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Österreich: Sterlet ist Fisch des Jahres 2014

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Bild: C. Ratschan ezb Zauner
Der Wanderfischart Sterlet wurden in der Vergangenheit vor allem auch Stauwehre und Wasserkraftanlagen zum Verhängnis. Bild: C. Ratschan ezb Zauner

Das Österreichische Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz (ÖKF) und der Österreichische Fischereiverband (ÖFV) haben den Sterlet aus der Familie der Störe zum Fisch des Jahres 2014 gekürt.

Die Wahl erfolgte in Abstimmung mit dem Deutschen Angelfischerverband e.V. (DAFV), der den Stör in Deutschland zum Fisch des Jahres gewählt hat. Der Sterlet ist der letzte Vertreter der Störartigen, der in Österreich in einigen Fließgewässern noch heimisch ist.

Gruß aus dem Jura

Nicht eine Postkarte aus der Schweiz, sondern der Gruß eines „Zeitreisenden“ aus dem gleichnamigen Erdzeitalter wird uns noch heute vom Sterlet überbracht. Der Sterlet und seine Verwandten, die diversen Störarten, blicken auf eine evolutionäre Entwicklung zurück, die bis in diese ferne Zeit vor mehr als 200 Millionen Jahren reicht. Mit einer Stammesgeschichte, die jene des modernen Menschen um das 1000-fache übertrifft, schwammen Störe bereits in den damaligen Gewässern, als unsere eigenen Vorfahren noch keine Spuren auf Erden hinterlassen haben.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist der Sterlet in seinem Bestand sehr stark bedroht. Auf diese Gefährdung soll der Status als Fisch des Jahres 2014 hinweisen – der Gruß aus dem Jura soll ja keinesfalls ein Abschiedsbrief einer weiteren durch die Unvernunft des Menschen ausgerotteten Art werden.

In Österreich ist nur noch der kleinste Verwandte der Störfamilie – der Sterlet – zu finden. Selten wird noch einer dieser urtümlichen Flossenträger im freien Fließgewässer gesichtet und noch seltener gefangen. Dann jedoch hält der Fischer ein Wesen in Händen, dem man seine archaische Herkunft durchaus ansieht.

Der Letzte seiner Art

Der Sterlet ist heute in Österreich der letzte Vertreter der früher großen und wirtschaftlich wichtigen Störfamilie. Er ist ein reiner Süßwasserstör, der nur sehr selten auch im Brackwasser anzutreffen ist. Die Bestände sind rückläufig und gelten als gefährdet. Der Sterlet ist im Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) in Anhang II aufgeführt. Für die Erhaltung der Art und seine Wiedereinbürgerung wird er in Zuchtbetrieben vermehrt, wobei bereits gute Erfolge in Donau und Drau erzielt wurden.

Die liebe Familie

Der Sterlet hat etliche Verwandte. Der Sternhausen ist schlanker als der Sterlet und wird bis zu 1,2 Meter lang. Seine Eier werden als kräftig würziger Sevrugakaviar gehandelt. Der Russische Stör oder Waxdick, ein gedrungener Fisch mit bis zu 2,4 Meter Länge. Sein Kaviar mit feinem nussigem Geschmack ist als „Ossietra“ bekannt. Der Glattdick ist in der Form ähnlich dem Waxdick, aber ohne die bauchseitigen Schilde. Daher der Name „Glattdick“.

Der Europäische Stör kommt auch heute noch im Schwarzen Meer vor und wird bis zu 3,4 Meter lang und dabei mehr als 300 Kilogramm schwer. Der Europäische Hausen ist der größte im Süßwasser vorkommende Fisch. Exemplare bis 7 Meter Länge und 1.500 Kilogramm sind verbürgt. Er liefert den begehrten großkernigen Belugakaviar.

Der „Hausenhacker“

Bis in die Neuzeit waren der Sterlet und seine größeren Verwandten in Österreich eine zahlreich verbreitete Fischart. In Wien beschäftigte sich ein eigener Berufsstand, der sogenannte „Hausenhacker“, nur mit der Verarbeitung dieser riesigen Fische. Hausen wurden an seichteren Donauabschnitten durch reusenartige Vorrichtungen und unter Verwendung von Wurfspießen erbeutet. Alles vom Hausen und seinen Verwandten wurde der Verwertung zugeführt. Der Rogen war als Kaviar eine geschätzte Delikatesse, das Fleisch wurde frisch konsumiert sowie mit Salz oder durch Räuchern konserviert. Die schuppenlose Haut wurde zu Leder verarbeitet. Die Schwimmblase wurde zum hochgeschätzten Hausenleim verkocht, der ein wichtiger Werkstoff für die Holzverarbeitung war. Die gefangenen Hausenmengen waren unglaublich. Am Höhepunkt der Donaufischerei im 15. und 16. Jahrhundert sollen in Wien an manchen Markttagen bis zu 450 Stück Hausen mit einem Gesamtgewicht von „900 Zentnern“, umgerechnet also 50.400 Kilogramm, angeboten worden sein!

Auch Sterlets sind sehr wohlschmeckend und ihre Eier wurden früher genauso wie die der größeren Arten als „Kaviar“ genossen.

Was den Stör stört

Heute ist der Bestand dieser Arten extrem zurückgegangen. Durch die beiden Kraftwerke am Eisernen Tor und durch die Staumauer bei Gabcikovo kann derzeit keiner dieser Großfische über die Donau nach Österreich oder Deutschland aufsteigen.

Alle Störartigen, auch der kleine Sterlet, müssen wandern, um ihr Laichgeschäft erfolgreich zu erledigen. Auch wenn der Sterlet dabei keine so weiten Stecken zurücklegt, so behindern ihn dabei die immer zahlreicher gewordenen Querbauwerke (zum Beispiel Staumauern von Wasserkraftwerken) erheblich.

Diese Einschränkung sowie die Verschlechterung des Lebensraumes durch den Menschen haben die Bestände aller Störe rasant schrumpfen lassen, teilweise bis zum Rand der Ausrottung.

In letzter Zeit kommt noch das immense Anwachsen von Fressfeinden wie dem Kormoran hinzu. Der einseitige Schutz dieser Vogelart bedroht nicht nur den Sterlet – vor allem in seinen frühen Entwicklungsstadien – sondern gefährdet viele seltene und schützenswerte Fischarten.

Die noch immer weitgehend unerforschten Auswirkungen von im Wasser vorhandenen Schadstoffen und hormonwirksamen Substanzen stellt sicherlich auch für den Sterlet eine weitere Bedrohung dar.

-pm/ökf-

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