Beim Vergleichsangeln auf den Bodden wurde der Trendköder Jig-Spinner einer Feuerprobe unterzogen. Von Henning Stühring
Drei Tage Bodden-Angeln liegen hinter uns. Das Fazit fällt sehr überraschend aus: Gefangen wurden Dutzende Barsche der 20er bis 30er Größenklasse, dazu sieben kapitale Exemplare der Ü-40-Kategorie, etliche Hechte, darunter ein 96er, sowie vier Zander, wovon der größte 68 Zentimeter maß. Die weitaus meisten Raubfische landeten Johannes Dietel und Jürgen Haese. Und zwar nicht etwa auf Gummi oder Wobbler, sondern auf Metall! Denn die zwei setzten überwiegend Jig-Spinner ein, während es Bootsführer Mathias Fuhrmann auch schwerpunktmäßig mit Gummiködern probierte. Mir als Kameramann oblag es, diese überaus lehrreiche Feuerprobe auf den Bodden zu dokumentieren. Aber der Reihe nach.
Jig-Spinner fangen überragend
Ende August begrüßen Jürgen und ich Johannes in unserer Unterkunft. Trotz der wochenlang anhaltenden, sehr windigen Tiefdruckwitterung, die das Bootsangeln auf den großen, offenen Wasserflächen enorm erschwerte, ist der Wahl-Berliner bester Dinge für die kommenden drei Tage. Johannes erklärt seinem Teamkollegen Jürgen und mir, woher sein unübersehbarer Optimismus rührt: „Ich bin jetzt schon drei Wochen auf Rügen, um die Barschangel-Möglichkeiten an der Nordwestküste der Insel zu erkunden. Es läuft wirklich super: Fast jeden Tag sind 40-Plus-Fische dabei. Und die Jig-Spinner fangen überragend.“
Als Johannes die Köder-Boxen auf seinem Zimmertisch öffnet, sehen wir die kleinen Metallteile auch schon verführerisch blitzen. Wir nehmen die Köder natürlich gleich in die Hand, um sie eingehend zu begutachten. Hauptsächlich sind es Jig-Spinner mit einem Blatt hinter dem schweren Körper, daneben Cycaden und auch einige Eigenbau-Kreationen. Allen diesen Miniködern ist das hohe Eigengewicht, bedingt durch den mehr oder minder kompakten Metallrumpf, gemein. Johannes sagt: „Deswegen hatte ich auch keine Probleme mit dem böigen Wind, ganz im Gegensatz zu den Gummifischanglern, die ihre Minigummis wegen der großen Schnurbögen kaum effektiv präsentieren konnten, während mein Heavy Metal zwar ebenso klein, aber viel schwerer ist. Damit sind weite Würfe und ein guter Köderkontakt überhaupt kein Problem.“ Das können Jürgen und ich uns gut vorstellen, denn die Jig-Spinner in Johannes’ Box wiegen teils über 30 Gramm.
Drillinge „abrüsten“
Auf die Frage, warum die serienmäßigen Drillinge ausgetauscht und teils abgerüstet sind, antwortet der gebürtige Schwabe: „Die Jig-Spinner werden unglaublich aggressiv genommen und hängen dann oft tief im Schlund. Bei zwei Drillingen fällt dann das Hakenlösen umso schwerer; auf lange Operationen habe ich aber keinen Bock, weil es auch nicht gut für die Fische ist. Deshalb kneife ich gern eine Hakenspitze des Drillings ab. Mein Favorit ist der Owner. Die sauscharfen Drillinge dieser Marke sind einfach qualitativ besser als die standardmäßige Bestückung.“
Titan statt 7×7
Am nächsten Morgen treffen wir im Hafen von Schaprode unseren Skipper. Guide Mathias freut sich ebenfalls über das gute Angelwetter. Am Steg ruft uns der Greifswalder zu: „Hat ja auch lange genug geblasen hier. Jetzt sind endlich ein paar ruhige Tage mit Sonnenschein angesagt.“ Von Schaprode aus steuert Mathias den Rassower Strom bei der Wittower Fähre an. Denn hier hat Johannes in den letzten Tagen besonders gut Barsche gefangen. Mit entsprechend großen Erwartungen packt der Spezi seine kleine Geheimköderbox mit dem „Heavy Metal“ aus. Hier zeigt sich ein weiterer Vorteil der Jig-Spinner: Man braucht nicht gleich einen Koffer, um die fängigsten Eisen in genügender Zahl unterzubringen.
