Im letzten Teil seiner Serie berichtet Hechtpapst Jan Eggers, wie er zum selbstständigen Angel-Journalisten und Guide wurde. Er hat es nie bereut, sein Hobby zum Beruf zu machen.
Alles hat ein Ende, auch meine Artikelserie über Begegnungen mit Menschen, Firmen und Ländern – und nicht zu vergessen mit meinem Freund Esox. Eben habe ich die bisherigen 19 Teile noch einmal quergelesen. Ich komme zu dem Schluss, dass ich doch recht viele nette und besondere Menschen aus der Angelsportwelt getroffen habe. Ich kann vollmundig behaupten, dass ich mein Leben als freier Angelsport-Journalist voll und ganz genossen habe! Im 19. Teil habe ich schon davon berichtet, mit welchen Personen ich in den Niederlanden, vor allem in den Poldern rund um meinen Wohnort Bovenkarspel, gefischt habe.
Von nahrungsarmen Veenpoldern und nahrungsreichen Kleipoldern
Die ersten 27 Jahre meines Lebens wohnte und fischte ich in dem historischen Dorf De Rijp, das mitten im Naturschutzgebiet De Eilandspolder liegt. Hier zwischen den grünen Wiesen, den hunderten schilfgesäumten Gräben und kleinen Seen lernte ich fischen, vor allem auf Raubfisch. Ich wurde sieben Mal Vereinsmeister des örtlichen Angelclubs “De Hengelaar”, der jetzt seit 107 Jahren besteht, von denen ich 66 Jahre Mitglied gewesen bin.
Kurz nach meinem Umzug nach Bovenkarspel im Jahr 1971 fing ich direkt neben meinem Haus meinen ersten Hecht im Polder “Het Grootslag”. Eine vollschlanke Hechtdame von 88 Zentimetern, die sich ordentlich wehrte. Es sollten noch viele Hechte von diesem Format und natürlich auch größere folgen.
Mein Vater war vor allem interessiert an großen Barschen über 35 Zentimeter, die er hier mit Kunstködern, lebenden Köderfischchen und auch Würmern fangen konnte. Er fischte am liebsten vom Boot aus, denn Laufen in den Poldern mit seinen angegriffenen Lungen war mühselig. Er hatte Flugangst, aber in einem passenden Augenblick akzeptierte er meine Einladung, zusammen eine Woche in Irland zu fischen. Leider kollidierten kurz vor unserer Reise zwei Flugzeuge auf Teneriffa miteinander, es gab in der Folge viele Tote und einen kurzen Telefonanruf: “Ich komme nicht mit, Papa.”
Schon verrückt, ich war der einzige in meiner Familie der angelte. Zum Glück konnte ich meinen Vater, Jan Eggers Senior, davon überzeugen, mit mir auf Hechtjagd zu gehen. Er kam auf den Geschmack und ich habe gute Erinnerungen an unsere gemeinsamen Angeltage. Wir fingen jede Menge Raubfische, auch schöne Hechte, aber nur selten die richtig großen Exemplare.
Damals wusste ich noch nicht, dass Fische im sauren Wasser der Veenpolder (veen = Moor/Torf) nicht so groß und schnell wachsen, wie im kalkreichen Wasser der Kleipolder (klei = Lehm/Ton).
Jan Eggers (links) mit seinem Vater Jan Senior bei den ersten Gehversuchen mit der Fliegenrute.
Die ersten 15 Jahre im meiner neuen Region West-Friesland mit den vielen Kleipoldern habe ich vor allem gebraucht, um gute Gewässer und Angelstellen auszukundschaften. Das war besonders gut möglich, weil gerade eine große Flurbereinigung durchgeführt wurde. Aus den gerade eben mit Booten und flachen Kähnen befahrbaren Poldergräben wurden richtige Wasserstraßen mit neuen Uferwegen, über die Bauern mit Traktoren ihr zu bewirtschaftendes Land besser erreichen konnten. Es entstanden neue Gräben auf Niedrigwasser-Höhe. Ich fand das alles sehr interessant und lernte mein Angelgebiet so sehr gut kennen.
