Mit 20 Teilnehmer aus sechs Verbänden fand das diesjährige DAFV-Gemeinschaftsfischen für Menschen mit Behinderung am 13. und 14. Juli 2018 in der Ems bei Dörpen statt.
„Die Maden sind von Edeka“. „Wie von Edeka?“, frage ich ungläubig. Was andernorts wohl einen handfesten Lebensmittelskandal beschreiben würde, scheint hier ganz normal. Mitten in der lokalen Edeka-Filiale befindet sich eine Abteilung für Angelbedarf. In der Eingangstür beim Bäcker fällt mir sofort ein Aushang ins Auge: „Vorbereitungslehrgänge für die Fischereiprüfung“.
Wir sind zu Gast beim Landesfischereiverband Weser-Ems in Dörpen, tief im Emsland. Aus Sicht der Angler haben die Menschen hier ganz sicher das Herz am rechten Fleck. Angelkarten bekommt man hier quasi rund um die Uhr, ein 24×7 Service wie ihn wohl nur Angler mit Herz auf dem Land auf die Beine stellen. Tagsüber bei Edeka und nach Ladenschluss bis tief in die Nacht bei „Westhus“, der gemütlichen Gastwirtschaft im Ort. Der Wirt Hermann Westhus ist Vorsitzender des lokalen Angelvereins. Ein handfester Typ: nordisch, trocken, mit einem hintergründigen Humor und um keinen Spruch verlegen. Ich muss bei manchen seiner Antworten zweimal überlegen ob das jetzt ironisch oder ernst gemeint war. Aber nach ein paar Sätzen ist klar, das ist ein Angler durch und durch und ein Typ den man einfach gernhaben muss, zumindest ging es mir so. Das Westhus ist unsere Herberge für die nächsten zwei Tage. Man könnte sich wohl kaum bessere Rahmenbedingungen für die Veranstaltung wünschen.
Teilnehmer aus verschiedenen Regionen
Mit 20 Teilnehmer aus 6 Verbänden erlebt das DAFV Gemeinschaftsfischen für Menschen mit Behinderung eine breite Beteiligung. Am Freitag wurde die Angelstrecke bereits von einigen Teilnehmern erfolgreich getestet.
Bis Freitagabend trudeln dann alle Teilnehmer aus den verschiedenen Landesteilen im Westhus ein und kommen bei herrlichem Sommerwetter um 18:30 zu einem gemeinsamen Grillabend zusammen. Als Veranstalter hatte Jürgen Rosenthal, Referent für „Angeln für Menschen mit Behinderung“ zu dem Treffen geladen.
Perfekte Voraussetzungen
Nach dem Frühstück am Samstag informiert Rosenthal zusammen mit den Präsidiumskollegen Karl-Heinz Poll und Bernd Landwehr vom LV Weser-Ems die Teilnehmer über den Ablauf des Gemeinschaftsangelns. Danach werden die Plätze ausgelost und die Teilnehmer machen sich auf den Weg zur nahe gelegenen Ems. Der Angelplatz bietet gerade für Menschen mit Behinderung optimale Bedingungen. So können die Teilnehmer direkt mit dem Auto auf den eigens für die Veranstaltung gesperrten Uferweg vorfahren und ihre Angelplätz beziehen.
Das Wetter ist warm, leicht bewölkt und nicht zu heiß. Die Ems fliesst ruhig von Steinschüttungen begrenzt durch ausgedehnte Wiesen. Die Ufer sind von vereinzelten Bäumen gesäumt. Ab und zu kommt ein Lastschiff oder auch ein Freizeitboot vorbei. Die Stellen werden ausgelotet und die Montagen entsprechend vorbereitet. Um 10 Uhr ertönt der Startschuss und die ersten Maden und Würmer tauchen ab. Futterkorb oder Posenmontage mit Kopfrute sind die Wahl der Technik.
Ich bin jetzt über 80 Jahre alt…
Ich arbeite mich von Angelplatz zu Angelplatz am Ufer vor. Frage, ob ich ein paar Bilder machen darf und komme ins Gespräch. „Ich bin jetzt über 80 Jahre alt und die großen Reisen wie früher schaffe ich einfach nicht mehr. Aber solange ich kann, bin ich bei jedem Gemeinschaftsfischen dabei. Ich mag die Gemeinschaft beim Angeln. Das ist immer toll organisiert und ich treffe alte Freunde und mache jedes Mal auch neue Bekanntschaften.“. Ich erfahre woher die Angler kommen, wo sie sonst angeln, was sie alles schon erlebt haben und vielleicht auch, warum es heute nicht mehr so geht wie früher. Trotz Rollstuhl, geistiger Beeinträchtigung, Krankheit oder einfach nur dem Alter, wird mir klar: Das Angeln gibt ihnen Kraft und bietet Allen ein gutes Stück Lebensqualität.
