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Sechs Monate Aal-Schonzeit in Meeresgewässern?

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Aalfischer Mario Weber auf der Havel bei Potsdam. Durch eine Aal-Schonzeit an der Küste soll der Aalfang auch für die Zukunft gesichert werden. Foto: F. Büttner/DAFV

Die EU-Kommission hat am 28. Oktober 2022 die Ausdehnung der Aal-Schonzeit von drei auf sechs Monate vorgeschlagen.

Dieser Vorschlag bezieht sich auf Meeresgewässer, angrenzende Brackgewässer im Nordostatlantik (einschließlich Ostsee) und das Mittelmeer und soll die größten Wanderungsbewegungen von Glasaalen und Blankaalen abdecken und soll für Berufsfischerei und Freizeitfischerei gelten. Bisher besteht bereits eine Aal-Schonzeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember.

Hintergrundinformation zum Vorschlag der EU-Kommission

  • Die 6-monatige Schonzeit ist bisher nur ein Vorschlag der EU-Kommission. Ohne Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten kann die Änderung nicht umgesetzt werden. Verhandelt wird dieses Thema neben anderen fischereilichen Themen beim Treffen von EU-Kommission und Fischereiministern am 12. und 13. Dezember 2022.
  • Die Ausweitung der Schonzeit von drei auf sechs Monate hätte massive sozioökonomische Folgen für strukturschwache Küstengebiete in Dänemark, Schweden und Deutschland und steht somit im Widerspruch zu den Maßnahmen (Blue Economy ) und Prioritäten (Green Deal ) der EU-Kommission. In anderen Regionen Europas wird kaum auf abwandernde Blankaale in Küstengewässern gefischt. Die Aalfischerei an den Küsten der genannten Länder ist seit Einführung der EU-Aalverordnung (2007) an deutschen Küsten bereits stark zurückgegangen.
  • Der Großteil der Glasaalfischerei in Frankreich ist von der Schonzeit nicht betroffen, da die Fanggebiete außerhalb der EU-Zuständigkeit liegen. Es ist unwahrscheinlich, dass Frankreich die Schonzeit auf die Glasaal-Fanggebiete in nationalen Hoheitsgewässern (Ästuare der großen Flüsse) ausweitet.
  • Frankreich hat am 20. Oktober nationale Glasaalfangquote für die Saison 2022/2023 auf insgesamt 51.113 Kilogramm festgelegt. Dieser Anteil von etwa 12% des jährlichen Glasaalaufkommens ist für Besatzmaßnahmen zur Bestandserholung im Rahmen der Europäischen Aalmanagementpläne und den Bedarf der europäischen Aal-Aquakultur vollkommen ausreichend.
  • Solange Besatz als legitime Maßnahme zur Unterstützung der Bestandserholung in der EU-Aalverordnung (EG) Nr. 1100/2007 festgeschrieben bleibt, werden auch Mittel der Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) zur Co-Finanzierung von Besatz zur Verfügung stehen. Eine zeitnahe Änderung der EU-Aalverordnung ist nach der Evaluation im Jahr 2020 äußerst unwahrscheinlich.
  • Die Ausweitung der Schonzeit auf 6 Monate zur Hauptabwanderungszeit bedeutet in Deutschland vermutlich das Ende der (Aal-)Fischerei in den Küstenregionen von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Dies hätte den Verlust von sozioökonomischer Wertschöpfung und kulinarischer Kultur zur Folge.
  • Der Vorschlag der Kommission steht im Widerspruch zu dem ganzheitlichen Ansatz, wie er von der Kommission im September beworben wurde. Der überwiegende Teil der Mitgliedsstaaten hatte diesem ganzheitlichen Ansatz zugestimmt.

Einschätzungen des DAFV

Betrachtet man den Vorschlag der Kommission isoliert von anderen Maßnahmen, wirkt er wie Augenwischerei – es wird ein großer Schutzeffekt suggeriert, der aufgrund des kleinen betroffenen Gebietes (Küstengebiete in Dänemark, Schweden und Deutschland) und des fehlenden Zugriffs auf die Glasaalfischerei (nationale Hoheitsgewässer außerhalb der EU-Zuständigkeit) nur gering ausfällt.

Anstatt erneut die Freizeit- und Berufsfischerei – welche die Bestandserholung durch Besatz und Habitatverbesserung aktiv unterstützen – erneut zu sanktionieren, sollten sich EU-Kommission und Mitgliedsstaaten auf den ganzheitlichen Ansatz im Sinne der EU-Aalverordnung zurückbesinnen.

Sollte die EU-Kommission einzig und allein die Absicht verfolgen, die Schonzeit auf 6 Monate auszudehnen, halten wir das aufgrund der geringen Schutzwirkung bei zeitgleich wirkenden sozioökonomischen Schäden in strukturschwachen Regionen, für sehr problematisch. Aus Sicht des DAFV ständen Maßnahmen und Folgewirkungen im Widerspruch zu europäischem Green Deal und der Entwicklung der nachhaltigen Blue Economy.

Die Effekte der bisher gültigen, 3-monatigen Schonzeit sind unseres Wissens von der Kommission bisher weder ausgewertet geschweige denn bewertet worden. Wäre es aber nicht genau das die Grundvoraussetzung bevor man eine Managementmaßnahme verändert? Zusätzlich ist zu befürchten, dass Aal weiterhin gefangen und verzehrt wird – dann aber vollkommen unkontrolliert und illegal.

Sollte die Kommission aber beabsichtigen, die Mitgliedsstaaten mit dem Vorschlag aufzurütteln und dazu zu motivieren, sich ernsthafte Gedanken über effektive Alternativmaßnahmen im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes zu machen, begrüßen wir den strategischen Ansatz der EU-Kommission.

Aus Sicht des DAFV ist die Nachtabschaltung von Wasserkraftanlagen in Wanderkorridoren, wie in der Taxonomie-Verordnung vorgesehen und von Kommissar Sinkevičius befürwortet, für den Schutz des Europäischen Aals die effektivste Maßnahme. Zusätzlich dient sie der Biodiversität in Fließgewässern im Sinne der Habitat- und Wasserrahmenrichtlinie in Verbindung mit der Umwelthaftungsrichtlinie und der europäischen Biodiversitätsstrategie für 2030 . In Deutschland beträfe eine Nachtabschaltung die Zeiträume der intensivsten Blankaal-Abwanderung von September bis Januar und April bis Juni für wandernde Gelbaale und andere aquatische Wanderarten.

-Pressemitteilung DAFV-

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