Kein Schluß mit alten Zöpfen: Der klassische Huchenverführer hat noch lange nicht ausgedient und imitiert leckere Neunaugen. |
In der Donau und ihren Nebenflüssen regieren wieder die „kupferroten Winterkönige“. Denn die zwischenzeitlich bedrohten Bestände des Huchen haben sich erholt. Stephan Keiler lüftet die Fang-Geheimnisse um den legendären Donaulachs.
By Stephan Keiler
„Man muß den Fisch suchen, ihn beobachten“ – so lautet das Erfolgsrezept von Hans Grillenberger, einem der wenigen Huchen-Spezialisten an der oberösterreichischen Enns. Er hat das Privileg, direkt am Wasser zu wohnen, und weiß um die Gewohnheiten seines Lieblingsfisches: „Der Huchen frißt nur alle vier, fünf Tage. Ansonsten liegt er faul am Grund und verdaut. Wann und wo er frißt, läßt sich nicht mit Sicherheit voraussagen. Deshalb ist konsequentes Befischen gefragt und natürlich eine gehörige Portion Glück.“
Kein Zweifel, das Huchenfischen ist kein Zuckerschlecken, aber ein Erlebnis der Extraklasse auf eiskaltem Parkett. 1.600 Würfe rechnet man im allgemeinen für einen Biß, und das bei unwirtlichen Bedingungen: Temperaturen um den Gefrierpunkt und leichter Schneefall gelten als ideales Fangwetter. Erst wenn „Otto Normal-Angler“ sein Gerät bis zur nächsten Saison auf dem Dachboden eingemottet hat, zieht es gestandene Huchenspezis wie Hans Grillenberger ans Fischwasser.
100 Hänger ein Biß
Jeweils zwei drei Stunden vor Sonnenuntergang beginnt er die bekannten Stellen mit ausschließlich selbstgebauten Köder „abzuklopfen“. Er zupft am liebsten größere Gummifische 13 bis 18 Zentimeter an einer Spezial-Montage am Grund entlang. Jeder größere Widerstand wird mit einem kräftigen Anschlag quittiert bis sich der vermeintliche Baumstamm am Boden in Fahrt setzt…
Die Kunstfische zieht der Huchenspezi auf einen langschenkligen Einzelhaken der über einen flexiblen Draht mit dem selbstgegossenen Bleikopf verbunden ist. Vorteil: Der Hakenbogen sitzt besonders weit hinten die Fehlbißrate sinkt. Und der gelenkige Draht ermöglicht ein attraktives Köderspiel.
Damit Gummifisch und Jighead eine kompakte Einheit bilden und der Weichplastikfisch möglichst nicht verrutschen kann verbindet Grillenberger sie an der Nahtstelle zusätzlich mit etwas Superkleber.
Der Eigenbau-Köder soll kopfüber über den Grund hüpfen. Die taumelnden Bewegungen und das Aufschlagen des Bleikopfes auf dem Boden reizen den Edelfisch. Außerdem wird die Hängergefahr durch den nach oben stehenden Einzelhaken minimiert.
Kein Schluß mit alten Zöpfen
Doch damit ist das Repertoire des Spezialisten längst nicht ausgeschöpft: „Huchen sind ziemlich gewieft und merken sich den Köder auf den sie als Jungfisch einmal hereingefallen sind. Kann sein daß beispielsweise der Gummifisch dann gar nicht mehr geht. Da hilft nur noch ein Wechsel.“
Ein toter Köderfisch vornehmlich eine große Mühlkoppe oder ein junger Aal und der obligatorische Huchen-Zopf aus Gummi Leder oder Twistern vervollständigen Grillenbergers Lieblingsköder-Trio. Der Zopf soll ein Bündel laichender heute allerdings eher seltener Neunaugen imitieren. Andere Experten schwören außer dem auf Blinker oder Spinner. Vor allem massive Perlmutt-Ausführungen 70-Gramm-Wallerblinker oder Bucktail-Spinner versprechen Erfolg.
Immer vorausgesetzt man verhält sich umsichtig am Fischwasser. Vorsicht und Ruhe sind bei der Pirsch angesagt um den sehr sensiblen Fisch nicht zu vergrämen. Im Unterschied zum herkömmlichen Spinnfischen sucht man bei der Huchenpirsch eine größere Fläche nicht systematisch ab sondern es werden verdächtige Spots immer und immer wieder „beharkt“.