Werner sitzt im Rollstuhl, er erzählt mir von seinem Erlebnis in Dänemark: „Ich habe mich in meinem Urlaub nach den Angelmöglichkeiten an der Küste in Dänemark informiert. Am nächsten Tag hatten die lokalen Angler mit einem Radlader an der Küste für mich eine Stelle samt Schwimmsteg gebaut. Ich konnte da mit dem Rollstuhl an der Küste aufs Wasser fahren. In Deutschland ist das mit dem Angeln oft schwierig.“.
So sieht das auch Rosenthal als Referent für „Angeln für Menschen mit Behinderung“: „Wir haben in Deutschland noch viel Luft nach oben. Die Angebote für Menschen mit Behinderung beim Angeln sind in der Breite nicht wirklich gut. Daher bieten wir zunächst zumindest einmal im Jahr unser Gemeinschaftsfischen an. Auch wenn wir diesmal trotz den Finalspielen bei der Fußball WM 6 Verbände vor Ort hatten, wünsche ich mir, dass in Zukunft noch viele Verbände und damit weitere neue Teilnehmer dazukommen. Alle die dabei waren wollen auch im kommenden Jahr wiederkommen! Ich denke die Bilder und die Berichte der Teilnehmer sprechen für sich. Für das nächste Jahr werden wir alles daransetzen mit tatkräftiger Unterstützung der Geschäftsstellen unserer Landesverbände unsere Basis noch breiter informieren und laden alle Interessierten ein mit dabei zu sein.“
Rosenthal weiter: „Dazu setzten wir uns als DAFV gegenüber der Politik mit Nachdruck für geeignete Projekte ein, die es Menschen mit Beeinträchtigungen ermöglicht in Deutschland möglichst flächendeckend angeln zu gehen. Auch dabei helfen solche Veranstaltungen, so können wir in der Praxis zeigen, dass es Bedarf gibt und welche Mehrwerte (Freude, Begeisterung und Austausch mit Gleichgesinnten) sich für die Betroffenen eröffnen“.
Fänge werden vor Ort versorgt
Am späten Vormittag werden die Teilnehmer per Elektrofahrrad mit heißer Bratwurst und kalten Getränken am Angelplatz versorgt. Auch die Fänge lassen nicht auf sich warten. Brassen, Rotaugen, Barsche, Alande und natürlich Grundeln gehen an den Haken. Die Fische werden regelmäßig abgeholt und von Bernd Landwehr vom Landesfischereiverband fachmännisch versorgt und gekühlt. Auch Heinz Grässner lässt es sich als neuer Präsident des Landesfischereiverbandes Weser-Ems nicht nehmen, sich ein Bild aus erster Hand zu machen. Der schwerste Fisch war am Ende eine Brasse mit 1.430 Gramm.
Rahmenprogramm in der Ortschaft Leer
Im Anschluss an das Angeln gibt es das Angebot unter Führung von Frau Poll die nahe gelegene Hafenstadt Leer zu besuchen. Ab 19 Uhr kommen alle noch einmal zum Abschlussabend im Westhus zusammen. Als ehemaliger Präsident ist auch Bernhard Pieper mit seiner Frau dazugekommen. Auch er richtet ein paar Worte an die Teilnehmer. Das Buffet bietet Zander, Snirtje Bratten (eine friesische Spezialität) und andere regionale Spezialitäten. Der Angeltag und andere Geschichten und Themen rund um die Angelei werden ausgetauscht. Die Veranstaltung hat ihren Namen Gemeinschaftsfischen alle Ehre gemacht. Wir freuen uns schon auf das DAFV Länderfischen am 27. und 28. Juli, welches an gleicher Stelle stattfinden wird. Einige der Teilnehmer wollen auch in zwei Wochen wieder mit dabei sein.
Schön war es …
Wir möchten uns ausdrücklich beim Landesverband Weser-Ems und auch beim ASV Dörpen für die hervorragende Organisation und die Gastfreundschaft bedanken und freuen uns euch alle und hoffentlich noch viele neue Interessenten im nächsten Jahr begrüßen zu dürfen.
Olaf Lindner, Öffentlichkeitsarbeit DAFV
-pm-