Heute veröffentlicht die weltweit größte Meeresschutz-Organisation „Oceana“ mit Sitz in Brüssel einen Bericht, um auf den Zustand der am stärksten dezimierten Fischbestände im Nordostatlantik aufmerksam zu machen.
Der Bericht fordert die EU und das Vereinigte Königreich dringend auf, Maßnahmen zu ergreifen, damit sich diese Bestände über ein gesundes Maß hinaus erholen können, indem sie Fangbeschränkungen für 2023 beschließen, die wissenschaftlichen Empfehlungen und bestehenden nationalen und internationalen Verpflichtungserklärungen entsprechen.
Fortpflanzung beeinträchtigt
In dem Bericht werden 25 Fischbestände von 12 Arten (Sardelle, Blauleng, Dorsch, Aal, Hering, Stöcker, Kaisergranat, Granatbarsch, Tiefenrotbarsch, Sandaal, Sardine und Wittling) genannt, von denen bekannt ist, dass sie im Nordostatlantik – von der Ostsee bis westlich von Schottland und von der Barentssee bis zu den iberischen Gewässern – zumindest in einem Bestand erschöpft sind. Diese Fischbestände wurden so stark reduziert, dass auch ihre Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigt ist, so dass sie vom Verschwinden bedroht sind. Bei Fischarten wie Hering, Stöcker, Kaisergranat und Wittling befindet sich mindestens ein Bestand in diesem besorgniserregenden Zustand. Extremfall ist jedoch der Dorsch mit der höchsten Anzahl erschöpfter Bestände (neun) in der gesamten Region.
Geschwächte Widerstandsfähigkeit
Vera Coelho, Senior Director Advocacy bei Oceana in Europa, sagt: „Die Entscheidungsträger in der EU und im Vereinigten Königreich scheinen ein Management der erschöpften Fischpopulationen aufgegeben zu haben. Die Erholung dieser stark überfischten Bestände erfordert große Anstrengungen, und politische Maßnahmen sind heute dringender denn je, nicht nur wegen des schlechten Zustands der erschöpften Bestände, sondern auch wegen ihrer geschwächten Widerstandsfähigkeit gegenüber anthropogenen Einflüssen wie der Zerstörung von Lebensräumen und dem Klimawandel.“
Britischer Dorsch vor dem Zusammenbruch
Hugo Tagholm, geschäftsführender Direktor von Oceana in Großbritannien, fügt hinzu: „Die Überfischung treibt die Dezimierung der klassischen Fischarten und Populationen im gesamten Nordostatlantik weiter voran. In unserem Bericht wurde festgestellt, dass 7 von 10 der am stärksten erschöpften Fischbestände im Nordostatlantik in britischen Gewässern liegen. Großbritanniens geliebter Dorsch steht vor dem Zusammenbruch seiner Population, wenn nicht schnellstens Maßnahmen zur Befolgung der wissenschaftlichen Empfehlungen ergriffen werden, damit sich die Populationen erholen und wieder gedeihen können. Unsere Meere werden sich erst erholen, wenn sich die Länder zusammentun und unter Beachtung nachhaltiger Grenzmengen fischen, Lebensräume im Meer schützen und verhindern, dass große Trawler und industrielle Fischmethoden den lokalen Fischfang verdrängen und zerstören.“
Beifang wird illegal zurückgeworfen
Die meisten der 25 im Oceana-Bericht genannten erschöpften Fischbestände gehen üblicherweise zusammen mit anderen Arten in Mischfängen ins Netz. Betriebswirtschaftliche Entscheidungen tendieren dazu, dass vorrangig die produktivsten Bestände gefangen werden. Dies führt zu Beifang von Beständen, die sowieso schon sehr gering bzw. am stärksten gefährdet sind, und zwar in einem Umfang, der eine Erholung dieser Bestände unmöglich macht. Darüber hinaus werden weiterhin illegal Fische zurückgeworfen – trotz der Verpflichtung, alle gefangenen Fische an Bord zu behalten und auf die Quoten anzurechnen. Dies bedeutet, dass die tatsächliche Fangmenge bei erschöpften Beständen weit über den wissenschaftlichen Empfehlungen für eine Erholung liegt. In den meisten Fällen empfiehlt der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) aufgrund des besorgniserregenden Zustands der Bestände, den Fang stark einzuschränken oder komplett auszusetzen.
-Pressemitteilung Oceana-