bei uns. Daher bestehen während eines Angeltrips an den Ebro oder Po zwischen Februar und April bereits ausgezeichnete Chancen auf Hundertpfünder. Vorausgesetzt allerdings dass kühles Schmelzwasser keinen Strich durch die Rechnung macht.
16 bis 19 Grad
Bei diesen Graden sind auch die kleineren Waller schon sehr aktiv und man kann mit vielen Bissen rechnen. Die Gefahr eines Temperatursturzes durch einen Kälteeinbruch ist jetzt nicht mehr so groß.
Die Angelmethoden sind die gleichen wie bei einer Wassertemperatur von zwölf bis 15 Grad. In Südeuropa jedoch kann eine besonders starke und schnelle Erwärmung auf ungefähr 18 oder 19 Grad dazu führen dass die Waller sich bereits auf ihre Hochzeit vorbereiten und dann das Fressen deutlich reduzieren.
19 bis 22 Grad
Die Laichzeit steht nun kurz bevor. Futter wird nur noch in geringem Maße zur Vollendung des Laichaufbaus gefressen. Dementsprechend mäßig sind nun die Fangaussichten.
Spätestens jetzt haben die Waller ganztägig die Bereiche um ihre tiefen Winterruhelöcher verlassen. Sie rotten sich in größeren Gruppen in der Nähe der Laichplätze zusammen. Diese liegen in Ufernähe unter überhängenden Büschen und Wurzeln oder in Schilfzonen. Fehlen solche wird alternativ eine Laichkuhle im kiesigen Untergrund hergerichtet. Kunstköder werden nur noch in direkter Nähe des Laichnestes attackiert.
23 bis 24 Grad
Der Waller bereitet sich auf das unmittelbar bevorstehende Laichgeschäft vor. Die männlichen Tiere werben nun um die Weibchen. Bei 23 Grad Celsius beginnt schließlich die Eiablage oftmals in einer Vollmondnacht. Jegliche Aggressivität des Wallers ist jetzt verschwunden und die Nahrungsaufnahme wird komplett eingestellt.
Die Hochzeit findet bei uns im allgemeinen zwischen Mitte Juni bis Mitte Juli statt in Spanien und Italien oft bereits im Mai. Dies ist auch der Grund warum die meisten Pfingsturlaubstrips in diese südlichen Länder bisher von ziemlicher Erfolglosigkeit geprägt waren.
Ein Anbiss ist jetzt lediglich auf die Verteidigung des Geleges zurückzuführen. Doch aus waidmännischen Gründen stelle ich in dieser Phase keinen Wallern nach.
24 bis 28 Grad
Etwa zwei Wochen nach der Eiablage lassen sich die Bartelträger wieder sehr gut fangen. Sie verteilen sich in den Gewässern und fressen in den folgenden zwei bis drei Wochen relativ viel.
Die in dieser Phase mit Abstand fängigste Methode ist das Locken mit dem Wallerholz. Als Köder empfehlen sich Tauwurmbündel oder Köderfisch. Die Bartelträger sind nun äußerst aktiv ihr Aktionsradius ist besonders groß. Dadurch reagieren sie jetzt am besten auf die lauten Klopfgeräusche des Holzes. Sie steigen sehr schnell nach unseren Ködern und nehmen diese oft vehement.
Auch beim Bojen- oder Oberflächenfischen rechne ich mit guten Bissen. Nachteil allerdings: Viele kleinere Waller gehen jetzt an den Haken. Extra-Tipp: das nächtliche Spinnfischen auf raubende Waller!
28 bis 20 Grad
Im Spätsommer und frühen Herbst findet der Waller einen reich gedeckten Tisch vor und sein Stoffwechsel läuft auf vollen Touren. Immer dann wenn durch schöne und warme Herbsttage die Wassertemperatur stagniert oder sogar leicht ansteigt kann ausgezeichnet gefangen werden. Langsam verlagern sich die Beißphasen immer weiter in die Nacht die Bisse erfolgen auch in größerer Tiefe.
19 bis 15 Grad
Die Bartelträger folgen im September den Futterfischschwärmen die sich in tiefere Zonen zurückziehen. Nun sollte der Köder in Grundnähe angeboten werden.
In den heimischen Flüssen sammeln sich die Waller zum Beispiel in den tieferen Bereichen oberhalb der Stauwehre. Die aufzuwendenden Angelstunden für einen Anbiss nehmen zwar zu dafür steigt das Durchschnittsgewicht der erbeuteten Riesen deutlich an.
Das indirekte Anfüttern am Grund mit weich gekochten Partikelködern über einen längeren Zeitraum ist Trumpf. Dadurch werden Weißfische an den Angelplatz gelockt die wiederum die Welse magisch anziehen. Grund- und tiefgestellte Bojenmontagen fangen nach einem mindestens dreitägigen Anfüttern ausgezeichnet.
15 bis zehn Grad
Die kleineren Exemplare haben sich bereits ihren Winterspeck angefressen. Die Chancen auf einen Kapitalen stehen ausgezeichnet da diese länger fressen müssen um sich ihre Winterreserven anzulegen. Daher sind die Brocken bis in den Spätherbst aktiv während die kleineren oft schon das Fressen eingestellt haben. Wärmere Tage sind günstig. Tief geführte Gummifische bringen die eine oder andere gewichtige Überraschung an den Haken.
Auf Temperaturfühlung gehen
Am einfachsten lässt sich die Wassertemperatur mit einem normalen Wasserthermometer oder einem digitalen Modell messen. Mein Favorit ist jedoch das kombinierte Tiefen- und Temperaturmessgerät „GTM 40 T+“. Es misst die Tiefe und Temperatur in Zwei-Meter-Intervallen und kann sowohl vom Ufer als auch vom Boot aus eingesetzt werden.
So geht’s: Gerät an die Hauptschnur knoten auswerfen beziehungsweise absinken lassen bis es auf den Grund trifft. Nun sollte das Gerät noch mindestens für zehn Sekunden am Boden ruhen bevor es eingekurbelt wird.
Auf der Anzeige sind jetzt die Tiefe und die Temperatur in Bodennähe zu erkennen. Die Gradangaben für das jeweilige Temperaturintervall lassen sich in einzelnen Schritten rückwärts per Tastendruck aufrufen. In stärkerer Strömung empfiehlt sich das Gerät allerdings nicht da es durch den Strömungsdruck nur schwerlich zu Boden sinken kann.
Info: Das GTM 40 T+ ist über den Fachhandel erhältlich bei: Sänger Top Tackle System, Bodenroder Weg 10-14, 35645 Waldsolms, Tel. 06085/9813-0, Fax 06085/981350.
Der Verkaufspreis liegt bei zirka 120 DM (Stand 1999).
Foto: Verfasser
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