Mehr oder weniger automatisch wurde ich Angelguide
Als ich in der Mitte der 1980er Jahre für immer mehr Zeitschriften über das Kunstköderangeln in meinen Poldern schrieb, erhielt ich immer mehr Anfragen zu den Angelgewässern, den richtigen Lizenzen, den fängigsten Ködern und auch zu Übernachtungsmöglichkeiten. Jeder bekam natürlich eine anständige Antwort. In jeder Raubfischsaison kamen immer mehr Guiding-Anfragen von Gästen. Die häufigste Frage der Gastangler war diese: Hier gibt es viel zu viel Wasser, wir wissen nicht, wo wir beginnen sollen! Meistens waren sie dann sehr erstaunt, als ich sie zu kleinen, 2-3 Meter breiten Gräben führte, die kaum 40-80 Zentimeter tief waren. Noch erstaunter guckten die Gäste, als in diesen Gewässern Hecht von 85-110 Zentimeter gefangen wurden. Da hatte ich doppelten Spaß!
Anfang der 1990er Jahre bekam ich einen Anruf von Jan van Vliet, der bei Onderdijk-Medemblik einen Bungalowpark mit dem Namen “De Vlietlanden” gestartet hatte. Er fragte mich, ob ich das Projekt mit Werbung in Angelzeitschriften und dem Guiding von Gastanglern unterstützen wolle.
Wir wurden uns sehr schnell einig und ich habe ungefähr 25 Jahre diese “Arbeit” mit viel Freude geleistet. Ich habe viele bekannte und unbekannte Angler hier zum Fisch geführt.
Kapitaler Zander aus einem winzigen „Micky Maus“-Graben.
Hechtseminare und Videodrehs
Als Chefredakteur der Zeitschrift “De Visser” hatte ich großen Einfluss auf die Auswahl der Artikel. Natürlich berichtete ich selbst über meine Angelabenteuer in dieser Region, selbstverständlich versorgten mich Piet Driessen, Henk Simonsz, Steef Meijers, Kees Ketting und sogar der gute alte Jan Schreiner mit Beiträgen. Anfangs waren es vor allem die niederländischen Angelzeitschriften, die Interesse an “De Vlietlanden” zeigten. Durch das schnelle Wachstum des Parks, aus geplanten 40 Häusern wurden schnell 275, wurde die Werbung auf Deutschland, Italien, Skandinavien, die Schweiz und England ausgeweitet. Die Redaktionen der Angelzeitschriften dieser Länder wurden eingeladen und so entstanden auch die erfolgreichen Hechtseminare, wurden Angelfilme gedreht – die Zahl der Gäste stieg explosionsartig.
Ich kann das mit harten Zahlen untermauern: Als ich als Berater dieses Parks begann, hatte der lokale Angelclub “Willem Barendsz”, die den Vispas ausstellen musste, so ungefähr 40 Mitglieder. Schnell übernahm ich auch dort Verantwortung und wurde zum Geschäftsführer des Angelvereins. Als ich 2017 in Rente ging, hatte der Club ungefähr 1.500 Mitglieder. Weil die Angelbestimmungen in den Niederlanden sich von denen in Deutschland stark unterscheiden, vor allem was Catch & Release und die Raubfisch-Schonzeit betrifft, erhielt und erhält jeder Gastangler bei seiner Ankunft eine Broschüre in seiner Heimatsprache. Das lässt Probleme erst gar nicht entstehen.
Bekannte Namen und spannende Geschichten
Ich unterstelle einmal, dass es für die Leser dieser Serie interessanter ist, zu erfahren, mit welchen Mitarbeitern von FISCH & FANG und DER RAUBFISCH ich schöne Angeltage in meiner Region erlebt habe, als mit Andrey Golovanov vom Rybolov- oder Stanko Popovic vom Ribolovacki-Magazin.
