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Jan Eggers erzählt

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Jan Eggers (rechts) belegte 1982 den 3. Platz bei den Niederländischen Meisterschaften im Stippfischen. Danach hörte er mit dem Wettfischen auf und widmete sich ganz Esox lucius. Bilder: Jan Eggers

“So lange ich noch übers Angeln schreiben kann, bin ich zufrieden!” In seiner neuen Serie berichtet der 76-jährige holländische Hechtpapst sehr persönlich aus seinem bewegten Anglerleben.

2013 war das Jahr, in dem ich 70 wurde und in dem ich offiziell in Rente gegangen bin. Ich hatte für den Ruhestand geplant, schöne Reisen mit meiner Frau unter anderem nach Afrika, St. Petersburg und Israel zu unternehmen, aber leider ließ meine Gesundheit das nicht mehr zu. Bei einer medizinischen Kontrolluntersuchung zur Verlängerung meines Führerscheins wurde bei mir Diabetes Typ 2 festgestellt. Seit dieser Zeit muss ich pro Tag acht Pillen einnehmen.

Alle drei Monate musste ich nun zum Hausarzt zur Kontrolluntersuchung und die Ergebnisse waren zufriedenstellend. Beim Angeln hatte ich aber immer mehr Probleme mit dem Gleichgewicht, dazu Rückenschmerzen und ich wurde schnell müde. Nach verschiedenen Untersuchungen im Krankenhaus in Hoorn bekam ich vom Neurologen zu hören, dass ich an Parkinson erkrankt war. Man kann diese Krankheit noch nicht heilen, aber lindern, mit Medikamenten und Physiotherapie. Meine Hände fingen immer mehr an zu zittern, schreiben und tippen ging nur noch mühsam, auch musste ich meinen Führerschein abgeben. Ich musste immer mehr zuvor selbstverständliche Aktivitäten einstellen und damit leben lernen.

Jan Eggers keschert einen großen Brassen bei den Niederländischen Meisterschaften im Stippfischen 1982.

Weil das Angeln in den Poldern nicht mehr geht, habe ich beschlossen aus meinem Büro heraus “aktiv angeln zu gehen”. Zum Glück funktioniert mein Kopf noch sehr gut. Ich habe in den letzten 30 Jahren Angeltagebuch geführt. Dazu besitze ich ungefähr 50.000 Fotos, Dias und Bilddateien, die mit dem Angeln zusammenhängen. Es wäre eine Sünde, dieses einzigartige Archiv weiter zu verbergen, wo ich doch weiß, dass ich damit vielen FISCH & FANG-Lesern eine Freude machen kann. Das darf ich nach 40-jähriger freudvoller Zusammenarbeit mit dieser Redaktion wohl behaupten!

Weil ich die Meinung meiner Leser sehr wichtig finde, gebe ich allen die Möglichkeit drei Artikelvorschläge aus dieser Liste auszuwählen und an meine E-Mail-Adresse the.pike.ferret@hetnet.nl zu mailen. Meine Themenvorschläge:

1.)       Ich fische am liebsten in Hollands Poldern: warum, wie, wo, worauf und wann?

2.)       In Irland, Schweden, Finnland, Russland und den USA fing ich Lachse, wie und wo?

3.)       Informationen über meine Sammlung von 350 Hechtbüchern, die besten, schönsten, witzigsten Bände.

4.)       Eisangeln auf Meterhechte in Kanada, USA, Finnland und Schweden.

5.)       Humor im internationalen Angelsport.

6.)       Ärmliche Unterkünfte bringen die besten Fänge.

7.)       Auf tropische Raubfische in Surinam, Brasilien, Botswana und Südafrika.

8.)       Das Wetter – überall eine wichtiger Faktor.

9.)       Und noch einmal: Die größten, schönsten und eigentümlichsten Hechte, die ich kenne.

10.)    Weil ich nicht mehr fischen kann, stellt meine Frau immer die Frage: Was mache ich nur mit der großen Sammlung von Angelgeräten?

Ruten, Rollen, Multis und Kunstköder müssen weg, alte und neue, von den besten Firmen und das zu niedrigen Preisen. Mehr als 200 alte Abu-Kataloge, dazu 50 Kataloge von Hardy sind für Sammler sicher interessant. Das gilt auch für viele deutsche Angelbücher und verschiedener Jahrgänge beinahe 100 Jahre alter Angelzeitschriften. Leser, die Interesse haben, können mir eine E-Mail schreiben. Auch ein Besuch in Bovenkarspel lässt sich einrichten. Ich werde meine besten Stellen auf Raubfisch und Karpfen verraten und kann auch den notwendigen Vispas organisieren.

