Jan Eggers berichtet diesmal in seiner Serie über die französisch-amerikanische Firma Mepps, der er viel zu verdanken hat.
Von Jan Eggers
Im letzten Teil meiner Serie hatte ich bereits erwähnt, dass ich darüber berichten werde, wie ich zusammen mit dem Manager des Spinner-Fabrikanten Mepps und dem heutigen Eigentümer Mike Sheldon in den USA, Kanada und den Niederlanden gefischt habe. Auch hier war ein einfacher handgeschriebener Brief der Beginn einer jahrelangen Freundschaft.
Kontakt mit einer nicht existierenden Person
Die allerersten Raubfische, die ich mit Kunstködern fing, waren Barsche, die der verführerischen Aktion eines Veltic-Spinnerchens nicht widerstehen konnten. Das muss irgendwann in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gewesen sein. Schnell begriff ich, dass diese Bleikopf-Spinner sich leicht am Grund festsetzen können. Glücklicherweise besaß ich bald auch unbeschwerte Spinner wie den Abu Reflex, den Ondex, holländische B & R-Spinner und auch Modelle von Fair Play. Natürlich darf ich hier den Mepps Winner nicht vergessen.
Todd Sheldon mit einem wunderschönen Bachsaibling, natürlich auf Mepps-Spinner.
1975 las ich in einer amerikanischen Angelzeitschrift einen sehr interessanten Artikel über den Inhaber eines Angel- und Outdoor-Ladens in Antigo, Wisconsin, der den Vertrieb von Mepps-Spinnern in den USA übernommen hatte und dann später sogar Eigentümer der ganzen Mepps-Firma wurde. Todd Sheldon war der Name dieses angelnden Unternehmers. Ich betrachte es als ein großes Privileg, dass ich viele Jahre mit diesem freundlichen und überaus sachlichen Mann zusammenarbeiten durfte.
In dem amerikanischen Artikel von damals stand unter anderem, dass die Haare von Eichhörnchen dazu verwendet wurden, um damit die Drillinge großer Bucktail-Spinner zu verzieren, Topköder auf große Muskies und Hechte. Für mich waren das Gründe genug, einen Brief an das Postfach 508 in Antigo zu schicken, um einen amerikanischen Mepps-Katalog anzufordern. Ende März 1976 erhielt ich den aktuellen Mepps Fisherman’s Guide mit einem netten Brief von T. Layton Shepherd, “The Mepps Man”, zusammen mit seiner Visitenkarte. Ich blieb mit “Shep” in Kontakt, schickte ihm Fotos von schönen Hechten und Zandern, die ich mit amerikanischen Mepps-Spinnern fangen konnte. Ich bekam aber nie ein Foto vom Mepps Man zu Gesicht.
Zu dieser Zeit schrieb ich auch meine ersten Artikel über Europas Großhechte für “ The In-Fisherman”, darunter auch einige gute Fische, die mit Mepps-Spinnern gefangen worden waren. Mike Sheldon, der Sohn von Firmeninhaber Todd, schrieb mir einen Brief und fragte, ob ich ihm Fotos dieser Kapitalen besorgen könne. Und ich konnte!
Franz Blaichinger mit einem Hecht von 18,4 kg und 141,5 cm aus dem Mondsee, gefangen auf Mepps-Spinner.
Ebenfalls auf einen Mepps: Werner Leiser mit 20,5-Kilo-Hecht (141 cm) aus dem Bielersee.
Mike verriet mir, dass “Shep” überhaupt nicht existiert. Verschiedene Mepps-Mitarbeiter beantworteten unter diesem Namen die vielen Briefe und Anfragen. Ab 1982 korrespondierte ich hauptsächlich mit Mike Sheldon. Wenn ich alte Mepps Fishing Guides durchblättere, dann sehe ich, dass Shep erst 1996 in Pension gegangen ist…
Eine Mepps-Mütze voller Anstecker
Nachdem ich verschiedene Fotos von Hechten, Zandern, Barschen und Forellen, die einen Mepps-Spinner gepackt hatten, nach Antigo geschickt hatte, fragte man mich, ob ich offizieller Mepps-Fieldtester werden wollte. Natürlich wollte ich das! Kurz danach brachte die Post ein Paket mit vielen Spezial-Spinnern, einem T-Shirt samt Jacke mit Mepps Logo und die Mepps-Mütze, die ich viele Jahre getragen habe. Diese Mütze wurde immer schwerer, durch die ganzen Anstecker und auch Streamer und Köder, mit denen ich große und besondere Fische gefangen hatte.
