Nach ersten Meldungen dürfen Angler im kommenden Jahr in der westlichen Ostsee jeweils einen Dorsch und in der gesamten Ostsee einen Lachs am Tag entnehmen.
Wie der DAFV in einer aktuellen Pressemitteilung berichtet, haben sich darauf laut einer Meldung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die EU-Fischereiminister in ihrer Sitzung am 11. und 12. Oktober 2021 in Luxemburg geeinigt. Damit gelten 2022 für die Freizeitfischerei erwartungsgemäß andere Regelungen als im laufenden Jahr.
Laut einer Pressemitteilung des Dänischen Ministeriums soll für die Freizeitfischerei, entgegen den Forderungen der Angelfischerverbände, nur die Entnahme von einem Lachs pro Angler, pro Tag und Boot mit einer abgeschnittenen Fettflosse (fin-clipped) gestattet sein. Zusätzlich soll es laut der Meldung für den Dorsch eine Schonzeit für den Zeitraum 15. Januar bis 31. März geben.
Der DAFV hatte sich aufgrund der ICES Fangempfehlungen in Abstimmung mit den Verbänden aus Dänemark und Schweden für eine Reduzierung der Tagesfangentnahme durch Angler und konsequente Schonzeiten für den Dorsch, ausgesprochen. Beim Lachs forderte der DAFV ebenfalls in Abstimmung mit Schweden und Dänemark und entgegen der Empfehlung des ICES, die Angelfischerei auf die vermischten Bestände in der Ostsee 2022 nicht zu verbieten.
Harter Schlag für Ostseefischer
Beate Kasch dazu in der Pressemitteilung des BMEL: „Obwohl wir wissen, was für ein harter Schlag das für unsere Ostseefischer ist, ist es doch die einzige Chance, diese Bestände wieder aufzubauen. Denn nur so können wir den Ostseefischern ihre Existenzgrundlage perspektivisch sichern. Es geht jetzt darum, der Fischerei in dieser schwierigen Situation überhaupt eine Chance zu geben. Wir als Bundesministerium laden zu einem runden Tisch ein, um gemeinsam mit der Branche und weiteren Beteiligten Lösungen zu entwickeln“.
Dazu Alexander Seggelke Geschäftsführer des DAFV: “Die beschlossenen Einschränkungen sind hart für alle Beteiligten. Es war absehbar, dass es bei den aktuellen Empfehlungen des internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) nur darum gehen konnte, die Freizeitfischerei beim Dorsch zumindest auf einem geringen Niveau aufrecht zu erhalten und die Bestände in der Zukunft während der Laichzeit konsequent zu schonen – das ist zumindest gelungen. Der DAFV hat sich dazu vorab mit den Landesverbänden, den Angelverbänden aus Schweden und Dänemark und unserem Ministerium (BMEL) eng abgestimmt.
Lachs: Nur noch Besatzfische mit abgeschnittener Fettflosse
Die Empfehlung des ICES für den Lachs, die Freizeitfischerei im Meer bei steigenden Beständen ganz zu verbieten, ist dagegen kaum einzusehen. Man hat wenige Wochen vor den Verhandlungen den gesamten Managementansatz verändert. Die Argumentation, die gesamte Ostseefischerei auf Lachs für den schlechten Zustand weniger Zuflüsse in Gesamthaftung zu nehmen, ist aus unserer Sicht weder zielführend noch verhältnismäßig. Das Verbot konnte mit der Entnahme von einem Lachs pro Tag und Angler in 2022 zwar abgewendet werden, aber die Vorgabe das in Zukunft nur noch „Besatzfische“ mit abgeschnittener Fettflosse entnommen werden dürfen, halten wir nach wie vor für falsch.“
-Pressemitteilung DAFV-
Faktisches Aus für Freizeitfischerei
Zur Einigung der EU-Agrarminister auf die Ostsee-Fangmengen für das Jahr 2022 erklärt der scheidende fischereipolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Michael von Abercron:
“Die Einigung der EU-Agrarminister ist ein schwerer Schlag für unsere deutschen Ostseefischer. Dorsch und Hering dürfen demnach im kommenden Jahr in der westlichen Ostsee nicht mehr gezielt befischt werden. Nur noch als Beifang ist eine Entnahme begrenzt zulässig. Dabei sind gerade diese beiden Bestände von existenzieller Bedeutung für unsere Fischreibetriebe. Auch für die Freizeitfischerei – und damit für den Tourismus in der Küstenregion insgesamt – bedeutet das ebenfalls beschlossene Tagesfanglimit von einem Dorsch pro Tag faktisch das Aus. Denn mit der Aussicht auf lediglich einen Fisch pro Tag werden die Freizeitangler künftig nicht mehr an die Ostseeküste reisen und ganze Wertschöpfungsketten um Übernachtung und Gastronomie über Angelbedarf wegbrechen. Insbesondere in der Nebensaison blieben so unverzichtbare Einnahmequellen aus.”
