Ein Bleischrot auf dem Vorfach hält die Pop-ups knapp zehn Zentimeter über Grund. |
Die PVA-Tüte wird mit Futter und BLei vollgepackt, der Haken dann von außen eingestochen. |
Mit Andy Little auf Karpfen: Droht das Boilie im Schlamm zu versinken, greift Andy Little zur Pop-up-Montage. Schwebt der Köder dann in der richtigen Tiefe, kann kein Moosrücken widerstehen.
By Andy Little
Das Revier
Heute wollen mein Sohn David und ich unser Glück an einem See in Nordfrankreich versuchen. Das Gewässer ist zehn Hektar groß und sehr flach; eine 30 Zentimeter dicke Schlammschicht bedeckt den Grund. Schilf und Bäume säumen das Ufer.
Karpfen gibt es hier zwar nicht in Massen doch sollen sie besonders prächtig sein. Die Moosrücken erreichen im Schnitt 20 Pfund gelegentlich ist aber auch mal ein 30pfünder dabei. Wir haben es speziell auf die Schuppenkarpfen abgesehen und sind gespannt!
Wind und Wetter
Schon bei der Wettervorhersage erschrecke ich: Vollmond schwach windig fast wolkenlos und hoher Luftdruck von über 1020 Millibar. Keine guten Aussichten …
Köder und Gerät
Angesichts der dicken Schlammschicht über dem Gewässergrund wollen wir mit Pop-ups über sehr kleinen Futterteppichen aus Karpfen- und Hanfpellets fischen. Da kaum Hänger zu erwarten sind greifen wir zu leichten Karpfenruten und monofilen Schnüren von fünf Kilo Tragkraft. Außerdem dabei: lange Rutenauflagen und Buzzer-Bars sowie elektronische und optische Bissanzeiger.
Meine Montage
Die meisten Karpfen in diesem See beißen nahe am Ufer schwere Bleie sind also nicht nötig. Im Gegenteil die Chancen stehen um so besser je leichter man fischt. Und das hilft natürlich auch beim Präsentieren des Köders auf dem weichen Grund.
Direkt vor dem Ufer fischen wir mit einem 30 Gramm schweren Blei weiter draußen mit 45-Gramm-Gewichten. Die flache Form der Inline-Bleie verhindert dass diese zu tief in den weichen Boden einsinken.
Wie die Hauptschnur bestehen auch die Vorfächer aus fünf Kilo tragendem Monofil. Am Anfang bestücken wir jede Rute mit einem Tutti-Frutti-Boilie von 14 Millimetern Durchmesser. Mit Hilfe einer knotenlosen Verbindung Knotless Knot baumeln die Boilies an einem langschenkligen 8er Haken. Die Köder werden in Abständen von drei bis 25 Zentimetern über dem Grund angeboten. Um die Pop-ups auszutarieren klemmen wir jeweils ein Bleischrot der Größe 1 auf das Vorfach.
Wie pack ich’s an
Zunächst halten wir Ausschau nach den Karpfen die Wahl fällt schließlich auf das Ostufer. Denn von hier aus können wir den größten Teil des Reviers erreichen. Mit sechs Ruten beziehen wir einen Steg der aus einer Schilflücke in den See führt.
Dort bauen wir sie symmetrisch auf: Die beiden äußeren dicht am Schilf die zwei mittleren vor der Schilfkante des gegenüberliegenden Ufers und die beiden inneren in einer schmalen Rinne die etwas tiefer als die Umgebung liegt.
Einheimische Angler gaben uns den Tip mit dem Futter sparsam umzugehen weil zur Zeit wenig gehe. Deshalb füttern wir die ufernahen Stellen nur mit einer Handvoll kleiner Karpfen- und Hanfpellets an. An den übrigen Plätzen verteilen wir Futter in wasserlöslichen PVA-Tüten. Der Trick dabei ist dass zuerst der Beutel auf den Grund sinkt und den Köder im freien Wasser hält. So wird’s gemacht: Bleie und Futter kommen in die Tüte das Vorfach ragt weit aus der Öffnung heraus und den Haken stechen wir von außen in das PVA.