Während des Musky-Symposium 1984 in LaCrosse begegnete ich zwei Mepps-Menschen, mit denen ich zuvor schon guten Kontakt hatte. Das waren Max Morehouse und Produkt-Manager Tom Krautkramer, der stolz war auf seine deutschen Vorfahren. Tom lud mich ein, einmal nach Antigo zu kommen, um mit eigenen Augen die Produktion und die Montage von amerikanischen Mepps-Spinnern zu sehen. Ich erfuhr, dass Spinnerblätter und andere Kleinteile in Contes, Süd-Frankreich, gefertigt wurden. Alles wurde dann in die USA verschifft, wo viele Frauenhände daraus Spinner machten. Interessant!
Die Mepps-Spinner werden in Antigo von flinken Frauenhänden montiert.
Nachdem ich 1984 beschlossen hatte als freier Angelsport-Journalist und Berater mein tägliches Brot zu verdienen, war “Sheldons’, Inc.”, so der offizielle Name von Mepps, die erste Firma, die meine Dienste in Anspruch nahm.
Wenn ich mich richtig erinnere traf ich Todd Sheldon und seine Söhne Bill und Mike zum ersten Mal auf einer AFTMA-Messe in Atlanta oder Las Vegas. Wir verstanden und gleich gut. Ich erzählte ihnen über die Angelei auf Hecht und Zander in Europa, und organisierte Angel-Trips für sie in die Niederlande. Neben amerikanischen Messen unter anderem in Dallas, Anaheim, New Orleans und Chicago half ich Mepps auch auf EFTTEX-Messen in Paris, Kopenhagen und verschiedene Male in Amsterdam. Die Unterschiede zwischen amerikanischen und europäischen Angelmessen waren riesig.
Mike Sheldon (grauer Anzug) im Gespräch mit Fachhändlern auf einer AFTMA-Messe.
Mepps-Geschichte kurz gefasst
1938 beschloss der Ingenieur Andre Meulnart bei Autohersteller Peugeot seinen Hut zu nehmen, um sein Geisteskind, einen gut fangenden Spinner, weiter zu realisieren. Er taufte seine Firma MEPPS, die Abkürzung steht für Manufacturier D’Engins de Precision pour Pêche Sportive (Präzisionsmaschinen-Hersteller für die Sportfischerei). Mehr oder weniger durch Zufall wurde sein Firmenname auch der Name seines Spinners. Die Mepps-Spinner wurden populär in Frankreich und auch im Rest Europas, vor allem, weil sie gut fingen. Amerikanische Soldaten nahmen die Köder nach dem Krieg mit in die Heimat. Einer dieser Soldaten war Frank Velek aus Antigo, Wisconsin. Frank machte gute Geschäfte mit dem Verkauf von Mepps-Spinner, anfangs bezahlte er sie mit Nylon-Strumpfhosen, die in Frankreich begehrt und knapp waren. Todd Sheldon, Besitzer eines Sport-Geschäftes, hört 1951 auch von der Fangkraft dieser französischen Spinner und bestellte immer mehr bei Frank Velek. Tod erhielt ein paar Jahre später den Exklusivvertrieb von Mepps-Ködern für die USA. Ende 1954 verkaufte er sein Sport-Geschäft, um sich zu 100 Prozent dem Import und dem Vertrieb von Mepps-Ködern zu widmen.
„Sheldons’, Inc.“ Wuchs schnell. Schnell verkaufte man mehr Spinner in Amerika als die französischen Vertriebler im Rest der Welt. 1972 konnte Todd Sheldon den ganzen Mepps-Konzern von der Familie Meulnart übernehmen. Ich vermute, dass die Manager in Frankreich anfangs damit nicht ganz einverstanden waren. Gemeinschaftlich wurden dann aber neue Spinner und Blinker, sogar Stationärrollen entwickelt. Todds Söhne Bill und Mike konnten zum Erfolg ihren Anteil beitragen.
In der Mitte der 80er Jahre besuchte ich zusammen mit Mike zum ersten Mal die Mepps-Fabrik in Contes, in der Nähe von Nizza. Ich lernte Betriebsleiter Gerard Monjanel und Export-Manager Jean-Claude Bel kennen, ja genau, der spätere Boss der EFTTA. Man zeigte mir den kompletten Fabrikationsprozess, nachher besprachen wir für jedes europäische Land die Chancen von Mepps und fürs Kunstköderangeln überhaupt. Ich erinnere mich noch genau an die Frage: Warum fischt man in Europa keine Drillinge, die mit einem Puschel aus Eichhörnchen-Haaren verziert sind? Wahrscheinlich lag es an den Tierschutzbestimmungen, schade, denn diese Spinner fangen sehr gut.