Bewährt haben sich Pilk- und Waller-Steckruten zwischen 240 und 270 Meter Länge. Sie vertragen ein entsprechendes Wurfgewicht und weisen das nötige Rückgrat auf. Deutlich teurer aber für eingefleischte Huchenfans absolut empfehlenswert sind Spezialruten.
Die Stationärrolle sollte rund 200 Meter 050er Sehne fassen. Ob monofile oder geflochtene Schnur besser geeignet ist wird an den AnglerStammtischen heiß diskutiert.
Disput über den Schnurtyp
Die Geflochtene – sie sollte nicht zu dunkel gewählt werden – besitzt zwar bei dünnerem Durchmesser eine höhere Tragkraft und bei weitem bessere Wurfeigenschaften kann jedoch bei frostigen Temperaturen gefrieren. Und: Die fehlende Dehnung ermöglicht zwar ein traumhaft direktes Ködergefühl führt aber zuweilen zu Drillaussteigern.
Das relativ dicke Monofil dagegen reduziert die Wurfweiten ganz erheblich und erschwert die Köderführung da es dem Strömungsdruck eine größere Angriffsfläche bietet. Und dies ist ein ganz entscheidender Minuspunkt denn erst das aufreizende Köderspiel am Gewässergrund macht tolle Huchenfänge möglich.
So fangen „Geflecht-Fans“ wie der Spezialist Manfred Kleinhagauer vielleicht ein wenig besser – auch wenn ihr Adrenalinspiegel nach einem ausgeschlitzten Fisch in bedenkliche Höhen schnellt. „Und die Gefahr des Gefrierens der Schnur ist im Grunde keine“ so seine Ansicht. „Denn bei knackigen Minusgraden geht eh nichts.“
Der Köder wird am Karabiner – vorzugsweise mit Kugellager – direkt an der Hauptschnur eingehängt; ein Vorfach aus Stahl oder Kevlar ist überflüssig.
Jeder Widerstand beim Einkurbeln muß mit einem heftigen Anschlag quittiert werden. Denn der knöcherne Kiefer kann auch mit den obligaten chemisch geschärften Haken nicht so leicht durchdrungen werden. Manch Eingeweihter berichtet von vermeintlichen Baumstämmen am Boden die plötzlich flußabwärts zogen und sich als Fische entpuppten.
Beste Fischwaid mitten im Winter
Die beste Huchenzeit liegt im Dezember und Januar. Die Saison in Oberösterreich beginnt am 1. November und läuft bis zum 15. Februar. Schneefall leicht angetrübtes Wasser und ansteigende Temperaturen bis um den Gefrierpunkt sind ideale Voraussetzungen.
Die Stunden vor Sonnenuntergang und die Dämmerung scheinen die beste Zeit; falls erlaubt läßt auch die Zeit vor Mitternacht einiges erwarten. Manfred Kleinhagauer garantiert raubende Huchen unter anderem drei Tage vor und nach Vollmond.
„Läuft“ der Donaulachs hält es den Spezialisten kaum noch zu Hause. Mit 13 Zentimeter langen Gummifischen – vorzugsweise in Perlmutt – sucht er dann mit der Strömung den Grund ab. Alternativ wedelt ein Zopf aus Gummi Elchleder oder Streifen einer Schweineschwarte beim Heranführen stromauf gegen die Strömung. Beißt nichts kommen ein Aitel Döbel am Bleikopfsystem eine 15 Zentimeter lange Koppe oder Spezial-Wobbler zum Einsatz.
Kapitale Forellen als Beifang
Der Erfolg gibt Manfred Kleinhagauer recht: Zehn Huchen in der vergangenen Saison, davon einer mit 20 Kilogramm aus der Enns bei Garsten, sprechen eine deutliche Sprache. Beifänge von kapitalen See- oder Bachforellen trösten ihn über einen huchenlosen Tag hinweg.
Wo genau große Huchen stehen, verraten die Experten selbstverständlich nicht. Vielleicht aber erklärt sich trotz aller Geheimniskrämerei ein Profi bereit, Sie mit ans Wasser zu nehmen. Das hilft weiter als das schlaueste Buch.
Der Bestand jedenfalls ist dank verbesserter Wasserqualität, Besatzmaßnahmen und eines hohen Schonmaßes stark angewachsen. Die Chancen, einen dieser Königsfische zu überlisten, standen schon lange nicht mehr so gut.
Foto: Verfasser