“Um sowohl die Bestände als auch unsere Fischer wirksam zu schützen ist es unabdingbar, die Fangmengen nicht nur einseitig in der westlichen Ostsee zu reduzieren, sondern auch im Fanggebiet Skagerrak / Kattegat zu schonen. Denn hier mischt sich der Bestand des westlichen Ostsee-Herings mit dem Nordsee-Hering. Durch eine einseitige Quotenkürzung in der Ostsee wird der Ostsee-Hering nicht wirksam geschützt. Daher ist es richtig, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium dem Beschluss nicht zugestimmt hat”, so von Abercron. “Der von Fischereiministerin Julia Klöckner angekündigte runde Tisch mit den Betroffenen der Branche muss nun zügig geeignete Unterstützungsmaßnahmen entwickeln. Eine zentrale Forderung hier ist die seit langem geforderte Anpassung der Förderbestimmungen des Bundes, sowie eine steuerfreie Reinvestition von Verkaufserlösen von Fischereifahrzeugen analog zur Binnenschifffahrt. Auch für die Existenzsicherung der Angelkutterbetreiber müssen dringend kreative und unbürokratische Lösungen gefunden werden. Denn brechen diese Strukturen einmal weg, hinterlassen sie dauerhaft eine für den Küstentourismus nicht zu kompensierende Lücke.”
-Pressemitteilung Dr. Michael von Abercron MdB-
Greenpeace fordert Fischereistopp auch für Angelfischerei
Der direkte Fang von Dorsch in der westlichen Ostsee soll im kommenden Jahr ausgesetzt werden. Es wird lediglich eine kleine Quote geben, weil die Art in der Plattfisch-Fischerei als Beifang vorkommt. Das haben die EU-Fischereiminister und -ministerinnen in Brüssel beschlossen. Die Entscheidung folgt den wissenschaftlichen Empfehlungen des Rates für Meeresforschung. Laut wissenschaftlichen Untersuchungen hat der westliche Dorschbestand sogar den Kipppunkt überschritten ab dem er sich nicht mehr erholen kann. Es kommentiert Greenpeace-Meeresbiologe Thilo Maack:
„Diese Vollbremsung kommt viel zu spät und die Ostseefischerei stürzt sehenden Auges in den Abgrund, weil der Rat jahrelang die Warnungen von Wissenschaft und NGOs ignoriert hat. Die Überfischung der vergangenen Jahrzehnte hat den Bestand kollabieren lassen und raubt der Fischerei ihre Perspektive. Besonders bitter ist die Entwicklung für die kleine, handwerkliche Küstenfischerei. Sie hat wenig zu der Entwicklung beigetragen, kriegt aber nun die volle Härte ab. Die Folgen der Klimakrise verschärfen das Problem. Der Fischereistopp hätte auch für die Angelfischerei gelten müssen, außerdem brauchen wir konsequente Schutzgebiete – nur so kann das Sterben der Ostsee noch aufgehalten werden.“
-Pressemitteilung Greenpeace-