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Geiseltalsee ist „Lebendiger See des Jahres 2023“

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Abendstimmung am Geiseltalsee, dem „Lebendigen See des Jahres 2023“. Foto: H: Günzel/GNF

Der Global Nature Fund (GNF) und das Netzwerk Lebendige Seen Deutschland (NLSD) ernennen den Geiseltalsee in Sachsen-Anhalt zum „Lebendigen See des Jahres 2023“.

Die Auszeichnung wird anlässlich des Weltwassertages am heutigen 22. März verliehen und ist eine Anerkennung für die herausragenden Leistungen bei der Wiederherstellung der Natur und der Schaffung einer artenreichen Umgebung am und im See: Innerhalb von nur 30 Jahren hat sich dieser von einer lebensfeindlichen Grube inmitten einer kahlen Bergbaulandschaft zu einem natürlichen Kleinod mit einer einzigartigen Pflanzen- und Tierwelt entwickelt. Unterstützt wird die Aktion von verschiedenen Akteuren vor Ort, die ein Ziel verbindet: Der NABU, die Städte Mücheln und Braunsbedra, die Vertretungen des Tauchsports und der Saalekreis wollen den See gemeinsam für die Zukunft bewahren.

Ungewöhnliche Geschichte eines Ökosystems

Der Geiseltalsee liegt im Süden Sachsen-Anhalts, hat eine Fläche von 1.840 Hektar, ist bis zu 76 Meter tief und besitzt ein Wasservolumen von 423 Millionen Kubikmetern. Das Besondere: Der See wurde als Teil von Rekultivierungsmaßnahmen im ehemaligen Braunkohleabbaugebiet Geiseltal nordöstlich von Mücheln geschaffen und ist heute der größte künstliche See Deutschlands. Zusammen mit anderen Seen bildet er den Geiseltaler Seenkomplex. Die Flutung des Tagebaurestlochs begann im Jahr 2003 und wurde 2011 abgeschlossen.

In den drei Jahrzehnten seit Ende des Tagebaus hat das oligotrophe, also nährstoffarme Ökosystem des Sees eine außergewöhnliche Pflanzen- und Tierwelt entwickelt, die an die besonderen Bedingungen angepasst ist: Es beherbergt 11 verschiedene Armleuchteralgen, deren Bestände aufgrund der Klarheit des Wassers bis 13 Meter Tiefe reichen. Diverse Wasserinsekten und Fischarten können beobachtet werden, zudem 240 Vogelspezies, davon 108 Brutvogelarten und zahlreiche Durchzügler und Wintergäste. Tundrasaatgans, Kolbenente, Bienenfresser und Flussseeschwalbe sind nur einige der schützenswerten Vögel, die hier einen neuen Lebensraum gefunden haben. Der Wechsel zwischen Kippenwäldern, Lösssteilwänden, Gebüschen, Grünländern und Brachen, Rohböden und Röhrichten schafft einmalige Bedingungen für Pflanzen und Vögel in der neu entstandenen Bergbaufolgelandschaft.

Herausforderungen eines jungen Lebensraums

Der Geiseltalsee ist ein Naturparadies und ein beliebtes Freizeitziel für Besuchende aus der Region und darüber hinaus. Damit es auch weiter so bleiben kann, sollen die potentiellen Gefährdungen rechtzeitig erkannt, angesprochen und behandelt werden. Wie an vielen deutschen Seen nimmt auch hier die touristische Nutzung zu; der See bietet Raum und Platz für Freizeitfischerei und Wassersport, in den letzten Jahren entstanden moderne Häfen und Steganlagen.

Die Schutzgebiete des Sees bleiben nicht verschont: Störung der international bedeutsamen Rast- und Brutplätze am See kommen immer wieder vor. Der See weist eine sehr gute ökologische Qualität auf, wird allerdings immer stärker beansprucht, ohne dass bislang ausreichende Gegenmaßnahmen für mehr Natur- und Artenschutz getroffen würden – dies soll sich nun ändern. Für einen nachhaltigen Schutz bedarf es unter anderem eines ganzheitlichen Konzepts für Pflege und nachhaltige Nutzung von Lebensräumen sowie der Kontrolle der Einhaltung von naturschutzrechtlichen Bestimmungen. Als gute Basis für einen aktiven Dialog aller Akteure am See hat die Jury des NLSD beschlossen, den Geiseltalsee zum „Lebendigen See des Jahres 2023“ zu ernennen. Um das junge Ökosystem und die oligotrophe Qualität des Sees zu erhalten, ist die effiziente Zusammenarbeit zwischen den Aktiven vor Ort aus Naturschutz, Angelsport, Bootsverleihen, Tourismusverbänden und der lokalen Bevölkerung notwendig.

