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Bis zum Ellenbogen im Hintern

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Bis zum Ellenbogen im Hintern

01.06.2016 18:02 von Matze Koch

Bis zum Ellenbogen im Hintern

Meine Angelberichte schrieb ich früher sogar direkt am Wasser – vorausgesetzt ich hatte nicht weit zu laufen

Kollege Bernd Brink hat auch spaßige Erlebnisse beim Angeln zu berichten – nicht ganz ohne Eigennutz

 

Ein Tagebucheintrag von vor zwei Jahren:

 

„Pünktlich, vier Tage vor meinem ersten Ansitz, gehen die Temperaturen zurück. Tageshöchstwerte unter zehn Grad gepaart mit Regen und Hagelschauern. Am Montag liegt die Wassertemperatur in 2m nur noch bei 11,5 Grad. Als ich am Gründonnerstag ans Wasser komme ist die Temperatur auf 10,6 Grad gefallen. Schlechte Bedingungen! Ich bin unschlüssig, wo ich die erste Nacht verbringen soll. Letztendlich entscheide ich mich für die Bucht am Strand. Ich spekuliere darauf, dass morgen die Sonne scheint und die Karpfen hier die wärmenden Strahlen genießen.

 

 

…vier Tage vor meinem ersten Ansitz, gehen die Temperaturen zurück

 

 

Mit der Dunkelheit setzt Regen ein, meine Hoffnung auf Sonne am Morgen schwindet und ich krieche gegen 22 Uhr hundemüde in den Schlafsack. Um 6 Uhr meldet sich der Bissanzeiger der Schilfnasen-Rute. Fünf Blässhühner stehen über meinem Hakenköder. Im klaren Wasser konnte ich gut kontrollieren, dass meine vorgefütterten Boilies immer alle gefressen wurden. Wie befürchtet sind die Vögel dafür mitverantwortlich. Zwei Stunden später meldet sich die mittlere Rute, auch hier sind Blässis die Verantwortlichen. Es sind keine 10 Grad und immer wieder schauert es. Meine Sonnenspekulationen gehen nicht auf. Das Gegenteil ist der Fall. Sogar der Wind weht ans andere Ende des Sees.

 

 

 

Mit der Dunkelheit setzt Regen ein, meine Hoffnung auf Sonne am Morgen schwindet

 

 

Peter, der hier letztes Jahr gefischt hat, wurde vom Kioskpächter vom Strand verwiesen. Man dürfe dort nicht angeln. Im Angelschein steht dazu nichts. Bei der Kartenausgabe habe ich deshalb gezielt nachgefragt. Der im Vorstand aktive Kartenausgeber hat mir daraufhin sogar erzählt, wie er dort während des Badebetriebs Aale gefangen hat.

 

 

 

Plötzlich steht der Kioskpächter vor mir und will mich mit gleicher Begründung vom Strand schicken. „Das ist nicht richtig!“ antworte ich dem grau bärtigen Herrn. „Nur das Südufer, angeln darf man nur am Südufer“, stammelt er etwas hektisch. Ich erkläre ihm, dass ich extra nachgefragt habe. Ich würde das aber nach dem Angeln nochmal klären. Spätestens nachdem ich mich nach seinem Namen erkundige, merkt er, dass er mich so schnell nicht loswird.

 

 

 

In einer anderen Sache hat er aber Recht, mein Wagen steht vor der Rettungswagenzufahrt. Die aber nicht als solche gekennzeichnet ist. In dem Punkt stimme ich ihm natürlich völlig zu und laufe mit ihm zurück, um mein Auto umzuparken.

 

Wo man parken darf und wo nicht, ist leider nicht ganz eindeutig

 

 

Ich verwickle ihn in ein Gespräch und reiche ihm sogar die Hand, um zu zeigen, was für ein netter Kerl ich bin. Mein alter Chef sagte immer: „Wer kuscheln will, muss freundlich sein!“

 

 

 

Erst eine Stunde ist vergangen und es meldet sich die linke Rute. Die Spitze schlägt aus. Ich schlage an und nach kurzem Drill landet ein riesen Aland im Kescher. Fast 5,5 Pfund bringt der goldige Fisch auf die Waage. Nicht nur die Karpfen scheinen in diesem dünn besetzten See gut abzuwachsen.

 

Fast 5,5 Pfund bringt der goldige Fisch auf die Waage

 

Die Nacht ist klar und kalt. Als ich morgens aufwache, haben wir genau das Wetter auf das ich am Freitag gehofft hatte: Strahlender Sonnenschein und sogar der Wind hat um 180 Grad gedreht und weht in die Strandbucht. Für einen Platzwechsel ist es zu spät. Ich packe meine Sachen und stelle verärgert fest, dass die Rute, die den Aland gebracht hat, also zumindest auf einem „fischigen“ Platz lag, chancenlos war. Das 2cm lange Haar hat sich um den Polyleader gewickelt. 10m musste ich nur werfen. Das hat man davon, wenn man auf „Anti-Tangle-Maßnahmen“ verzichtet.

 

 

 

Ich packe meine Sachen ins Auto und laufe zum Kiosk. Ich möchte mich noch weiter beim Kioskpächter einschleimen. Aufgrund des Hinweiszettels „Bitte schellen, ich bin auf dem Campingplatz“, drücke ich den Klingelknopf. Ich warte ein paar Minuten, ich will ja nicht drängeln. Doch niemand kommt. Ich drücke ein zweites Mal. Dann höre ich die Spülung vom Herrenklo. Derjenige hatte wohl eine längere Sitzung oder er war dort eingeschlafen. Als die Tür aufgeht kommt ein Hundewelpe heraus, etwas später ein Camper, der sich offensichtlich nur in Zeitlupe bewegen kann. Der ungepflegte Mittfünfziger hat die gleiche Frisur wie „das Tier“ aus der Muppet Show. Seinen grauen Pullover hat er offensichtlich aus der Mutter des Hundewelpen genäht. „Ist Helmut überhaupt da? Sein Wagen ist ja auch nicht da. Mal gucken was er für ein Schild hängen hat“, sagt er mit monotoner Stimme. Ich bin erstaunt, dass er überhaupt sprechen kann. Er zeigt auf ein Schild: Mittagspause von 13-15 Uhr. Es ist 12.45 Uhr. Dann wir er wohl in der Mittagspause sein. Scheiße, ich kann meinen schönen Plan nicht ausführen.

 

 

 

Als ich später beim Kiosk vorbeikomme, sehe ich, wie sich jemand ein Eis kauft. Schnell bringe ich meinen Futtereimer ins Auto und gehe zum Kiosk. Ich möchte mich nicht nur weiter einschleimen, sondern mich als potenziellen Kunden darstellen. Während der Kioskpächter die Fritteuse auf Temperatur bringt, schwärme ich ihm von dem Luxus vor, beim Angeln was vernünftiges Essen zu können. Bis die Pommes endlich fertig sind, muss ich zehn Minuten die Stimmung halten. Ich versichere ihm immer wieder, dass er sich keine Sorgen machen muss, dass ich die Badegäste störe oder meinen Müll liegen lassen. Dabei krieche ich ihm soweit in den Hintern, dass ich mich vor mir selber ekel und aufpassen muss, nicht auf meiner Schleimspur auszurutschen. Aber es funktioniert. „Eigentlich bin ich ja nur runter gekommen, weil Ihr Wagen falsch geparkt war.“ Vom Angelverbot ist keine Rede mehr. Zuletzt sind wir soweit, dass wir zwei die besten Menschen der Welt sind, aber wir es wohl nicht schaffen werden den Rest zu ändern!

 

 

 

Trotzdem fahre ich nach dem Verzehr meiner Pommes beim Angelscheinausgeber vorbei und frage nochmal, ob es Bereiche gibt, wo man nicht angeln darf. „Nein, wie kommst Du denn darauf?“ „Der Kioskpächter meinte man dürfe nur am Südufer fischen.“ „Der hat mit dem Angeln doch gar nichts zu tun.“ „Den kannst Du auch gerne hier vorbeischicken“, ruft seine Frau ins Gespräch.

 

 

 

Gut, das habe ich geklärt. Nur eins ärgert mich: 3,20 Euro für die Pommes und Cola bezahlt zu haben.

 

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