Dröhnender Verkehrslärm, aufgeregt flackernde Leuchtreklamen – doch wer hätte es gedacht, mitten in der pulsierenden Megacity tummeln sich Bachforellen.
Im letzten Jahr konnte ein Fliegenfischer die erste Londoner Forelle seit 70 Jahren fangen. Auf Fliege war es sogar die erste Großstadt-Forelle seit über 100 Jahren. Die zweieinhalb Pfund schwere Bachforelle biss im Flüsschen Wandle auf dem Gelände eines LKW-Depots. Londons Angler freuen sich: Jetzt gehen die empfindlichen Salmoniden regelmäßig im Stadt-Gewühl an den Haken.
Der Angel-Erfolg ist Londons Naturschützern zu verdanken: Noch vor 25 Jahren quälte sich das Bächlein Wandle in einer leblosen Beton-Rinne durch Industrie-Gebiete und Häuser-Schluchten. Durch aufwändige Renaturierungs-Maßnahmen blüht jetzt wieder das Leben im Bach: Neben Forellen tummeln sich Häslinge, Rotaugen, Döbel und Barben in dem Fließgewässer in der Mitte Londons.
Unrat mit Zusatznutzen
Leider wird der Wandle immer noch von vielen als Abfallgrube benutzt. Aber das macht den Fischen wenig aus – die größten Forellen stehen im Strömungsschatten von entsorgten Supermarkt-Einkaufswagen.
„Ich bin sicher dass die Supermarkt-Trolleys irgendwann zu den einheimischen Arten im Wandle gehören vielleicht pflanzen sie sich sogar fort!“ amüsierte sich der Londoner Angel-Guide Alan Suttie. Gegenüber Journalisten der Zeitung „Independent“ witzelte er: „Vielleicht werden in ferner Zukunft sogar Lachse aufsteigen!“
Glorreiche Vergangenheit
Der Wandle war schon einmal berühmt für seine Forellen: Vor der Industrialisierung im 19. Jahrhundert fischten berühmte Fliegenfischer wie der Angel-Schriftsteller Frederick Halford regelmäßig an dem Londoner Top-Gewässer. Leider machten Färbereien und Leder-Gerbereien in der Folgezeit aus dem Forellen-Bach eine stinkende und lebensfeindliche Kloake.
-tk-