Soviel über meine Ideen zu möglichen Artikeln, die ich noch realisieren kann. In jedem Fall ist es eine gute Therapie für mich.

Jan Eggers brachte es mit seinen Wettangel-Siegen sogar in die Tagszeitungen.

Mein persönliches Rätsel, endlich gelöst!

Während meines ganzen Lebens bis zum August 2019 habe ich mich gefragt, wie ich an die Passion des Sportangelns geraten bin. Ich hatte keine angelnden Opas, meinem Vater musste ich erst das Angeln beibringen und meine drei Brüder fischen immer noch nicht. Meine Muttern hat mir einmal erzählt, dass ich im Alter von 4 bis 5 von meinem Onkel Janus Kruiswijk eine einfache Bambusrute bekommen habe, mit der ich dann Stunden am Ufer verbrachte. Ich erinnere mich an meine ersten Angelerlebnisse noch gut. Mit der Brotflocke fing ich Rotaugen, kleine Brassen und vor allem hübsche goldene Rotfedern, die genüsslich die große Flocke einsaugten.

Am 5. August diesen Jahres war ich in De Rijp bei meinem Bruder Peter, der Geburtstag hatte. Er zeigte mir ein interessantes Buch über die Geschichte unseres Geburtsdorfes. Beim Betrachten der Bilder der alten hölzernen Brücke “Tilbrug” und der Baugrube für neue Version aus Beton ging mir ein Licht auf. Zu der Zeit, als diese Brücke gebaut wurde, 1947-48, führte mein täglicher Weg zum Kindergarten über dieses Bauwerk. Nach etwa 70 Jahren erinnerte ich mich erstmals an zappelnde Karpfen, große Brassen und glitschige Aale, die in der Baugrube zum Vorschein kamen. Damals schon betagte Angler fingen diese Fische. Der Fang war eine willkommene Bereicherung des spärlichen Nachkriegs-Speisezettels.

Eine Woche nach meinem Aha-Erlebnis sprach ich im Altenheim mit dem 94-jährigen Toon Zomerdijk, dem ältesten noch lebenden Mitglied des Angelclubs “De Hengelaar”. Er bestätigte mir, was ich damals mit eigenen Augen gesehen hatte. Vor allem die Größe dieser Fische ist mir in Erinnerung geblieben. Verrückterweise hielt ich mich in meinen ersten Anglerjahren vor allem mit dem Fangen von kleinen Fischen auf.

Als Junge fuhr Jan Eggers regelmäßig mit Berufsfischer Nic Molenaar hinaus, um die Aalreusen zu leeren.

Köderfische fangen, Würmer suchen und Aale für Oma

Wenn ich meine Angelsportaktivitäten von meinem 7. bis 20. Lebensjahr betrachte, sehe ich einige Veränderungen. Als ich sieben Jahre alt wurde, war es Zeit, dass ich Jugendmitglied im bereits genannten Angelverein wurde. Im nächsten Jahr bin ich dann 70 Jahre lang dort Mitglied! An mehreren Sonntagmittagen wurden damals Wettangeln am Dorfgraben, Tuingracht genannt, abgehalten. Verschiedene Male belegt ich den ersten Platz mit mehr als 100 Weißfischen in 3×30 Minuten. Köder waren Brot und Maden, ohne Anfüttern. Weil ich so schnell kleine Weißfische fangen konnte, erhielt ich im Herbst Aufträge von lokalen und vor allem Amsterdamer Raubfischanglern, Köderfische für sie zu fangen. Jeder Köderfisch brachte 5-10 Cent. Dadurch lernte ich schnell wo und womit man schnell viele Köderfische fangen kann. Eine andere Tätigkeit, um mein Taschengeld aufzubessern, war das Suchen von Würmern für die Aalangler und die Wettangler auf Barsch. Rund um De Rijp wurde viel Aal gefangen. Als Junge von 10 Jahren durfte ich ab und zu mit dem Berufsfischer Nic Molenaar hinausfahren, um die Reusen einzuholen. So lernte ich die guten Aalstellen kennen.

