Ein neuer Laser des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik in Dresden kann Metalle auch unter der Meeresoberfläche zerteilen.
Angesichts der steigenden Nachfrage nach erneuerbaren Energiequellen wächst auch der Bedarf an modernen Demontage-Technologien für den Unterwassereinsatz. Um beispielsweise ein Windkraftwerk im Meer auf mehr Leistung zu bringen, müssen alte Stahlgestelle zunächst unter dem Meeresspiegel zerlegt werden, um sie später größer wieder aufzubauen. Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden hat nun einen technologischen Ansatz gefunden, Laser als besonders effiziente, umweltfreundliche und energiesparende Schneidwerkzeuge im Wasser einzusetzen.
Um unterhalb der Wasseroberfläche Stahl und andere Metalle zu zerteilen, setzen die Fraunhofer-Forscher besonders kurzwellige, grüne Laser ein, deren Schneidfähigkeit auch im Wasser gegeben sind. Gleichzeitig dient das Wasser hier als Werkzeug, um die entstehende Schmelze mit Druck aus der Schnittfuge auszutreiben. Dadurch fallen unter anderem Kraftverluste, Extra-Gasleitungen und weitere Nachteile weg. Im Labor funktioniert dies bereits. Im September stellt das Fraunhofer IWS das innovative Verfahren auf der Messe »Schweißen & Schneiden« in Essen vor, um es gemeinsam mit Industriepartnern zur Einsatzreife zu führen.
Der Zuschnitt von Metall mit Lasern ist zwar kein grundsätzlich neuer Ansatz. In der Regel geschieht dies jedoch in einer trockenen Umgebung. Dabei schneiden Infrarot- oder andere eher langwellige Laserstrahlung das Metall auf. Koaxial zum Strahl entfernen in diesem Zuge Hilfsgase die Metallschmelze. Im Meer herrschen andere Bedingungen: Wasser streut langwelliges Licht in alle Richtungen. Dadurch verpufft ein Großteil der Laserleistung nach kurzer Distanz. Auch sind für das Hilfsgas aufwendige Leitungssysteme nötig.
Grüne Laser der Kilowattklasse ermöglicht Unterwasserschneiden
Diese Nachteile erledigen sich mit der neuen Lösung aus dem Fraunhofer IWS. Die Dresdner Ingenieure setzen grüne Laser mit weit kürzeren Wellenlängen ein als die meisten heute üblichen Industrielaser. Möglich ist dies allerdings erst, seitdem grüne Laser in der Klasse mit mehr als einem Kilowatt Leistung verfügbar sind, um die nötigen Schneidleistung zu erzielen. Perspektivisch sind noch kurzwelligere Varianten mit blauen Lasern denkbar. Solche Kurzwellenlaser durchdringen selbst Wasser ohne große Verluste und lassen sich somit auch in Gewässern einsetzen. Das in trockener Umgebung notwendige Schneidgas lässt sich durch das im Meer reichlich vorhandene Medium ersetzen: Wasser. So fallen unter anderem die bisher nötigen Gasleitungen weg. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass sich Gase und Gasgemische wie Luft bis zu einem gewissen Punkt zusammenpressen lassen, bevor sie in die eigentliche Anwendung kommen. Wasser hingegen lässt sich kaum komprimieren. Daher beseitigt dieses als Schneidmedium die Schmelzreste an der Schnittstelle mit weniger Kraftaufwand und Zeitverlusten.
Wenig Energieverlust und mehr Kraft
Gegenüber heute üblichen Trennverfahren mit Sägen, Sägeseilautomaten und Plasmaschneidern soll das Unterwasserlaserschneiden einige Vorteile erzielen: »Das Verfahren benötigt vergleichsweise wenig Energie und die Kraftübertragung ist effizienter«, betont Projektleiter Dr. Patrick Herwig, der am Fraunhofer IWS die Gruppe Laserschneiden leitet. Dieser Ansatz erlaube zudem die Konstruktion besonders kompakter Unterwasserroboter mit Laseraufsatz. Weil sich diese kleiner und effizienter als heutige Sägeautomaten umsetzen lassen könnten, lassen sich bisher schwer zugängliche Stellen von Unterwasserstrukturen leichter erreichen. Anders als etwa beim Sägen müssten Demontageteams künftige Schneidlaser nicht fortlaufend mit neuen Blättern oder anderen Verbrauchsmaterialien bestücken. Zudem erzeugt solch ein System keine Abfälle und entlässt keine gefährlichen Stoffe in die Atmosphäre.
Dieser Vorteil fällt besonders beim Abriss alter Kernkraftwerke ins Gewicht. Denn auch dort sind oft stählerne Bauteile zunächst unter Wasser zu zerlegen. Würde man hier mit Schneidgas arbeiten, könnten mit den Blasen radioaktive Abfälle an die Wasseroberfläche gelangen. Auch dieses Problem erübrigt sich beim Laser-Unterwasserschneiden.
Wasser: Freund statt Feind
Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz der innovativen Technologie beschreibt Prof. Christoph Leyens, Institutsleiter des Fraunhofer IWS: »70 Prozent der Erde bestehen aus Wasser. Diese Offshore-Reserven muss die Menschheit künftig verstärkt nutzen, um umweltfreundliche Energiequellen zu erschließen und auszubauen. Dafür brauchen wir neue Unterwasser-Fertigungstechnologien wie unsere Laserschneidlösungen. Bisher wurde das Wasser dabei als ›Feind‹ verstanden. Wir kehren das um und verstehen es als ›Freund‹.«
Im nächsten Schritt wollen die Forschenden ihr im Labormaßstab bewährtes Konzept nun zu praktisch einsetzbaren Systemen weiterentwickeln. Das Fraunhofer IWS bringt dabei seine Expertise in der Lasertechnologie, System- und Analysetechnik und für den Entwurf kompletter Anlagen ein. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchen aktuell nach Industriepartnern, die konkrete Einsatzszenarien, Erfahrungen und Herausforderungen skizzieren sowie die konkrete Technologieentwicklung begleiten.
-Pressemitteilung Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS–