Sehen Sie, wie Birger Domeyer beim Jiggen die Barsche mit Gummiködern sucht – und findet!
Mit einem misstrauischen Blick begrüßt mich Fredrik im Hafen. Es ist fünf Uhr morgens, und ich bin gerade etwas zerknautscht aus meinem Bett gefallen. „Windstärke sechs ist eigentlich zu viel zum Barschangeln“, sagt der Kunstköderspezialist, „und außerdem pustet der Wind kräftig gegen die Strömungsrichtung, da draußen wird sich eine ordentliche Welle aufbauen.“
Ich ignoriere seine Worte einfach und helfe dabei, das Boot zu beladen. Schließlich ist heute der lang ersehnte Saisonstart, das Kunstköderverbot ist aufgehoben, und die Barsche hatten fast ein halbes Jahr lang ihre Ruhe. Heute muss es beim Jiggen einfach beißen.
Wir haben es auf die großen Stachelritter abgesehen und montieren für jeden eine Vertikalrute und eine Wurfangel zum Spinnfischen. Als Köder dienen mittelgroße Gummifische und No-Action-Shads zwischen zehn und 14 Zentimetern Länge. Barsche der Zielgruppe „40 plus“ haben keine Probleme mit solch großkalibrigen Ködern. Ganz im Gegenteil: Noch sind keine oder nur sehr wenige, winzig-kleine Brutfische unterwegs. Die Barsche fressen also etwas größere Beute und gehen völlig unerschrocken auch an 14 Zentimeter lange Köder. Zudem ist die Lockwirkung eines ordentlichen Happens für die jetzt aggressiven Räuber bedeutend größer.
Jiggen: Die große Suche
Der wahrscheinlich schwierigste Aspekt beim Fangen kapitaler Fische ist wohl das Finden. Gute Barschplätze kennen wir eigentlich genug an diesem Gewässer. Doch der schon eingangs erwähnte Wind macht uns gehörig zu schaffen. So sehr, dass viele der eigentlichen Hot-Spots nicht beangelbar sind. An eine vernünftige Köderführung beim Jiggen ist kaum zu denken. So kommt es, dass wir bis zum Mittag noch keinen einzigen Barsch fangen können, nur ein kleiner Zander hat sich erbarmt, den Gummifisch zu nehmen.
An einem ziemlich unruhigen Angelplatz fängt Freddy plötzlich einen Barsch beim Wurfangeln. Mit knappen 40 Zentimetern passt er genau in unsere Zielgruppe. Nur wenige Würfe später lege ich nach und stemme ebenfalls ein 42 Zentimeter langes Exemplar. Sollte der Bann jetzt gebrochen sein? Von wegen, wieder passiert über zwei Stunden lang nichts!
Der Durchbruch
„Wir müssen einen Angelplatz finden, an dem der Wind etwas weniger stark ist, sonst wird das heute nichts mehr“, sagt mein Kollege. Fredrick parkt das Boot an einer Steinpackung. Die liegt etwas im Windschatten. Sie sieht aus wie jede andere Steinpackung im Umkreis von mehreren Kilometern. Aber warum sollten sich die Barsche genau hier aufhalten? Freddy kennt die Antwort: „Ganz einfach. Von den Bäumen am Ufer fällt Schatten aufs Wasser, und die Strömung ist etwas geringer als in der Umgebung. Das reicht schon. Außerdem habe ich hier im letzten Jahr große Barsche gefangen, also werden auch weitere auftauchen.“
Selbstsicher lässt der Spezi seinen grün-orangefarbenen Vertikalköder zu Boden und klopft den Grund ab. Mit dem Elektromotor navigiert er das Boot zielsicher am Fuß der Steinpackung entlang. Keine zwei Minuten später steht seine Vertikalrute krumm. Nach kurzem Drill zeigt sich ein schöner Barsch. Endlich haben wir einen Trupp guter Fische gefunden. An dieser Steinpackung sammeln wir beim Jiggen vier weitere Stachelritter ein und lassen mindestens sechs Köder am Grund. So eine Steinpackung ist eben ein Angelplatz, der zwar regelmäßig Köder kostet, dafür aber auch Fische bringt.
Gegen Abend lässt der Wind etwas nach, und wir können endlich eine der heißesten Stellen befischen. In nur drei Metern Wassertiefe liegen viele große und kleine Steinhaufen am Grund, dazu Sandboden in den Zwischenräumen. Das zieht Futterfische an, und die Barsche sind sicher nicht weit. „An diesem Platz hält sich oft nur ein einzelner oder höchstens zwei Barsche auf, dafür aber richtig große Exemplare über 45 Zentimeter“, verspricht Freddy. Wir parken das Boot und greifen zur Wurfrute. Am ersten Ankerplatz passiert nichts. Mutig montiere ich einen noch größeren Köder. Der zwölf Zentimeter lange Shaker in Dunkelgrün-Silber soll es richten. Wir setzen das Boot um und verankern es am letzten Platz für heute.
Beim dritten Wurf dann die Erlösung: Mitten zwischen den Steinhaufen gibt es auf voller Distanz einen eindeutigen Biss auf meinen gejiggten Gummifisch. Der Anhieb sitzt, und mein Gegenüber rüttelt wütend am Grund. Zunächst vermute ich einen Zander, weil der Widerstand für einen Barsch ungewöhnlich heftig ist. Doch der Fisch kämpft nicht wie ein Zander, die typischen Kopfstöße fehlen. Sollte Freddy nicht zu viel versprochen haben mit seinem Großfischspot? Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt tatsächlich ein riesiger Barsch an die Oberfläche. Er hat den Gummifisch komplett inhaliert. Selbstsicher lande ich den Fisch mit der einen Hand und bedanke mich bei Freddy mit der anderen für diesen Fang. Mit 46,5 Zentimetern ein wirklich schöner Abschluss.