In den USA kaufte damals „Sheldons’, Inc.“ Jägern zwischen 300.000 und 400.000 Eichhörnchen-Schwänze ab. Abhängig von der Qualität und Menge wurden zwischen 20 bis 25 Dollarcent pro Stück gezahlt. Das muss als Basis-Information über eine ursprünglich französische Firma reichen, die unter amerikanischem Management weltweit schnell größer wurde.
Ein Büro voller Überraschungen
Tom Krautkramer hatte mich 1984 nach dem Musky-Symposium in LaCrosse zu einem Besuch bei „Sheldons’, Inc.“ eingeladen. Erst ein Jahr später konnte ich diese Einladung wahrnehmen. Ich war von Minneapolis aus mit einem Leihwagen erst zur Redaktion von „The In-Fisherman“ nach Brainerd in Minnesota gefahren, um dann über Eau Claire und Wausau Antigo anzusteuern. Ich erinnere mich noch gut an die breiten Straßen mit jeder Menge Platz, auf denen sich jeder an die geringe Maximal-Geschwindigkeit hielt. Von einem Motel aus, das man für mich reserviert hatte, konnte ich telefonieren und meine Ankunft in Antigo melden. Wenig später sammelte mich Mike Sheldon ein. Sofort fiel mir sein Nummernschild auf, auf dem MEPPS 1 stand.
Antigo war ein kleines Örtchen mit rund 9.000 Einwohnern. Am Ortsrand stand ein modernes Gebäude, auf dem unübersehbar das MEPPS-Logo prangte. Zuallererst gingen wir in das Büro des großen Chefs. Todd erzählte mir, dass er sich über meinen Besuch sehr freue und dass er große Hoffnungen in die weitere Zusammenarbeit setze.
Nachfolgend erzählte er mir sehr persönliche Geschichten über ausgestopfte Bären, Elche, verschiedene Lachsarten, über Forellen, Hechte und Walleyes. Ich wähnte mich in einem naturhistorischen Museum. Ich musste natürlich auch noch das große Aquarium mit allen Arten amerikanischer Süßwasserfische in Augenschein nehmen. Ich bekam Geschichten zu hören über seine vielen Reisen nach Alaska, wo er all die Tiere geschossen oder gefangen hat. Es waren wirklich sehr spannende Geschichten!
Mike zeigte mir dann alle Abteilungen der sehr imposanten Firma. Er verriet mir auch, dass es zusätzlich noch ein paar hundert Heimarbeiter gibt, die daheim Spinner zusammenbauen. Am frühen Abend fuhren wir mit den Führungskräften zum Dorf Wittenberg. Dort wurde Todds Meinung nach die besten und preiswertesten Brathähnchen serviert. Ganz ehrlich: Sie schmeckten prima und es war sehr gesellig.
Am folgenden Tag besuchten wir die „Ranch“. Eine Art privates Landgut, 500 Hektar groß mit viel Wald, einem Flüsschen mit Teichen und ein paar Blockhütten. Es gab keinen Strom, kein fließendes Wasser und das sollte auch so bleiben. Mike ging hier mit Pfeil und Bogen auf Hirschjagd und sorgte so für Fleisch für die Familie. Mit sehr kleinen Spinnern, von Mepps natürlich, fing ich Bach- und Regenbogenforellen. Sie schmeckten geräuchert und gebraten vortrefflich! Es war eine paradiesische Umgebung. Auch die Kinder von Bill und Mike waren so erzogen, keine elektrischen Geräte zum Familienurlaubsort mitzunehmen.
Später erfuhr ich, dass Bill, Todds ältester Sohn, genug hatte von dem stressigen Business-Leben, er schied aus „Sheldons’, Inc.“ aus. Er ging fortan seinem großen Hobby nach: Er machte Naturfotos für Zeitschriften wie National Geographic. Das bedeutete mehr oder weniger automatisch, dass Mike seinem Vater als Präsident und Eigentümer des ganzen Mepps-Konzerns nachfolgen würde. Soviel fürs Erste von den Mepps-Menschen, für die ich mit viel Freude gearbeitet habe und denen ich viel zu verdanken habe. Im nächsten Teil gehen wir zusammen fischen!
Jan Eggers