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Begegnungen am Wasser

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Es müssen nicht immer Kapitale sein: Pertii Raution von Rapala mit einem Minbarsch auf einen kleinen Shad Rap. Bild: Jan Eggers

Im fünften Teil seiner Serie verrät Jan Eggers, wie er der finnischen Firma Rapala in ganz Europa zum Durchbruch verholfen hat.

Ensio Rapala kontrolliert die Aktion des 100.000.000sten Rapala-Wobblers. Bild: Jan Eggers

Im vergangenen Teil habe ich mich über meine ersten Kontakte mit der Firmenleitung von Rapala ausgelassen. Ich habe über meinen ersten Besuch in Vääksy 1982 berichtet und über die Produktion von Wobblern in der damaligen Zeit. Wollte ich genauso detailliert über alle anderen Geschehnisse berichten, die mich mit der Firma Rapala verbinden, dann käme ein dickes Buch dabei heraus. Ich werde mich also auf die Höhepunkte beschränken, vor allem aus dem Management, der Köderproduktion und natürlich der Angelei mit Rapala-Produkten und Rapala-Menschen.

Brainstorming über den europäischen Markt

Die Wobblerfertigung im Rapala-Werk. Bild: Jan Eggers
Pertti Rautio (links) und Jan Eggers bei einem SNB-Treffen. Bild: Jan Eggers

Als ich 1984 die Idee Wirklichkeit werden ließ, mein tägliches Brot als Angel-Journalist und -Berater zu verdienen, da war Rapala die erste Firma, die von meinen Diensten Gebrauch machen wollte. Pertti Rautio war damals neuer Export-Manager geworden. Einer der ersten Punkte, die wir uns beide zusammen vornahmen, war die Analyse des europäischen Kunstköder-Marktes. Wir schauten uns nicht nur die Verkaufszahlen pro Land an, wir betrachteten auch die unterschiedlichen Traditionen auf dem Gebiet der Kunstköderangelei, natürlich auch das Marketing durch den zuständigen Landesvertrieb und auch die Rolle der Medien. Wir kamen zu der Schlussfolgerung, dass da noch viel zu verbessen sei, vor allem im Bereich Marketing und Kunden-Information. Für mich war es ein Vorteil, dass 1984 die holländisch-belgische Hechtstudiengruppe SNB gegründet wurde. Sowohl Rapala als auch der SNB sollten von der Zusammenarbeit profitieren. Pertti und auch ich waren der Meinung, dass redaktionelle Berichte mehr Wirkung haben, als teure Werbung. Zusammen mit Sirpa Glad-Staf von Rapala wurde eine große Datenbank mit Adressen von Redakteuren und Angel-Journalisten aufgebaut. Diese Personen erhielten regelmäßig Pressemitteilungen, Fotos von neuen Produkten und wurden auf verschiedenen Angelmessen als VIPs bevorzugt behandelt.

Sirpa Glad-Staf von Rapala mit einem Polder-Zander. Bild: Jan Eggers
Sirpa mit Polderhecht - natürlich auf Rapala. Bild: Jan Eggers
Pertti mit seinem ersten holländischen Hecht aus einem kleinen Poldergraben. Bild: Jan Eggers
Jarmo Rapala versucht einen holländischen Hecht zu landen. Bild: Jan Eggers

Pertti war ebenfalls ein Vollblut-Kunstköderangler. Als er mich in den Niederlanden besuchte oder ich ihn in Finnland wurde das Programm selbstverständlich so zusammengestellt, dass uns genügend Zeit zum Fischen blieb. Ich weiß noch genau, wie erstaunt mein finnischer Angelfreund war, als ich ihn bei seinem ersten Besuch mit zu ein paar kleinen, flachen Dorfgräben in Andijk genommen habe. Noch verdutzter schaute er, als eine vollschlanke 92er Hechtdame nach ein paar Minuten seinen neun Zentimeter langen, orangen Rapala Jointed in dem stehenden, grauen Polderwasser zwischen die Kiefer nahm. Das waren für ihn komplett unterschiedliche Verhältnisse zu den glasklaren, schnell strömenden “koski’s“, was man am besten als Bäche mit Wasserfällen übersetzen kann, oder den großen finnischen Seen.