Anfang 1980 schrieb ich meinen ersten Brief an die FISCH & FANG z. Hd. Herrn Georg Peinemann. Viele Briefe und Telefonate über unser Hobby, vor allem über Großhechte für die Liste von Fred Buller sollten folgen, aber wir haben nie miteinander gefischt. Zusammen angeln sollte ich erst mit seinem Nachfolger Wolfgang Düver, aber das wurde nicht wirklich ein Erfolg. Meiner Meinung nach waren seine Nachfolger Thomas Wendt, Frerk Petersen, und Henning Stühring viel bessere Angler aus der Praxis, selbstredend auch die Redakteure Frank Brodrecht, Manfred Lüer, Dustin Schöne und natürlich mein guter Freund Thomas Kalweit.
FISCH & FANG-Chefredakteur Henning Stühring mit dickem Polder-Zander.
Ich erinnere mich noch gut daran, als Thomas Wendt einen dicken Hecht fing, von dem Manfred Lüer ein paar Fotos schießen sollte. Später kam heraus, dass er gar keinen Film in der Kamera hatte… Manfred fragte mich ständig, wo die guten Zanderstellen zu finden sind, denn diese Fischart wollte er immer gerne fangen und für die Küche mitnehmen. Tja, als dann Henning Stühring seinen Rekord-Zander von um die 85 Zentimeter fing, löcherte mich Manfred noch mehr mit seinen Fragen.
Viel Spaß habe ich auch erlebt beim Fischen und Filmen mit Dustin Schöne. Wir machten meistens eine Art Wettkampf daraus und ich finde, dass Dustin wirklich ein sehr guter Angler ist. Für die DVDs von FISCH & FANG haben wir auch einige Aufnahmen auf meinem Hausgewässer abgedreht. Ich denke da ans Speedtrolling mit Thomas Kalweit und ans Fischen mit Jerkbaits im Winter zusammen mit Jürgen Haese. Ich persönlich finde an den Aufnahmen am besten, dass nichts inszeniert wurde und alles zu 100 Prozent der Wirklichkeit entspricht. Weil ich auch schon mit anderen Produzenten wie Discovery, Vis-Visie und Seasons Videos und DVDs gemacht habe, weiß ich, dass da aus Zeitmangel mit nicht mehr ganz lebendigen Fischen Aufnahmen gestellt werden. Aber der Zweck heiligt die Mittel.
Ich kann noch viel mehr bekannte schreibende Gäste aufführen, wie Hansjörg Dietiker, Karl Koch, Peter Sauer, Joachim Eilts, Rolf Schwarzer, Dietmar Isaiasch, Uwe Pinnau, Uli Beyer, Matthias Fuhrmann und Michael Werner. Sie haben alle auf ihrem Gebiet mitgeholfen, meine Heimatregion auf Angelsportgebiet populär zu machen, und da bedanke ich mich sehr dafür.
Aus Gastanglern wurden gute Freunde
Ich erinnere mich gerne an die Zeit vor 30 Jahren, als ich mit ordentlichem Tempo an den schrägen Ufern mit meiner Spinnrute auf der Suche nach Freund Esox unterwegs war oder auch schleppend von meinem leichten Boot aus viele Kilometer meinen Kunstköder im Schraubenwasser angeboten habe. Zurückblickend sehe ich vor allem die zufriedenen und auch freudig erstaunten Gesichter der Gastangler, wenn sie in den winzigen “Micky Maus”-Gräben direkt hinter dem schnell fahrenden Boot manchmal ihren ersten, manchmal ihren größten Hecht, einige Male auch einen Meterhecht fangen konnten. Die Reaktionen gaben mir ein sehr gutes Gefühl und es kam eines zum anderen. Zufriedene Gäste, die immer wieder zurückkommen, sind die beste Reklame. Sie bescheren mir heute als Pensionär mit einigen medizinischen Einschränkungen immer noch schöne Tage.
