Rolf Klattenberg hat uns Fotos von zwei sehr ungewöhnlichen DAM-Rollen zugeschickt. Er schrieb dazu per Mail:
„Sehr geehrter Herr Kalweit, zunächst ein Dankeschön für Ihre vielen Berichte im Sammlerblog, die ich regelmäßig mit großem Interesse verfolge. In meiner Sammlung befinden sich zwei etwas merkwürdig aussehende Stationärrollen. Es handelt sich um eine DAM Quick Finessa 4000 und eine DAM Quick Finessa 5000. Die Rollen unterscheiden sich von den Serienrollen dadurch, dass Sie keine übergreifende Spule haben. Bei beiden Rollen sind die Flansche größer als bei den Serienmodellen und doppelwandig. Die Spulen bewegen sich innerhalb des Flansches. Weitere Unterschiede zu den Serienmodellen sind mir nicht aufgefallen. Der Rotor der 5000er trägt die DAM-Teile-Nr.: 910 3607, bei der 4000er habe ich keine Teile-Nr. gefunden. Habe beide Rollen von einem ehemaligen DAM-Mitarbeiter erhalten. Können Sie mir sagen, ob DAM die Rollen so gefertigt hat? Mit freundlichen Grüßen Rolf Klattenberg“
Hallo Rolf, die Serie Quick 1000-5000 wurde von 1977-79 hergestellt. Vor allem die Neuentwicklung einer übergreifenden Spule hat DAM damals stark beworben. Im Katalog hieß es dazu: „Der Zwischenraum zwischen Flansch und Schnurspule entfällt, weil dieser über den Flansch greift. Vorteil: Kein Einklemmen der Schnur, kein Eindringen von Sand und Staub.“ Zuvor liefen alle Spulen im Rotortopf. Für die Nachfolgeserien (Quick 1001-5001, 1202-3002, 111-444 Finessa XL, Prat, Condor) hat DAM dann sogar die doppelwandige Petticoatspule erfunden und zum Patent angemeldet. Ich kann mir nur vorstellen, dass Deine beiden Rollen DAM-Prototypen auf dem Weg hin zur Petticoatspule sind. Es sind auf jeden Fall ganz außergewöhnliche Stücke und ein interessanter Einblick in die Entwicklungsarbeit bei DAM! Dass sie von einem ehemaligen DAM-Mitarbeiter stammen, bestätigt ihre Echtheit. Beste Grüße Thomas
Infos, Fragen und Anregungen bitte an thomas.kalweit@paulparey.de
Anmerkungen vom 26. Juni 2023:
Heiner Longerich schrieb per Mail: „Sehr geehrter Her Kalweit, als erstes möchte ich mich bedanken für die schönen Berichte im Sammlerblog. Zu einem ihrer letzten Berichte hätte ich aber einige Fragen. Es geht um den Bericht mit den DAM-Prototypen. Haben sie diese Rollen in Original in der Hand gehabt oder wurden Ihnen nur Bilder zugesandt? Die Aussage:„Der Rotor der 5000er trägt die DAM-Teile-Nr.: 910 3607“ bedeutet, das es der normale Rotor (Teil 48 Flansch) der Teileliste der DAM Quick 5000 ist, der Flansch der DAM 5001 hatte auch die gleiche Nummer. Die in der letzten Woche bei Ebay eingestellte Quick 4000-Rolle habe ich mir dann fototechnisch mal genauer angeschaut, was man auf den normalen Bildern nicht sehen kann, der äußere Ring des Petticoats-Systems ist mit einer Lücke zwischen dem ursprünglichen Rotor und dem äußeren Ring zu sehen, ich glaube kaum, das die Mitarbeiter in Gunzenhausen so etwas gepfuscht hätten. Auch ist auf den Fotos noch einiges an Unstimmigkeiten zu sehen, die meiner Meinung nach nicht so ab Werk bei einem Prototypen sein düften. Mit freundlichem Gruß Heiner Longerich“
Weitere Anmerkung vom 26. Juni 2023:
Anwort von Heiner Longerich: „Hallo Her Kalweit, ich werde mich mal auf ein Foto in ihrem Beitrag beziehen. Es geht um das Foto mit dem Rotor und der Nr. 9103607. Ich habe mal eine meiner Rolle genommen und die Spule entfernt, es ist die gleiche Nummer vorhanden. Dazu habe ich dann den Rotor mit der Spule fotografiert, wie man sehen kann, läuft die Spule in einem Abstand von ca. 1,5 mm Abstand zwischen Spulenwand und den beiden gegossenen Bügelhaltern. Es stellt sich jetzt die Frage, wurden beim Rotor der Quick 5000 die beiden angegossenen Bügelhalter vom Rotor getrennt, der Rotor verbreitert und dann der Bügelhalter wieder angeschweißt/geklebt/gelötet? Denn es muss ja noch der neue äußere Ring angebracht werden, der ja größer als der Spulendurchmesser sein muss. Oder ist es evtl. gar keine Spule der Quick 5000, sondern es ist nur die passende Spulenbanderole draufgeklebt worden? Leider sind von der Quick 5000 keine Fotos bei Ebay eingestellt gewesen, sondern nur von der Quick 4000. Ich würde mich ja auch freuen, wenn nach über 40 Jahren noch neue Prototypen gefunden werden, aber die Erfahrung hat gezeigt, es sind sehr viele „Edelbastler“ im Moment unterwegs. Mit freundlichem Gruß Heiner Longerich“
Antwort Thomas Kalweit:
Hallo Heiner, auch ein Protoytyp von DAM wäre eine Bastelarbeit, auch eine falsche Spule mit umgeklebter Banderole wäre da durchaus im DAM-Werk möglich gewesen. Da hatte einfach ein Ingenieur eine Idee und hat einem Rollenbauer gesagt, baue mir mal schnell das und das, damit wir das morgen dem Chef zeigen können. Dann wurde schnell etwas gebaut. Ein Prototyp ist nie durch und durch perfekt, der war ja nicht zum Angeln gedacht. Da wurde mit vorhandenen Teilen etwas improvisiert.
Wir werden es nie zu 100 Prozent sagen können, ob dieser Prototyp von DAM ist. Ich verstehe da komplett Deine Einwände. Auch wird unter Sammlern viel gebastelt und gefälscht. Nur sind diese Rollen so hässlich mit ihrer verdeckten Spule, dass ich nicht daran glaube, dass sie als Fälschung gebaut wurden. Herr Klattenberg hat mir angegeben, dass er sie von einem DAM-Mitarbeiter bekommen hat. Mehr weiß ich da auch nicht.
Ich besitze übrigens auch noch einen „Prototypen “ von DAM, eine Spinnfix – auch hier werden wir nie letztendlich klären können ob Eigenbau oder Prototyp.
Interessant zum Thema ist das Kapitel „prototypes“ in Marco Malavasis Buch „Abu Spinng Reels“. Es gibt nämlich auch Rollen, die Firmenmitarbeiter in ihrer Freizeit gebaut haben, um dem Chef eine neue Idee zu präsentieren. Deshalb gibt es viele Abweichungen in Farbe und Bauweise, oft wirken diese Rollen eher improvisiert. Manche Prototypen wurden auch gebaut, um großen Händlern auf Messen gezeigt zu werden oder als nicht funktionierende Schaumodelle. Neben Prototypen gibt es auch Intermediate-Modelle (Übergangsmodelle) zwischen zwei Serien, die überhaupt nicht ins Bild passen wollen. Beste Grüße Thomas