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Neue Fischart für Niedersachsen nachgewiesen

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Bild: Dr. Matthias Emmrich/LSFV
Die Marmorgrundel konnte erstmals im Bundesland Niedersachsen nachgewiesen werden. Bild: Dr. Matthias Emmrich/LSFV

Als „Marmorierte Süßwassergrundel“ identifizierte Dr. Matthias Emmrich, Biologe beim Landessportfischerverband Niedersachsen, seinen Fang aus dem Mittellandkanal bei Dedensen.

Auf den ersten Blick unscheinbar, gehört auch diese Art zu zu einer Reihe von Grundelarten aus der Region des Schwarzen Meers, die sich seit etwa 15 Jahren massiv in Deutschland ausbreiten und heimische Fischarten zunehmend verdrängen.

„Nichts als Grundeln!“ – sobald Niedersachsens Angler im Mittellandkanal ihre Köder auswerfen, haben sie nach wenigen Minuten die erste Grundel am Haken. „Bislang waren das meist Schwarzmundgrundeln“, berichtet Thomas Klefoth, ebenfalls Biologe beim LSFV. Er hatte die nahe Verwandte der Marmorgrundel erstmals 2012 im Mittellandkanal bei Bramsche/Osnabrück für Niedersachsen nachgewiesen.

Mit Schiffen eingeschleppt

„Grundeln sind mit Schiffen nach Mitteleuropa gelangt“, erläutert Matthias Emmrich. „Entweder im Ballastwasser oder als Eier angeheftet an den Rumpf.“ Die LSFV-Biologen sind überzeugt, dass die Marmorgrundel schon seit einiger Zeit im Mittellandkanal vorkommt – allerdings nicht in der Dichte wie die Schwarzmundgrundel – und von Anglern einfach nicht als andere Art erkannt wurde. „Schwarzmundgrundeln haben immer einen schwarzen Fleck auf der ersten Rückenflosse, ansonsten sind sich die beiden sehr ähnlich“, erklärt Matthias Emmrich.

Bei seinem Fischzug am vergangenen Donnerstag hatte er es aus wissenschaftlichen Gründen auf Schwarzmundgrundeln abgesehen: die 25Exemplare, die ihm in nur eineinhalb Stunden an den Haken gingen, werden im Rahmen einer Studie der Leibniz Universität Hannover genau untersucht.

Anhand von Geschlechterverteilung, von Größe, Gewicht und Alter der Fische will Studentin Wiebke Matteikat herausfinden, in welchem Invasionsstadium sich die Population der Schwarzmundgrundel im Mittellandkanal befindet: Steht Niedersachsen erst am Beginn der Grundelschwemme oder ist die maximale Dichte schon erreicht?

Laichen mehrfach pro Jahr

Grundeln gehören zu den nicht-einheimischen und so genannten invasiven Tierarten. Sie werden mehrere Jahre alt, pflanzen sich von Mai bis September mehrmals im Jahr fort, fressen neben Muscheln und Wirbellosen auch Laich und Jungfische und verdrängen oder schädigen so die Bestände einheimischer Arten. In Rhein, Main und Neckar gibt es Flussabschnitte, wo Grundeln 80 Prozent der Fischbiomasse ausmachen. Mehr als 100 Tiere pro Quadratmeter Gewässergrund wurden bereits gezählt.

In Niedersachsen gilt für die Schwarzmundgrundel ein so genanntes Entnahmegebot: Alle gefangenen Exemplare müssen getötet und „einer sinnvollen Verwertung zugeführt“ werden. Kenner wissen, Grundeln sind kleine, aber sehr gute Speisefische.

Die LSFV-Biologen glauben, dass in den nächsten Monaten und Jahren weitere Grundelarten in Niedersachsen auftauchen werden. Daher die Aufforderung an alle Angler, Fänge von Grundeln und anderen ungewöhnlichen Fischarten umgehend an die Geschäftsstelle des Landessportfischerverbandes zu melden.

Steckbrief Marmorgrundel (Proterorhinus semilunaris):

• 1985 als erste Grundelart im Süßwasser in Deutschland nachgewiesen (Donau/ Vilshofen)

• kleinste der invasiven Grundelarten: max. 10 – 13 cm lang

• im 1. Lebensjahr geschlechtsreif, Alter bis etwa 3 Jahre

• typisch: Nasenöffnungen röhrenförmig verlängert

• Körper und Flossen mit fleckiger, „marmorierter“ Grundfärbung

• dämmerungsaktiv, lebt nicht nur auf steinigem Untergrund

Schifffahrtsstraßen als Autobahn für invasive Arten

Der Mittellandkanal ist für viele nicht-einheimische tierische Neubürger DIE Transitroute von Ost nach West. So breiten sich Arten wie der Wolgazander, die Wollhandkrabbe, Muscheln wie die Dreikantmuschel (übrigens begehrte Nahrung für Schwarzmundgrundeln!) und zahllose Wirbellose innerhalb weniger Jahre zwischen Elbe und Rhein und ihren Nebengewässern aus.

Basisinfo: Landessportfischerverband Niedersachsen e.V.

Der Landessportfischerverband Niedersachsen e.V. (LSFV) ist mit fast 90.000 Mitgliedern der größte anerkannte Naturschutzverband in Niedersachsen. Im LSFV wenden Angler aus den 330 angeschlossenen Vereinen jedes Jahr zehntausende Stunden für ehrenamtliche Natur- und Artenschutzmaßnahmen an Gewässern auf. Von der Wiedereinbürgerung von bedrohten Arten wie Lachs und Meerforelle, über das Monitoring von Fischen und anderen Wasserlebewesen, bis zu regelmäßigen Müllsammel- und Pflanzaktionen, tragen die organisierten Angler dazu bei, Gewässer und ufernahe Lebensräume zu erhalten und durch gezielte Naturschutzprojekte nachhaltig zu fördern. Davon profitieren nicht nur Fische, sondern auch viele andere Tier- und Pflanzenarten und nicht zuletzt alle Menschen, die Flüssen und Seen in Niedersachsen zur Erholung und zum Naturerleben aufsuchen. Mehr Infos unter www.lsfv-nds.de

Info: PDF-Download über die Website des LSFV: Flyer Schwarzmundgrundel

-pm-

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