Gemeinsame Anstrengungen für den Lebendigen See

Viele positive Entwicklungen im Geiseltal sind auf die Aktivitäten des NABU Regionalverbands Merseburg-Querfurt e.V. zurückzuführen. „Gemeinsam mit unseren Partnern möchten wir in den kommenden Jahren ein Naturschutzprojekt in der Bergbaufolgelandschaft des Geiseltals umsetzen, das die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, das störungsfreie Naturerlebnis und Arten- und Biotopschutzmaßnahmen im Gebiet fördert“, so Martin Schulze vom NABU Regionalverband. Darüber hinaus setzt sich der Verband für die Umsetzung der EU-Vogelschutzrichtlinie am See ein und pflegt mit seinen Mitgliedern regelmäßig Steilwände als Brutplatz von Bienenfresser und Uferschwalbe sowie die Brutinseln im See.

Das Tauchzentrum Geiseltal hat in Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Sporttaucher und dem NABU-Projekt „Tauchen für den Naturschutz“ bereits 25 Fachleute im Naturschutztauchen ausgebildet, die ein jährliches Monitoring der Wasserpflanzen durchführen. So kann auch die Wissenschaft die weitere Entwicklung des Sees dokumentieren und fundiert konkrete Schutzmaßnahmen empfehlen: z.B. die Einschränkung von Freizeitaktivitäten im Bereich von Schilfgürteln und anderer besonders schutzwürdiger Zonen, um den Lebensraum für Vögel und andere Tiere zu bewahren, oder auch eine Entbuschung an Steilwänden mit weiterer nachhaltiger Nutzung im Sinne der Natur. So bleibt der See für alle Nutzenden erlebbar und langfristig schön.

„Der Geiseltalsee ist ein besonderes Beispiel für eine weitgehend gelungene Wiederherstellung von Lebensräumen nach der intensiven Nutzung durch den Menschen. Jetzt heißt es, die nachhaltige Entwicklung für das junge Naturparadies zu sichern. Die Arbeit von Initiativen, Verbänden und Kommunen muss dazu beitragen, den See weiter zu einem lebendigen und artenreichen Lebensraum zu entwickeln, der für Mensch und Natur gleichermaßen von großer Bedeutung ist“, betont Dr. Thomas Schaefer, Leiter Naturschutz & Living Lakes beim GNF. „Wir wollen mit der Wahl zum ‚Lebendigen See des Jahres‘ dazu beitragen, das Bewusstsein für die Bedeutung von Seen und Feuchtgebieten als Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten insgesamt zu stärken und den Schutz dieser wertvollen Ökosysteme zu fördern. Der Titel ist auch eine Erinnerung daran, dass wir alle eine Verantwortung für den Schutz der Natur und ihrer Artenvielfalt tragen.“

Hintergrund

Der Global Nature Fund (GNF) und das Netzwerk Lebendige Seen Deutschland (NLSD) ernennen jährlich am UN-Weltwassertag, dem 22. März, den „Lebendigen See des Jahres“. Die Auszeichnung macht auf Seen und Feuchtgebiete als wertvolle Ökosysteme und einzigartige Naturschätze aufmerksam und stellt Errungenschaften zu deren Schutz heraus. Verbunden mit Aktivitäten rund ums Jahr trägt die Aktion zur Lösung von Problemen an Seen und in Feuchtgebieten bei. Der Geiseltalsee ist der erste künstliche See, der die Auszeichnung erhält, und ein Vorbild dafür, wie die erfolgreiche Wiederherstellung von Lebensräumen den Schutz der Natur und ihrer Artenvielfalt gewährleisten kann. Netzwerk Lebendige Seen Deutschland

Das Netzwerk Lebendige Seen Deutschland wurde 2009 vom Global Nature Fund gegründet und ist an das weltweit agierende Living Lakes-Netzwerk angebunden, eine globale Plattform für die Zusammenarbeit zur dauerhaften und nachhaltigen Entwicklung von Seen mit über 130 Organisationen. Das Netzwerk Lebendige Seen Deutschland wurde 2016 als offizielles Projekt der UN-Dekade für Biologische Vielfalt ausgezeichnet.

-Pressemitteilung GNF-

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