Ködervorführung in einem Schwimmbad. Bild: Jan Eggers
Für viele Angler ein Problem: Welchen Wobbler soll ich kaufen? Bild: Jan Eggers

Jetzt verstand er auch meine Vorliebe für flach laufende, schwimmende Wobbler. Wir waren uns schnell darüber einig, dass es eine gute Sache wäre, wenn zukünftig die Lauftiefe der Köder auf der Verpackung aufgedruckt würde. Diese Idee wurde bald darauf umgesetzt und die Zusatzinformation machte es für die Kunden viel einfacher, das für sie passende Modell auszuwählen.

Durch die guten Kontakte, die Rapala zum Finnischen Ministerium für Export und Tourismus hatte, erhielt ich nicht nur Einladungen auf die Aland-Inseln, um dort zu fischen und darüber zu schreiben. Ich wurde auch gebeten, Seminare abzuhalten und persönliche Gespräche mit Managern zu führen, die in ihren Firmen ebenfalls auch Kunstköder, Angelkleidung, Messer oder sogar Eisbohrer produzierten. Alle waren daran interessiert, auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen. Nach unseren Treffen war ihnen klar, dass dieser Markt sich doch stark von den finnischen Verhältnissen unterschied. Durch diese Seminare bekam ich auch gute Kontakte zu Nils Master, Kuusamo, Liukko Watstiefel, Martinii Messer und dem Finnischen Anglerverband.

Rapala-Buch, Instruktions-Tage und internationale Messen

Die Jugend fürs Angeln zu Begeistern, ist Jan Eggers' wichtigstes Anliegen. Bild: Jan Eggers
Axel Vroling aus Venhuizen schrieb das Wort „Rapala“ in seinem Angeltagebuch in fünf verschiedenen Versionen, trotzdem fing er viele schöne Hechte mit den finnischen Ködern. Bild: Jan Eggers
Dank der Unterstützung durch Rapala konnte Jan Eggers viele Angelseminare abhalten. Bild: Jan Eggers

In der Mitte der 1980er Jahre war der Rapala-Enkel Jarmo zum großen Boss beziehungsweise CEO, Chief Executive Officier, des schnell wachsenden Betriebes geworden. Er gab Pertti und mir grünes Licht, um mit einigen Promotion-Projekten zu beginnen. 1987 starteten wir mit den Vorbereitungen zum Rapala-Buch. Wir, das waren Peter Sauer, Chefredakteur der Deutschen Sportfischer Zeitung, Illustrator Ad Swier, der das Cover und die vielen Schwarzweiß-Zeichnungen anfertigte, und ich. Die Idee war, dass bekannte Angel-Journalisten ein Kapitel über die Angelei mit Rapala-Wobblern auf ihren Lieblingsfisch beisteuern sollten. So schrieb der damalige FISCH & FANG-Chefredakteur über den Barsch, Hansjörg Dietiker von Petri-Heil über die Schleppangelei in der Schweiz und Kees Ketting übers Lachsangeln.

Die Rapala-Bücher waren eines der ersten Promo-Projekte, die Jan Eggers zusammen mit Rapala auf die Beine stellte. Bild: Jan Eggers
Redaktionstreffen für das Rapala-Buch in Vääksy. Bild: Jan Eggers

Einige Jahre später erschien eine neue deutsche Ausgabe mit Beiträgen von Praktikern wie Dietmar Isaiasch, Rainer Korn und Bertus Rozemeijer. Auch erschien ein vergleichbares niederländisches Rapala-Buch und mit einiger Verspätung auch eine englische Version.

Für die Mitarbeiter an diesen Ausgaben hatten wir uns ein interessantes Honorar ausgedacht: einen Besuch in der Rapala-Fabrik, kombiniert mit ein paar Angeltagen an interessanten Fischwassern nördlich des Polarkreises und auch auf den Aland-Inseln.

