Vor ein paar Tagen konnte ich diese uralte Messingrolle erwerben. Sie stammt auch der Gegend von München, da wird man als Sammler natürlich hellhörig.
Der Bauart nach, wurde sie vor 1880 hergestellt. Im Hildebrand-Katalog aus der Zeit findet sich ein identisches Modell, sogar in der passenden Größe von 5,5 cm (siehe Abb. unten). Leider ist meine Neuerwerbung nicht mehr ganz komplett. Ursprünglich war sie wohl einmal eine Multirolle. Anscheinend hat irgendwann vor gut 100 Jahren das Getriebe versagt. Um 1920 hat dann der damalige Besitzer die Messingfrontkappe samt Kurbel und Zahnräder entfernt. Auf die Hauptachse schraubte er eine Doppelkurbel mit Holzgriff auf, wie sie um 1920-30 typisch war.
Auf der heutigen Frontplatte sind mehrere Bohrungen zu erkennen. In der großen Bohrung saß anfänglich die Halterung für das Zahnrad der Kurbelachse, welches das Zahnrad der Hauptachse angetrieben hat. Mit den drei kleinen Bohrungen wurde die Frontkappe verschraubt, gleichzeitig dienten die Schrauben als Lager für den Klicker-Mechanismus. Ursprünglich hatte diese Rolle eine einarmige geschwungene Kurbel mit Bein- oder Holz-Knauf.
Die Rolle ist nur noch ein Fragment, wenn auch ein uraltes Stück, das in Deutschland nur noch selten zu finden ist. Irgendwie finde ich diesen Rollen-Umbau charmant, zeigt er doch, wie sehr unsere Altvordern jeden Groschen zweimal umdrehen mussten. In der heutigen Wegwerfgesellschaft ist diese halbe Rolle ein Mahnmal, dass es unseren heutigen Wohlstand nicht immer gegeben hat oder weiterhin geben muss.
Wer hat weitere Informationen? Bitte per Mail an thomas.kalweit@paulparey.de