Fluorocarbon vorschalten
Dafür benötigt man ein bissfestes Vorfachmaterial, da laut Johannes „immer mit Hechtkontakt zu rechnen“ sei, „gerade jetzt im Sommer, wenn viel Fischbrut unterwegs und das Beuteschema eher auf kleine Happen fixiert ist“. Überraschenderweise nimmt der Meister der feinen Spinnangelei dafür nicht etwa das dünne, geschmeidige 7×7-Stahl, sondern ein kurzes Stück Titan. Die Bodden-Barsche sollen an dem vergleichsweise steifen Material keinen Anstoß nehmen, versichert der Dietel, „an klaren Stillgewässern kann das allerdings schon wieder ganz anders sein. Das muss man einfach ausprobieren und fallweise entscheiden.“ Zwischen das Vorfach und die 0,14er geflochtene Hauptschnur knotet Johannes noch einen guten Meter Fluorocarbon – „weil‘s mir dann noch ein bisschen unauffälliger erscheint“. Ein kleiner, aber stabiler Einhänger nimmt schließlich den Jig-Spinner auf. Serviert wird das von Johannes quasi neu entdeckte Altmetall an einer leichten, kurzen, aber nicht zu steifen Spinnrute mit Spitzenaktion.
Faulenzen mit Eisen
Schon saust das windschnittige Metall Richtung Dänemark. Das war zu erwarten gewesen, dass die Jig-Spinner extrem weit fliegen – da kann kein Gummifisch mithalten. Entsprechend groß ist der Einsatzradius. Nach dem Auswerfen lässt Johannes den Jig-Spinner bis zum Grund sacken. Auch das gelingt mit dem schnell sinkenden Eisen in vergleichsweise kurzer Zeit, binnen Sekunden ist der Boden in vier bis acht Metern Tiefe erreicht. Dann kommt der spezielle Dreh, den Johannes entwickelt hat. Blitzschnell startet er den Jig-Spinner mit ein, zwei geradezu brachial anmutenden Kurbelumdrehungen, um ihn dann wieder zum Grund sinken zu lassen. Quasi eine Art „Faulenzen“, aber eben im Hochgeschwindigkeitsmodus. Denn der Spezi weiß, dass gerade die agilen Sommerbarsche nicht viel Zeit haben dürfen, um Köder und Vorfach zu inspizieren.
Jig-Spinner fängt deutlich mehr
Es dauert auch nicht lange, da bekommt Johannes den ersten halbstarken Boddenbarsch ans Band. Auch Jürgen, der sich anfangs noch an den neuartigen Köder und seine spezielle Führung gewöhnen muss, fängt. Von Beginn an steigen neben den Barschen auch regelmäßig Hechte ein. Im Laufe des Tages gibt es zweimal sogar Doppeldrills. Bei dem einen Angler spritzt ein Barsch an der Oberfläche, während der Kollege gleichzeitig die scharfen Fluchten eines Mittneunziger-Esox parieren muss, was am leichten Spinngeschirr natürlich ein besonders aufregendes Vergnügen ist. Dass keine Meterhechte beißen, liegt wohl weniger am Köder als vielmehr an dem Umstand, dass sich diese Großfische zurzeit sehr rar machen.
Das zeigen übrigens auch die Fangergebnisse in den Nachbarbooten. Und auch die haben inzwischen, nachdem sich Johannes’ spektakuläre Erfolge der letzten Wochen herumgesprochen haben, zum Teil auf Jig-Spinner umgerüstet. Mathias’ Teamkollege, der Guide Robert Balkow, kann jedenfalls neben Hechten auch den Fang eines 40-Plus-Barsches vermelden. Dank Verwendung des Jig-Spinners ist das sommerliche Spinnfischen in den Bodden durch die zusätzliche Stachelritter-Option eben viel abwechslungsreicher geworden. Und noch eines zeichnet sich immer deutlicher ab: Die von Johannes und Jürgen ausschließlich angebotenen Jig-Spinner fangen deutlich mehr Fische als die von Mathias immer wieder ausgiebig und zum Vergleich angebotenen, fingerlangen Shads.