Jan Eggers freut sich jeden Tag in seinem Wohnzimmer über dieses Aquarell seines Freundes Ad Swier. Bild: Jan Eggers

Ich hatte das Vorrecht, zusammen mit Pertti alle Gruppen zu begleiten. Allein darüber könnte ich noch ein Rapala-Buch schreiben. Übrigens, jeden Tag werde ich auf eine schöne Art an dieses Rapala-Buch erinnert. In meinem Wohnzimmer hängt nämlich das Original-Aquarell von Ad Swier, dass auf der ersten Auflage der deutschen und niederländischen Ausgabe zu sehen ist. Sogar meiner Frau gefällt dieser springende Hecht mit einem orangen J-11 im Maul sehr gut, deshalb darf er als Ausnahme von der Regel im Wohnzimmer hängen.

Zu lesen, wie man mit Rapala-Wobblern erfolgreich fischt, ist vor allem für angehende Kunstköder-Angler ein großer Schritt in die richtige Richtung. Aber noch besser ist es, die Jugend gleich am Wasser zu instruieren. Rapala sponserte deshalb sogenannte “Instruktions-Tage” für die Jungmitglieder im SNB und schickte Kappen, geeignete Kunstköder, Aufkleber und Schlüsselanhänger. So sind einige Jungangler aus meiner Region regelrechte Rapala-Fans geworden, sie sind es immer noch.

Ende der 1980er Jahre besuchte ich zusammen mit Pertti und Sirpa Glad-Staf einige europäische Angelsport-Messen, etwa die Messen Aipo, Sapel, Anspo, Jagd und Hund, Visma und natürlich die größte Messe Efttex. Auf diesen Messen hatten wir nicht nur Kontakt mit Firmen, die Rapala-Produkte in ihren Ländern vertrieben, wir trafen auch Kunstköderangler, die in Angelzeitschriften über ihr Hobby schrieben. Wir fragen sie, welche Ergänzungen des Rapala-Sortiments sie sich wünschen würden. Einer diese Wünsche war ein Rasselwobbler, 1988 wurde der Rattlin’ Rapala in sieben Zentimetern Länge eingeführt. Ein anderer Wunsch war ein großer Schwimmwobbler mit viel Aktion, um damit zu schleppen. Anfang der 1990er Jahre erhielt ich eines der ersten Exemplare des inzwischen legendären SSR 14, um ihn zu testen. Der erste Fisch, den ich mit diesem 45 Gramm schweren Super Shad Rap aus Balsaholz fing, war ein 45er Barsch. Das war aber die berühmte Ausnahme, danach habe ich wirklich tausende Hechte, darunter viele Meterfische, mit diesem Super Shad Rap auf großen Seen und auch in kleinen Poldergräben gefangen.

Jan Eggers hat viele Rapala-Prototypen getestet, diese Topwater-Modelle gingen nie in Produktion. Bild: Jan Eggers
Bild: Jan Eggers
Zusammen mit einer Gruppe Hechtangler zu Besuch im irischen Rapala-Werk "Rapire TEO", eine gute Alternative, wenn es auf den Seen zu stark stürmt. Bild: Jan Eggers
Der Rattlin' Rap war der erste Rapala-Wobbler aus Hartplastik. Bild: Jan Eggers
Sammlerstücke, die speziell für Jan Eggers hergestellt wurden. Bild: Jan Eggers

Auf der Aipo-Messe in Florenz erhielt ich eine Einladung vom Spinning Club Italia. Im Folgejahr sollte ich einen Diavortrag vor Clubmitgliedern in Padua halten. Der Spinning Club wollte alles vorbereiten, sie erwarteten viele Besucher. Sie schlugen vor, dass ich doch ein paar hundert Rapala-Original mit dem Aufdruck “Jan Eggers – The Pike Ferret” mitbringen könne. Das konnte ich organisieren, und viele italienische Kunstköderangler haben noch immer dieses Sammlerstück. Noch eine interessante Begebenheit auf dieser Padua-Reise: Als wir auf der Autobahn nicht weit von Padua eine Kaffeepause machten, parkte neben uns ein Transporter, darauf das weiße Auto des Papstes, das sogenannte Papa-Mobil. Ich hoffe, dass ich das Foto von Pertti neben dem Papa-Mobil noch finde, es war ein denkwürdiger Schnappschuss.

