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Neue Kormoranverordnung für Baden-Württemberg

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Der Landesfischereiverband Baden-Württemberg hat kein Verständnis für die NABU-Kritik an der geplanten Kormoranverordnung.

23.03.2010

Nachdem der NABU die geplante neue Kormoranverordnung stark kritisiert hat, reagierte der Landesfischereiverband Baden-Württemberg am 19. März 2010 mit einer Pressemitteilung: Der Landesfischereiverband Baden-Württemberg hat absolut kein Verständnis für die Kritik des NABU Baden-Württemberg am Entwurf der Neufassung der baden-württembergischen Kormoranverordnung. Mit Blick auf die verheerenden Schäden an den Fischbeständen hält er eine Neufassung der Verordnung und ein konsequentes Kormoranmanagement für dringend erforderlich. Besonders befremdet den Landesfischereiverband, dass seitens des NABU konsequent die katastrophalen Auswirkungen des Wegfraßes durch Kormorane auf viele Fischbestände und auf gefährdete Fischarten wie beispielsweise Äsche und Strömer geleugnet werden. Seit vielen Jahren ist der NABU eingeladen, sich an einer Arbeitsgruppe zu beteiligen, die an der Fischereiforschungsstelle Langenargen eingerichtet wurde. Das aber lehnt er ausdrücklich ab. Damit verzichtet er auf die Gelegenheit, sich aus erster Hand oder durch eigene Anschauung über die Ergebnisse der vielen Kontrolluntersuchungen zu informieren. Anscheinend will der NABU die tiefgreifenden Bestandsschäden gar nicht sehen, die bis zu nahezu fischleeren Gewässerabschnitten reichen. Da er keine eigenen Untersuchungen durchführt, bleibt unerklärt, auf Grund welcher Erkenntnisse der NABU die Kormoranschäden an den Fischbeständen so hartnäckig bestreitet. Die Entwicklung des Kormoranbestands gibt Anlass zu noch größeren Sorgen, auch wenn sich der Winterbestand angeblich auf dem hohen Niveau von etwa 10.000 Vögeln – das entspricht einem täglichen Nahrungsbedarf von 5.000 kg Fisch – zu stabilisieren scheint. Denn es fällt auf, dass die Vögel nun auch zunehmend in Gebiete vordringen, in denen sie zuvor nie beobachtet wurden. Das betrifft vor allem die besonders empfindlichen Forellen- und Äschengewässer des Schwarzwalds, der Schwäbischen Alb und Oberschwabens. Auch die Sommerpopulation wächst ständig und somit auch insgesamt der Druck auf die Fischbestände. Nach Angaben des Dachverbands Deutscher Avifaunisten ist in Baden-Württemberg der Brutbestand seit dem ersten Auftreten im Jahr 1994 auf etwa 600 Paare im Jahr 2009 angestiegen. Dabei deutet die Wachstumskurve bisher ganz und gar nicht auf Stabilisierung hin, sondern weist einen steilen Anstieg aus. Für viele Fischbestände bedeutet das eine zunehmende Gefährdung in der besonders empfindlichen Fortpflanzungszeit. Immer wieder verweist der NABU auf „intelligente“ passive Abwehrmaßnahmen. Konkrete Vorschläge, die auch in der Praxis realisierbar wären, bleibt er jedoch bis heute schuldig. So kann auch die Überspannung von Gewässern allenfalls bei kleinen Fischteichanlagen Abhilfe schaffen. Großflächige Teichanlagen mit Netzen zu überspannen wäre höchst aufwändig und würde zudem andere Vögel gefährden. Praktikable passive Abwehrmaßnahmen für Fließgewässer und Seen bestehen gar nicht. Nicht tödliche Verscheuchungsaktionen an freien Gewässern wirken erfahrungsgemäß nur kurzfristig oder bedingen einen enormen personellen Aufwand. Dieser wiederum führt zu erheblichen Störungen der sonstigen Vogelwelt. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel hierfür ist die schweizerische „Kormoranwacht“ am Hochrhein. Durch ständiges Patrouillieren konnte hier zwar die vollständige Erholung des Äschenbestands erreicht werden, gleichzeitig wurden jedoch die anderen Wasservogelarten schwerwiegend gestört. Auch die oft angeführten Verbesserungen der Lebensraumstrukturen, so sehr sie zu begrüßen sind, helfen in Sachen Kormoran weder an Flüssen noch an Seen weiter, auch wenn dies von Vogelschützern immer wieder kolportiert wird. Viele Untersuchungen, teilweise unter Beteiligung amtlicher Stellen, belegen eindeutig, dass Strukturreichtum dem Fischbestand zwar bessere Lebensräume bietet, aber dennoch keinen dauerhaften Schutz vor dem Gefressenwerden. Letztlich nützt er sogar auch dem Kormoran, da in strukturreichen Gewässern mehr Fische leben und somit der Tisch für den Vogel reicher gedeckt ist. Wenn der NABU nun ein Rechtsgutachten vorgelegt, mit dem er die Rechtswidrigkeit des neuen Verordnung nachweisen will, kann auch das der Fischereiverband nicht nachvollziehen. Insbesondere erweckt dabei Verwunderung, dass die Neufassung der Verordnung bekanntlich einem Muster folgt, das vom Bundesumweltministerium vorgeschlagen wurde. Entsprechende Kormoranverordnungen sind in anderen Bundesländern seit Jahren in Kraft. Sie sind trotz der Beschwerden von Naturschutzverbänden unbeanstandet geblieben. Mit der Neufassung passt sich Baden-Württemberg jetzt nur an die anderen Bundesländer an. Auch die Vorverlegung des Abschusszeitraumes um einen Monat ist eine Anpassung an die Nachbarn. Deren langjährige Erfahrungen lassen die Befürchtung des NABU höchst fragwürdig erscheinen, dass der frühere Beginn zu einem unzureichenden Schutz noch nicht selbstständiger Jungvögel führen würde. Nur mit Stimmungsmache ist die Behauptung des NABU zu erklären, dass zukünftig flächendeckend Abschüsse zugelassen würden. Die Verordnung gilt unter anderem nicht in Vogelschutzgebieten, Naturschutzgebieten und nach dem Landesjagdgesetz befriedete Bezirken (etwa siedlungsnahe Bereiche). Damit dürfte fast die Hälfte aller Fließgewässer, die von Kormoranen zur Nahrungssuche angeflogen werden können, ausgenommen sein. So beispielsweise fast der gesamte Oberrhein und die Flüsse des Südschwarzwaldes. Ähnlich sieht die Sachlage bei den Seen aus. Der Landesfischereiverband weist darauf hin, dass das Land verpflichtet ist, gefährdeten Fischarten gleichwertigen Schutz zu gewähren wie anderen geschützten Arten. Es muss jetzt gehandelt werden, denn durch die enorme Zuwanderung und die Zunahme der Kormoranpopulation ist ein Ungleichgewicht entstanden, das bessere Managementmaßnahmen zum Schutz der heimischen Fischbestände zwingend erforderlich macht. Dazu braucht es neue Regelungen, denn die bestehende Verordnung wird der flächendeckenden Verbreitung des Kormorans und der daraus resultierenden Bedrohung der Fischbestände und insbesondere der gefährdeten Fischarten nicht mehr gerecht.

Landesfischereiverband Baden-Württemberg e.V.

Reinhart Sosat

Referent für Arten- und Gewässerschutz

E-Mail: info@lfvbw.de

 

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