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Hegegemeinschaft Jagst schult Gewässerwarte

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Bild: Markus Hannemann
Das flache Gerinne der Jagst wurde mit Netzen abgefischt. Bild: Markus Hannemann

25 Gewässerwarte und Vereinsfunktionäre der Fisch-Hegegemeinschaft Jagst (FHGJ) waren am 18. Oktober zur jährlichen Schulung gekommen.

Bereits am frühen Morgen wurde eine Fischbestandsaufnahme mit Jungfisch-Monitoring im Gerinne der Jagst auf Höhe der Alten Kläranlage Jagsthausen im kühlen Wasser watend vorgenommen. Das Gerinne wurde vor rund zehn Jahren auf Initiative des örtlichen Fischereivereins Jagsthausen neu angelegt. Unter der Leitung des Gewässerökologen Dr. Berthold Kappus wurde eine Fischerfassung nach Art, Menge und Größe mit verschiedenen Netztypen und Maschenweiten durchgeführt.

Die Gewässerwarte erhalten so konkrete Hinweise, welche Fischarten sich selbst vermehren und einen zusätzlichen Besatz nicht brauchen, oder auch, ob weitere strukturverbessernde Maßnahmen notwendig sind.

Viele Kleinfischarten im Gerinne

Es konnten sogar Kleinfische wie der Schneider (abgeknickte Seitenlinie!) nachgewiesen werden. Bild: Markus Hannemann

Von den rund 140 gefangenen Fischen bestand der überwiegende Teil aus Jungfischen. Im Gerinne wurde Nachwuchs von sehr wertvollen Arten wie Groppe, Schneider und Elritze nachgewiesen, insgesamt neun Arten. „Die damaligen Aufwendungen waren gut investiert und weitere vergleichbare Maßnahmen sind für den Fischbestand der Jagst nicht nur besonders wertvoll, sondern grundsätzlich erforderlich“, so folgerte der Sprecher der Hegegemeinschaft, Markus Hannemann.

Die Ergebnisse zeigen, dass der Fischbestand der Jagst solche Lebensräume dringend benötigt. Denn „Probleme bereiten die zahlreichen Kormorane, die auch vor gefährdeten und geschützten Tieren nicht Halt machen und massiv die Fischbestände dezimieren“, befand Rolf Willig vom örtlichen Fischereiverein, der mit seinen Mitgliedern die FHGJ bei Zählungen des Kormoranbestands unterstützt. „Der Schlafplatz zwischen Jagsthausen und Olnhausen ist der größte an der gesamten Jagst. Zuletzt wurden im Februar hier über 130 Kormorane auf Schlafbäumen gezählt. Über den gesamten vergangenen Winter waren es im Mittel 80 Tiere, die sich über 120 Tage aufhielten und für einen immensen Schaden am Fischbestand, darunter auch einige gefährdete Arten, verantwortlich sind“, erklärte Willig weiter.

Großer Artenreichtum

25 Gewässerwarte und Vereinsfunktionäre waren zur Schulung gekommen. Bild: Markus Hannemann

Im Nebengewässer kommen auch andere Arten vor. So wurden bei der Untersuchung der Wirbellosen Krebse, Wanzen, Schnecken, Muscheln, Eintags- und Köcherfliegenlarven und seltene Käfer und vieles mehr von den Gewässerwarten mit feinmaschigen Keschern erfasst. „Die Formen belegen einen großen Artenreichtum in der Jagst“, erläuterte Schulungsleiter Dr. Kappus.

Nach dem Monitoring wurden neue Gewässerstrukturen angelegt. Unter Anleitung wurde mit bloßen Händen von den Gewässerwarten eine Buhne aus vorhandenen und nicht mehr benötigten Ufersicherungssteinen angelegt, natürlich in Abstimmung mit dem Gewässereigentümer, dem Landesbetrieb Gewässer.

Ein wichtiger Schulungspunkt war die Restaurierung von Kieslaichplätzen und deren Neuanlage. Durch hohe Schwebstoffeinträge aus der Landwirtschaft verschlammen die Kiesbänke. Rolf Grimm demonstrierte den Teilnehmern praxisnah die Auflockerung und Umschichtung der Kiesbänke. Kiesbänke sind zentrale Laichhabitate für die typischen Jagstfische wie Nase und Barbe. Besondere Funktion erhalten die Kiesbänke darüber hinaus als Lebensraum für Brut und Jungfische.

Die Fischhegegemeinschaft Jagst

Die FHGJ ist der größte Zusammenschluss mit rund 20 Fischereirechtsinhabern an Jagst und Zuflüssen in den vier Landkreisen Heilbronn, Neckar-Odenwald, Hohenlohe und Schwäbisch-Hall mit rund 2.500 Mitgliedern, darunter auch Kommunen. Die FHGJ betreibt seit 10 Jahren eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete fischereiökologische Bewirtschaftung der Gewässer durch angepassten Fischbesatz, intensive und unter fachkundiger Anleitung durchgeführte Hege- und Pflege der Gewässer in enger Abstimmung mit den Unterhaltungspflichtigen, regelmäßige Fortbildung der Funktionsträger der FHGJ und umfassenden Fischartenschutz an allen Gewässerstrecken.

Äschenschutzprojekt: Die Äsche ist im baden-württembergischen Neckarsystem und Deutschland stark gefährdet. Kormorane haben wesentlich zum Rückgang der Äsche beigetragen. Im Jahr 2010 wurde an der Jagst ein Projekt zum Schutz der Äsche begonnen. Jährlich werden ca. 10-15.000 Äschen besetzt und es besteht eine ganzjährige Schonzeit.

Nasenschutzprojekt: Die Nase ist im Neckarsystem als gefährdet eingestuft. Die Art ist ebenfalls stark vom Kormoran bedroht. 2006 und in den folgenden zwei Jahren wurden Nasen aus der Jagst abgestreift und jährlich rund 12.000 Jungnasen durch die Mitgliedsvereine besetzt. Die Nase ist an der Jagst vom Fang ausgenommen.

Hasel- und Barbenschonprojekt: Hasel und Barbe, beides typische Arten der Jagst, und auch in den Roten Listen der seltenen und gefährdeten Arten aufgeführt, zeigen seit Jahren einen rückgehenden Bestand. Die FHGJ hat sich für beide Arten über die Landesfischereiverordnung hinausgehende Schonbedingungen (Barbe: Erhöhung Mindestmaß auf 45 cm; Hasel: ganzjährige Schonung) im Rahmen von Selbstverpflichtungen auferlegt.

Neunaugenschutzprojekt: In der Seckach im Raum Adelsheim, welche im Vogelschutzgebiet liegt, kommt das Bachneunauge vor. Der örtliche Fischereiverein verbessert die Habitatsituation durch Strukturmaßnahmen.

Aalstützungsprojekt: Seit mehr als 50 Jahren setzen die Vereine entlang der Jagst auf eigene Kosten Aale als Glasaale oder als vorgestreckte Jungaale ein und leisten damit alljährlich einen wertvollen Beitrag zum Arterhalt und zum Artenschutz.

Weiter Maßnahmen: Anlage von Laichgewässern und Kinderstuben für Bitterling und andere Stillwasserarten. Anlage von Laichplätzen und Lebensräumen für strömungsliebende Arten wie Groppe, Nase, Schneider, Strömer, Barbe.

-pm-

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