Neue Produktionstechniken und -materialien

Nach den Meetings ging es mit dem irischen Rapala-Management zum Forellenfischen. Bild: Jan Eggers

Zu Beginn meiner Rapala-Erinnerungen habe ich bereits über die vielen Handgriffe geschrieben, die notwendig waren, um aus einem Block Balsaholz einen fängigen Wobbler zu machen. Ich erinnere mich noch gut, dass bei meinem ersten Besuch in der Fabrik in Vääksy berichtet wurde, dass es gut zwei Wochen dauere, bis aus einem Holzblock ein getesteter Rapala-Wobbler geworden ist.

Qualität steht noch immer ganz oben bei der Fertigung, aber der Fabrikationsprozess anno 2016 hat sich zu 1982 enorm verändert, als ich zum ersten Mal hinter die Kulissen blicken durfte. In Skandinavien herrscht ein hoher Lebensstandard, das gilt auch für die Löhne der Arbeitnehmer. Weil die Herstellung der Balsawobbler viele Mann- und vor allem Frau-Stunden erfordert, wurde nach einem anderen Herstellungsort mit genügend preiswerten weiblichen Arbeitskräften gesucht. Diese fand man in Irland, nicht weit von Galway. Einige Male habe ich diese moderne Produktionseinheit besucht und war komplett erstaunt über die Anordnung, dass die “Made in Ireland”-Wobbler nicht in Irland verkauft werden durften. Sirpa Glad-Staf war einige Jahre nach Galway abkommandiert worden. Wenn wir Besprechungen hatten, wurden diese immer mit Angeltouren zum Loch Corrib, Loch Mask und verschiedenen Flüssen kombiniert.

Viele monotone Handgriffe, wie das Aufbringen der Augen, das Montieren der Drillinge und Besprühen mit Farbe sind inzwischen automatisiert. Vor allem das Siebdruck-Verfahren, mit dem die Wobbler zu naturgetreuen Imitationen der häufigsten Beutefische werden, fand ich sehr interessant. Wenn man dir Rapala-Schlüsselanhänger mit eigenem Namen und Logo darauf herstellt, vergisst man dieses Verfahren nicht mehr. Nach der erfolgreichen Einführung der ersten Hartplastik-Wobbler, dem Rattlin’ Rapala im Jahr 1988, folgten weitere Hartplastik-Modelle, wie der Husky Jerk, der Shad Rap RS und der Jointed Shad Rap. Mein Herz schlägt aber immer noch für Balsa-Wobbler!

Durch das Siebdruckverfahren konnte Rapala ohne großen Aufwand Schlüsselanhänger herstellen. Bild: Jan Eggers

Mit dem weiteren Wachstum der Firma und der Anstellung von Managern, die nicht zur Rapala-Familie gehörten, hielten neue, moderne Ansichten über eine zukunftsfähige Betriebsführung Einzug. Rapala ging in Helsinki an die Börse. Obwohl auch ich einige Anteile gekauft habe, habe ich den weiteren geschäftlichen Fortgang nicht mehr genau beobachtet. Ein großer finanzieller Erfolg ist es nicht geworden, aber ich war vor allem zufrieden mit meinen Fängen, die ich auf verschiedenen Kontinenten mit Mitgliedern des Rapala-Sortiments erzielen konnte.

Ich beobachtete die Entwicklung der Rapala Normark Corporation zur heutigen Rapala VMC Corporation nicht weiter. Ich glaube, es ist für die Leser von Fischundfang.de viel interessanter, mich im nächsten Teil auf “Rapala-Reisen” nach Botswana, Sibirien und ins Amazonas-Gebiet zu begleiten, wo wir Tigerfish, Atlantische Lachse und Peacock Bass fangen konnten. Nur noch etwas Geduld.

Jan Eggers

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