Dort fischte ich dann an warmen Sommerabenden auf den Lieblingsfisch meiner Oma, die in der Nähe wohnte. So hatte ich eine Ausrede, um angeln zu dürfen, bis es komplett dunkel war. Wenn meine Mutter schimpfte, weil ich zu spät nach Hause gekommen war, dann verteidigte mich ihre eigene Mutter. Meine Oma freute sich viel zu sehr über eine Portion frisch gebratenen Aals. Die Faszination der Angelei auf diese glatten Schlängler ist mir seither erhalten geblieben. Auch wenn ich meinen ersten Hechte komplett selbstständig im Alter von 12 Jahren gefangen habe, ich habe bereits darüber berichtet, standen die nächsten 25 Jahre im Zeichen des Barsches. Ich muss kurz erklären, was das Wettfischen auf Freund Perca bei uns bedeutet.

Angeln ist in Holland Volkssport! An der Tuingracht in De Rijp hat Jan Eggers viele Wettfischen gewonnen.

Damals wie heute gibt es in der Provinz Nord-Holland Angelclubs, die Wettangeln auf Barsch als wichtigste Vereinsaktivität durchführen. Auch in meinem Verein “De Hengelaar” drehte sich alles um die acht Wettfischen der Barsch-Meisterschaft. Als Jugendmitglied konnte ich da anfangs noch nicht mitfischen, ich musste warten, bis ich 15 wurde. Am 1. Juli 1958 war es dann soweit, ich durfte erstmals mitangeln. Am Sonntagmorgen um 4.30 Uhr versammelten sich ungefähr 50 Mitglieder am Poldergraben oder Ringkanal, wo vier oder fünf Mal 25 Minuten lang gefischt wurde. Mit Startnummern waren die Stellen 5-7 Meter breit ausgesteckt. Aus eine Lostrommel zog man dann die Nummer seines Angelplatzes. Der vorgeschriebene Köder war der Wurm und jeder gefangene Barsch zählte einen Punkt. Die Barsche kamen in einen Eimer mit Wasser, regelmäßig kam ein Kontrolleur vorbei, um sie zu zählen, die Punkte zu notieren. Die Fische wurden an einer neutralen Stelle wieder zurückgesetzt.

So sahen die Barsch-Wettfischen in Nordholland aus. Jeder Barsch-Winzling brachte einen Punkt.

Bevor ich mitangeln durfte, war ich selbst ein paar Jahre ein solcher Kontrolleur gewesen. Ich kannte alle Tricks und Techniken, und das wurde am Ende meines ersten Barsch-Wettfischens auch deutlich: Mit meinen 15 Jahren wurde ich der jüngste Sieger im Verein “De Hengelaar”. Deshalb durfte ich am ersten Sonntag im Oktober auch mitmachen beim “Traumwettangeln”, in dem 35 regionale Meister gegeneinander antraten. Das war eine lehrreiche Erfahrung in dem drei Meter tiefen Wasser des Nordhollandkanals bei Alkmaar. Insgesamt wurde ich sechs Mal Barschmeister von “De Hengelaar” und ich bin immer noch stolz auf die beiden Pokale, die einen Ehrenplatz in meinem Büro haben.

Auf diese beiden Barschangel-Pokale aus seiner Zeit in De Rijp ist Jan Eggers noch immer stolz.
Nach seine Wettfischer-Karriere widmete sich Jan Eggers ganz dem Hechtangeln.

Überraschende Veränderungen und “etwas” andere Prioritäten

Als ich mit 18 Jahren die Schule abgeschlossen hatte, hatte ich noch einen Monat frei, bevor ich den Wehrdienst antreten musste, um meinem Vaterland zwei Jahre als Soldat zu dienen. Weil ich gute Kontakte zu der schwedischen Angelsportfirma Abu hatte und mit Ingegerd Borgstrom in Kontakt stand, ihr Onkel Göte war der “big boss” bei Abu, besuchte ich die Fabrik in Svängsta einige Male. Ich hatte bereits eine Arbeitserlaubnis für Schweden beantragt. Ich habe die Unterlagen noch daheim. Doch unerwartet kam “etwas” dazwischen, was meine Pläne und mein Leben total veränderte. Dieses “Etwas” war weiblich und hörte auf den Namen Catharina, genannt Tine. In “Begegnungen am Wasser Teil 1” findet ihr die ganze Geschichte. Obwohl Tine überhaupt kein Interesse an meinem Hobby hatte und mir nicht der Sinn danach stand, mit ihr kilometerweit zu schwimmen (das war ihr Hobby), haben wir uns verliebt. Unser erster gemeinsamer Urlaub ging nach Steindorf an den Ossiachersee. Ich fand einen Job als Produktionschef in einem Betrieb, der Kunststoffe verarbeitete und wir fanden eine neue Wohnung in De Rijp. Was will man als verliebtes Paar noch mehr? Die die Antwort: heiraten!

