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Auf der Suche nach Finsternis

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Das beleuchtete IGB-Seelabor auf dem Stechlinsee. Bild: A. Jechow IGB/GFZ
Das beleuchtete IGB-Seelabor auf dem Stechlinsee. Bild: A. Jechow IGB/GFZ

Am Stechlinsee im Norden Brandenburgs kann man noch Nächte fast so dunkel wie vor der Einführung der elektrischen Beleuchtung erleben.

Zu diesem Schluss kommt eine eben erschienene Studie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Von diesen guten Bedingungen profitieren nicht nur Sternengucker, sondern auch Forscher. Im IGB-Seelabor, einer im Stechlinsee schwimmenden Forschungsplattform, untersuchen sie die Auswirkungen der zunehmenden Lichtverschmutzung auf Seen und deren Organismen. Im Fokus des heute startenden Versuchs steht die diffuse Aufhellung des Nachthimmels durch Kunstlicht, das sogenannte Himmelsleuchten.

Dunkelste Region Deutschlands

Wie reagieren Seen auf Lichtverschmutzung? Dieser Frage gehen die IGB-Wissenschaftler mithilfe eines eigens entwickelten Lichtsystems im Versuch nach. Im Bild vier beleuchtete Versuchszylinder am IGB-Seelabor. Bild: A. Jechow IGB/GFZ

Himmelsleuchten (engl. skyglow) ist ein Phänomen, das über Gebieten mit künstlicher Beleuchtung (z.B. Städte, Gewächshäuser) auftritt und weltweit rasch an Bedeutung gewinnt. Das in den Nachthimmel abgestrahlte Licht wird von Aerosolen und Wolken in der Atmosphäre wieder in Richtung Erde zurückgestreut, so dass ein glühendes Gewölbe am Himmel erscheint. Untersuchungen des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben jetzt gezeigt, dass der Stechlinsee im Norden Brandenburgs davon kaum betroffen ist. Der See liegt in einer der dunkelsten Regionen Deutschlands.

Nicht durch Lichtverschmutzung belastet

Blick in den Nachthimmel über dem Stechlinsee (Belichtungszeit 30 Sek). Als Band erscheint die Milchstraße, die in Deutschland aufgrund von Lichtverschmutzung in dieser Klarheit kaum noch sichtbar ist. Bild: A. Jechow IGB/GFZ

Motivation für die im Fachblatt Journal of Quantitative Spectroscopy and Radiative Transfer veröffentlichte Studie war die Idee, in einem Freilandexperiment zu erforschen, wie sich das Himmelsleuchten auf Seen auswirkt. Dafür braucht es aber ein Gewässer, das nicht bereits durch Lichtverschmutzung belastet ist. Prinzipiell schien den IGB-Forschern der Stechlinsee dafür geeignet. Darauf deuteten Modellrechnungen hin, die auf nächtlichen Satellitenaufnahmen aus den 1990er Jahren beruhten. Doch seither hat sich in puncto Beleuchtung viel getan. Aus diesem Grund untersuchten Dr. Andreas Jechow und Kollegen die Himmelshelligkeit über dem Stechlin erneut. Statt sich wieder auf Satellitenbilder zu stützen, die nur begrenzte Aussagekraft haben, arbeiteten sie diesmal mit einem auf dem See installierten Sensor. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass der Nachthimmel über dem Stechlinsee heute noch nahezu so dunkel ist wie in klaren mondlosen Nächten vor Einführung der elektrischen Beleuchtung. «Besonders überrascht hat uns, dass trotz der Nähe zu Berlin die Himmelshelligkeit über dem Stechlinsee durch Wolken sogar noch weiter herabgesetzt wird. Eigentlich ist das normal, trifft aber heute nur noch auf ganz wenige Regionen der Welt zu», sagt der Physiker Andreas Jechow.

Nächtliche Wanderungen von Fischen und Plankton

Der Stechlinsee bietet also beste Referenzbedingungen für das heute beginnende Freilandexperiment. Der Versuch, an dem 60 Wissenschaftler aus über 10 Ländern beteiligt sind, dauert bis Mitte Oktober und findet am Seelabor, der im Stechlinsee schwimmenden Forschungsplattform des IGB, statt. Die Versuchsanlage besteht aus 24 Zylindern, die Seebecken von jeweils neun Metern Durchmesser und zwanzig Metern Tiefe einschließen. Für die Versuche haben die IGB-Wissenschaftler ein spezielles System mit LED-Leuchten entwickelt und installiert, mit dem das diffuse Licht des Himmelsleuchtens im Seelabor simuliert wird. Um die Reaktionen im Ökosystem See zu verfolgen, werden in den nächsten Wochen am Tag und in der Nacht umfangreiche Proben genommen. Dabei kommt auch modernste Video- und Sonartechnik zum Einsatz, mit der die Forschenden das Wanderverhalten von Schlüsselarten wie den Wasserflöhen und Fischen beobachten. «Die Effekte dieser Art von Lichtverschmutzung auf das Ökosystem und die Biodiversität sind weitgehend unbekannt, könnten aber erheblich sein», erklärt Prof. Dr. Mark Gessner, der Co-Leiter des Forschungsprojekts «Seeökosysteme erleuchten». Die Ergebnisse des Versuchs versprechen sowohl grundlegend neue Erkenntnisse zur Wirkung nächtlicher Beleuchtung auf Seen als auch Hinweise, die für das Gewässermanagement bedeutsam sind.

Weitere Informationen unter www.seelabor.de

Originalstudie: Jechow A., Hölker F., Kolláth Z., Gessner M.O., Kyba C.C.M. (2016) Evaluating the summer night sky brightness at a research field site on Lake Stechlin in northeastern Germany. Journal of Quantitative Spectroscopy and Radiative Transfer 181, 24–32. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0022407315301825

-pm-

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