Und so läuft’s
Bis alle Montagen ausgebracht sind vergeht einige Zeit – aber es sollte sich lohnen. Nach einer Reihe von Schnurbissen bekommt David an der mittleren Rute einen kräftigen Biss. Wenig später landet er eine schöne Schleie. In den nächsten drei Stunden gesellen sich noch einige Tincas hinzu. Ich liebe diese Fische aber heute haben wir es eben auf Karpfen abgesehen.
Deshalb ändern wir die Taktik einige Ruten werden neu bestückt: Jeweils zwei Pop-ups von 18 Millimetern Länge kommen an einen 4er Haken; auf dem Vorfach klemmt ein SSG-Schrot als Beschwerung so dass der Köder etwa zehn Zentimeter über dem Boden schwebt.
Und es klappt. Schon bald drillt David den ersten Karpfen der sich den Köder aus der Rinne einverleibt hat. Der Fisch rast kreuz und quer in die anderen Schnüre. Zum Glück können wir aber einen „Schnur-Salat“ verhindern. Dann ist der wunderschöne Spiegelkarpfen von knapp 20 Pfund bezwungen.
Beim letzten Tageslicht schnappt sich ein Moosrücken meinen Köder vor dem Ufer und rast mit Höchstgeschwindigkeit in den See hinaus. Dank meiner Watstiefel kann ich mich bis zum Schilfrand vorpirschen. Erst nach einer Viertelstunde schaffe ich es den heftig kämpfenden Karpfen in die Nähe des Keschers zu lotsen. Aber immer wieder nimmt er Reißaus – bis ich den Rüssler schließlich ins Netz zwinge.
Da beiden Karpfen offenbar das Doppel-Boilie geschmeckt hat rüsten wir in der Dämmerung noch die übrigen Ruten um. Gegen 23 Uhr der nächste Biss. Mit Davids Hilfe liegt bald ein schöner Lederkarpfen von 22 Pfund im Kescher.
Am Morgen dann Flaute. Mehrmals umrunde ich den See auf der Suche nach einem neuen Angelplatz. Doch das Gewässer wirkt wie tot. Als ich Mittags schon die Hoffnung aufgegeben habe erfolgt plötzlich ein Biss. Und kaum liegt mein zweiter Fisch der 20-Pfund-Klasse im Netz steht David mit einem Karpfen in Kontakt. Unglaublich! Zwölf Stunden kein einziger Zupfer und dann zwei Fische in nur wenigen Minuten.
Doch Davids Fisch gibt sich noch nicht geschlagen. Die Kampfkraft spricht für ein größeres Exemplar mein Sohn kann kaum Leine gewinnen. Plötzlich spurtet der Fisch auf den Damm zu. Kein Druck kann ihn stoppen oder zur Richtungsänderung bewegen. Dann die Enttäuschung: Der Haken schlitzt aus. Frustriert versinkt David ins Grübeln … da reißt ihn die Attacke eines Schuppenkarpfens hoch. David drillt den Fisch zügig müde und passt dabei besonders auf keinen Fehler zu machen. Kaum zappelt der im Netz fällt auch schon der Haken aus dem Maul – Glück gehabt. Die Waage bringt Gewissheit: mit knapp 23 Pfund der größte Fisch unseres Ausflugs!
Noch eine Nacht und einen Morgen verbringen wir am See aber es lässt sich kein Moosrücken mehr betören.
Mein Fazit
Unsere Skepsis dem Wetter gegenüber erwies sich als unbegründet. Wir waren mit dem Fang-Ergebnis sehr zufrieden. Alles lief nach Plan, abgesehen von Davids verlorenem Fisch. Eine Handvoll Pellets genügte offensichtlich, die Neugier der Karpfen zu wecken und sie zum Köder zu locken. Die leuchtend orangefarbenen Pop-ups schwebten über dem Grund wie Sahnetörtchen, denen man einfach nicht widerstehen kann.
Auffällig: die beiden kurzen Phasen, in denen die Karpfen aktiv waren. Über die Fressgewohnheiten der Karpfen müssen wir offensichtlich noch viel lernen …
Foto: Verfasser