Einer der ersten Angler, der 1993 nach einem Bericht in der FISCH & FANG Kontakt mit mir aufnahm, war der Apotheker Jo Breker aus Bochum. Er fragte, ob ich ihm im VNK-Polder (Vier Noorder Koggen) als Angelguide zur Verfügung stehen würde. Wir verstanden uns auf Anhieb und ich fand es vor allem interessant, seinem Sohn Andreas, genannt Andy, die Kunst des Kunstköderangelns zu lehren. Wir sind nun 25 Jahre weiter, Andy kann mir jetzt selbst Lehrstunden geben über das erfolgreiche Hechtangeln auf Großgewässern. Vater Jo genießt mit seiner Frau seinen Ruhestand in einem Haus, dass er in der Anlage „De Vlietlanden“ gekauft hat. Regelmäßig ruft mich Jo an, wenn er wieder einen schönen Hecht direkt hinter seinem Haus gefangen hat. Ein anderer treuer Gast, der leider in 2017 verstorben ist, war Architekt Gerhard Morlock aus Jockgrim bei Karlsruhe. Wir haben zusammen so ziemlich alle Gräben im Gebiet zwischen Hoorn, Medemblik und Enkhuizen abgeschleppt. Nach dem Angeln haben wir immer einen Backfisch an der Fischbude gegessen, das war dann immer doppelter Fischgenuss!
Naturgenuss, die Spannung während des Drills und beim Landen des Hechtes oder Zanders lockte auch die Dame aus Belgien, die im Sommer 1997 auf Rat ihres Arztes nach „De Vlietlande“n kam. Wenn ich ihren offiziellen Namen nenne, Frau M. Deckers, dann wird das wenigen Lesern etwas sagen. Ihr ursprünglicher Mädchenname war aber Martine Leysen und der ist bei vielen Hechtanglern bekannt, weil sie oft mein Fotomodell war. Ich habe ihr alle Techniken der Kunst des Hechtangelns beigebracht und sie war ein vorbildlicher Lehrling. Sie kam durch das Fischen mit den Problemen einer Witwe mit drei heranwachsenden Kindern besser zurecht.
Martine Leysen erwischte diesen Meterfisch mitten im Dorf De Goorn.
Wenn ich alle Anekdoten, witzigen Vorfälle und spannenden Momente mit großen Fischen, die ich mit Martine erlebt habe, aufführen müsste, dann würde ein sehr interessantes Buch daraus entstehen. Hier nur ein kleines Beispiel: Sie lernte das Hechtangeln ursprünglich mit lebendem Köderfisch, das wurde dann leider verboten. Deshalb wechselte sie zum Kunstköderangeln. Sie fischte mit einem Spinner und ich sah wie ein Hecht dem Köder folgte. Zu meinem Erstaunen hörte sie mit dem Einkurbeln auf. “Was machst Du da?” fragte ich sie. “Ich stoppe, dann kann der Hecht den Spinner besser packen”, war die Antwort, auf die ich nichts mehr sagen konnte. 2018 kam Martine wieder mit der ganzen Familie und Enkeln nach „De Vlietlanden“, sie genießt den Aufenthalt noch immer sehr.
Als letzten treuen Gastangler will ich Klaus Popma mit seinen Söhnen und Enkeln aus dem Ruhrgebiet erwähnen. Klaus war nach meiner Erinnerung beim ersten FISCH & FANG-Hechtseminar mit dabei und kommt seither jedes Jahr im Oktober mit seiner Familie und im November mit seinem Angelfreund Bernd. Er sagt stets Bescheid, wenn er kommt, dann trinken wir Kaffee, quatschen über die gute alte Zeit und ich versuche immer noch ein Stündchen mit zu fischen.
Noch immer fragen Leser an, ob sie sie guiden kann. Leider ist die Antwort nein. Ich bin inzwischen 75 und nicht mehr der Jüngste. Zudem halten mich körperliche Gebrechen wie Diabetes Typ 2 und Parkinson vom Fischen ab. Zum Glück habe ich keine Probleme mit dem Schreiben von Artikeln. Für Vorschläge und neue Themen bedanke ich mich im Voraus. Schlussendlich möchte ich mich bei allen Menschen bedanken, die an dieser 20-teiligen Serie in meiner Erinnerungen mitgeholfen haben. Es hat mir viel Freude bereitet, besten Dank!!!
Jan Eggers