Trotzdem zeigt sich der Berliner Trendsetter nach zwei Angeltagen nicht ganz zufrieden, was die Barschgrößen betrifft. Zu gern hätte er einen „Ü-40“, gefangen auf Jig-Spinner, präsentiert. Aber was nicht ist, kann ja noch werden…
Der Zander-Test
Zwischenzeitlich beratschlagen wir die Lage. Dass der Jig-Spinner herausragend Barsche und Hechte fängt, ist zur Genüge bewiesen. Deshalb schlägt Jürgen vor, das Räuber-Triple voll zu machen, sprich: einen Zander zu fangen. Dafür steuert Mathias ein anderes Revier an, nämlich den Hafen Stralsund. Denn hier kann man gezielt auf die lichtscheuen Zander angeln, was im klaren Wasser des Rassower Stroms kaum möglich ist. Als wir im Hafen Stralsund angekommen sind, setzt Johannes vorsichtig den Anker. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Dietel im Gegensatz zu den meis-ten anderen Spezialisten das Driftfischen nicht sonderlich schätzt. „Ankern erlaubt eine präzisere Köderpräsentation am jeweiligen Hotspot“, sagt der Spezi.
Freilich mit dem Nachteil, dass man weniger Strecke macht und der Aufwand größer wird, die Fische zu finden. Aber Guide Mathias hat mal wieder die richti-ge Spürnase und findet die ersehnten Zandergründe schließlich östlich der Stralsunder Brücke. Nach drei kleineren Exemplaren landet Johannes einen kampfstarken 68er Stachelritter.
Ü-40-Party am Rassower
Nachdem das Räuber-Triple geschafft ist, legen wir eine Mittagspause im Stralsunder Hafen ein. Bei einem zünftigen Fischburger-Essen grübeln wir über die letzte noch offen gebliebene Frage: Wo lauern sie nur, die 40er Barsche? Schließlich trifft Mathias zusammen mit Johannes die Entscheidung, es noch einmal an einer bestimmten Boje im Rassower Strom zu probieren.
Das Boot gleitet der Abendsonne entgegen. Ein Foto- und Filmlicht, wie man es sich kaum besser wünschen kann. Gerade will ich die Kollegen bei ihren ersten Würfen noch zusätzlich motivieren mit der Bemerkung, dass das Timing jetzt perfekt wäre, da schlägt Johannes auch schon hart an und ruft: „Fisch! Das ist ein richtig guter Barsch!“ Und schon umgarnt das Keschernetz den Zielfisch, der tatsächlich über 40 Zentimeter misst.
Sternstunde auf Großbarsch
Plötzlich geht es Schlag auf Schlag. Wir sind offenbar auf einen Schwarm raubender Großbarsche getroffen und erleben eine absolute Sternstunde: Eine ganze Reihe kapitaler Fische kann gelandet werden, davon sieben über 40 Zentimeter, die zwei größten mit jeweils 46 Zentimeter. An diesem Platz, an dem die gestreiften Räuber gerade aktiv nach Beute jagen, zeigt sich aber ebenso, dass der Köder eher nebensächlich zu sein scheint. Denn hier kommt auch Mathias mit seinem Mini-Shad gleichermaßen gut zum Zug. Jürgen meint, dass der Gummifisch an Stellen, wo Seegras durchs Wasser treibt, aufgrund seines Einzelhakens, der natürlich weniger Kraut als die Drillinge beziehungsweise Zwillinge des Jig-Spinners fängt, durchaus im Vorteil sein kann. Mathias ergänzt aber sogleich, dass er zuvor an den meisten anderen Plätzen, an denen es eben weniger Kraut gab, von den Metallfreunden regelrecht „abgekocht“ wurde…
So oder so – durch die finale Barsch-Sternstunde ist unserer Bodden-Tour endgültig das Sahnehäubchen aufgesetzt. Vor allem aber wurde in der Praxis und vor laufender Kamera der Beweis erbracht, dass Dietels Jig-Spinner wenigstens zur warmen Jahreszeit den Gummifischen nicht nur ebenbürtig, sondern sogar überlegen sein können. Das zeigen nicht zuletzt auch die vier zwischenzeitlich gefangenen Zander: Während Mathias auf seinen Shad nur einige Fehlbisse verzeichnete, blieben die gelandeten Exemplare allesamt am Metall von Johannes und Jürgen hängen. Das Beste an den einfach zu führenden Jig-Spinnern ist aber wohl, dass damit nicht nur namhafte Experten fangen, sondern auch blutige Einsteiger, zumal der Preis weit unterhalb der derzeit so beliebten, aber ebenso sündhaft teuren „Japan-Wobbler“ liegt. Dazu kommt das breite Einsatzspektrum. Um es mit den Worten von Jürgen Haese zu sagen: „Ein echter Allroundköder, der sowohl am Grund als auch im Freiwasser fängt.“
Fazit: Ein neuer Trend scheint geboren – Metall ist wieder mega-in!