Beim Stippen in großen Flüssen ist Tunken angesagt. Dabei wird der Köder extrem verzögert geführt, und die Pose schwebt über der Wasseroberfläche. Thomas Engert demonstrierte für FISCH & FANG diese eigenwillige Technik.
By Thomas Engert
“Die Technik des Tunkens hat Ähnlichkeit mit der, einen Schlüssel nachzumachen”, versucht Thomas Engert seine Methode zu veranschaulichen. “Wie mit einem Werkzeug bei einem Musterschlüssel, den man kopieren möchte, fahren wir mit der Rute immer schön der Kontur des Flussbodens nach, so dass Köder und Blei nur eben darüber schweben, sich aber bei der kräftigen Strömung nicht am Grund verhaken”, erklärt der Meisterstipper aus Groß-Rohrheim.
Freitreibende Montagen wären den meisten Fischarten unter solchen Bedingungen einfach zu schnell, schleifende würden unweigerlich im Minutentakt verlorengehen. Da bleibt Strom-Stippern als Ausweg meist nur die Tunk-Montage.
Die Idee: Das schwere Blei – beim Tunken sind zehn bis 25 Gramm nicht ungewöhnlich – wird nicht von der Pose über Grund gehalten, sondern vom Angler mit der Rute. Der Schwimmer dient nur noch als Bissanzeiger, der knapp über dem Wasser geführt wird.
Das große Plus: Wegen der schweren Bleigewichte kann die Köderfahrt extrem verzögert werden, ohne dass die Leckerbissen in höhere Wasserschichten strudeln.
Die Schwierigkeit: Bequem ist Tunken nicht. Die Rute muß ständig präzise geführt werden, was Übung erfordert. Unvorsichtiges Absenken beispielsweise hat wegen der schweren Bleigewichte oft unlösbare Hänger zur Folge, und unkontrollierte Bewegungen bei der Drift vergrämen die Fische. Doch die möglichen Erfolge lassen diese Schwierigkeiten in den Hintergrund treten.
Die Ausrüstung für das Tunken ist insgesamt eine Nuance schwerer als die anderer Stipp-Methoden: Wegen der höheren Bleigewichte darf die Kopfrute nicht zu filigran sein. Eine Gummizug-Spitze ist zudem vielerorts unverzichtbar geworden – insbesondere wegen der immer häufiger vorkommenden Barben, die mit einer fest an die Spitze geknoteten Montage kurzen Prozess machen würden.
Thomas Engert hat eine 13-Meter-Steckrute dabei. In den ersten drei Teilen ist ein Puffergummi der Stärke acht stramm eingezogen. Die Länge der Stipp-Montage selbst beträgt bei viereinhalb Meter Wassertiefe sechs Meter, so dass die Rute zur Landung eines Fisches um sieben Meter verkürzt werden muß. Bei einem Abstand von einem Meter zwischen Rutenspitze und Pose lässt sich die Montage optimal über Stock und Stein führen.
“Weit draußen zu stippen, ist am Rhein nicht verkehrt. Wegen des mittlerweile wieder sehr sauberen, klaren Wassers halten die Schuppenträger einen größeren Sicherheitsabstand zum Ufer als noch vor Jahren”, erläutert der Experte.
Das Lockfutter rührt er gleich zu Beginn beim Aufbau des Angelplatzes an. Strom-Angler brauchen naturgemäß ein paar Liter mehr als beispielsweise Kanalangler. Sieben Kilo zum Teil sehr stark bindender Komponenten vermischt Thomas Engert mit etwa drei Liter Wasser. Hinzu kommen noch gut zwei Kilo Lehm zum Schwermachen. Nun lässt er die Masse durchziehen, um sie später noch einmal nachzufeuchten und durchzusieben. Dann ist das Futter klumpenfrei und einsatzbereit.
Die Tönnchenpose an seiner Montage trägt etwa sechs Gramm – aber das ist beim Tunken nicht so wichtig. Die Schrotblei-Kette, die auf einem Seitenarm an der Montage – gut einen halben Meter vom Haken entfernt – sitzt, wiegt nämlich gut doppelt so viel. Diese Zusammenstellung funktioniert nur deshalb, weil die Pose bei dieser Stipptechnik die Beschwerung nicht durchs Wasser tragen muß. Und warum nun eine Schrotbleikette am Seitenarm? “Im Gegensatz zu einem klobigen, aufgefädelten Durchlaufblei spüren die Fische bei dieser Blei-Befestigung die Beschwerung nicht sofort beim Anbiss.”
Bevor Thomas Engert die robuste Plattform endgültig in der Steinschüttung platziert, lotet er den Platz einmal durch. Würde er beispielsweise auf versunkene Hängerfallen treffen, könnte er den Platz noch ohne allzu großen Aufwand wechseln. Die Pose wird etwa einen halben Meter tiefer als Gewässertiefe gestellt. Damit wird der leichte Schnurbogen durch die Strömung sowie das Anheben der Pose über die Wasseroberfläche ausgeglichen, und der Köder trudelt dicht am Boden entlang.
Stimmt schließlich alles, wird das Futter in apfelsinen- bis pampelmusengroßen Ballen eingeworfen. Thomas Engert: “Als Faustregel für den Rhein empfehle ich, einen Platz etwa einen Meter kürzer als die Rutenspitze und zwei bis drei Meter stromauf anzupeilen.”
Dann ist volle Konzentration angesagt. Immer die schwebende Pose im Auge behalten! Zuckt sie? Verändert sich ihre Neigung? Beides sichere Zeichen für einen Biss. Feine “Anfasser” sind manchmal eher zu erspüren, als an der schwebenden Pose zu sehen. Angler, die über ein “sensibles Händchen” verfügen, sind da natürlich im Vorteil. Bei Thomas Engert dauert es nicht lange, und der erste Brassen zwingt den Tunkprofi dazu, alle Register seiner Drillkunst zu ziehen.
Foto: Verfasser
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