Jan Eggers und seine Frau Tine beim Angeln in Afrika. Beide feiern Goldhochzeit am 1. Oktober 2019!

Ein besonderer Tag damals und ein ganz besonderer Tag heute

Als ich obenstehende Überschrift in die Tastatur getippt habe, unterbrach ich am 28. September 2019 das Schreiben des Artikels, um nach passenden Fotos zu suchen. Nach einem regnerischen Wochenende ist es inzwischen Oktober geworden, ein Monat, in dem ich immer besonders viele Hechte gefangen habe. Am 1. Oktober 1969 fing ich zwischen 9 und 10.30 Uhr mit einem leichten Spinner vier Hechte zwischen 50 und 70 Zentimetern. Den kleinen Graben am Süddeich von De Riip gibt es noch immer, ein Jammer, dass ich wegen der Parkinson-Erkrankung dort nicht mehr fischen kann.

Nach dem Fang habe ich damals meine Angelklamotten gegen einen feinen Anzug getauscht, denn um 15 Uhr sollte ich in “Het Heerenhuis” in Middenbeemster den Ehebund mit Tine schließen. Alles lief nach Plan, es war ein Tag, den ich nie vergessen werde. Und heute vergesse ich diesen Tag ganz sicher nicht. Ein Blick auf den Kalender sagt mir, dass heute am 1. Oktober 2019 unsere Hochzeit genau 50 Jahre her ist. Wie schnell ist die Zeit vorbeigeflogen!

Nun noch schnell ein paar Sachen aus den Jahren zwischen 1969 und 1980 aufgeschrieben, als Fred Buller mit seinen “big pikes” in mein Leben trat, dann können meine Finger Pause machen. Heute Abend kommen die Kinder und Enkel zur Goldenen Hochzeit vorbei und wir machen es uns gemütlich.

Jan Eggers und Fred Buller (rechts) beim Studium von kapitalen Großhecht-Fängen.

Umzug, andere Angelgewässer und viel Vereinsarbeit

Anfang der 1970er Jahre bekam ich einen guten Job bei einem Betrieb in Enkhuizen, der Plastikfolie und Kunststoffrohre produzierte. Ein paar Jahre später zog ich mit meiner Frau und zwei Töchtern nach Bovenkarspel, dort machte Sohn Stefan unsere Familie komplett. Ich wurde Mitglied im örtlichen Angelclub, bald auch Geschäftsführer für Wettangel- und Mitglieder-Angelegenheiten, dann auch noch stellvertretender Geschäftsführer des Angelverbandes De Noordkop. So lernte ich schnell die besten Stellen nördlich die Linie Alkmaar-Hoorn kennen. Die Lehmpolder in dieser Region sind produktiver als die Moorpolder. Ich fing rund um Bovenkarspel mehr und vor allem größerer Fische als in den torfigen Gebieten von De Rijp. Ich wurde auch dort Vereinsmeister im Barschangeln, sogar zwei Mal Verbandsmeister. Ende 1979 fragte Fred Buller erstmals bei mir an, ob ich ihn bei der Jagd nach Großhechten unterstützen könnte. Danach blieb keine Zeit mehr fürs Wettangeln. Ich hatte mich 1982 noch für die nationalen Meisterschaften im Stippen qualifiziert und holte unter 300 Teilnehmern den 3. Platz.

Das war der perfekte Augenblick, um mit dem Wettfischen aufzuhören und meine Zeit meinem großen Freund Esox lucius zu widmen. Jetzt kann ich nach ein paar Wochen mühsamen Tippens am Computer mit einem zufriedenem Gefühl aufhören. Ich hoffe, dass die Leser positiv auf meinen Artikel reagieren. Ich bedanke mich bereits vorab! Tine ruft und Kaffee mit Gebäck steht bereit, den wir zusammen genießen werden.

Jan Eggers

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