Sind Angler nur Angler?
“Wer nicht angelt, kann nicht Präsident werden!”. So lautet ein Spruch aus den USA. In Deutschland ist das Angler-Image nach wie vor muffig. Verwirrten-Vereine wie die Peta nutzen das schamlos aus. Ich kämpfe seit Jahren dafür, dass die Angelei ein besseres Image bekommt. Das ist in Deutschland nicht einfach. Das Hindernis auf der rechten Seite sind die Idioten, die ihren Angelplatz wie Schweine hinterlassen, oder Zeltstädte aufbauen, weil sie glauben, Angeln berechtige zum Campen, das Hindernis auf der linken Seite ist die deutsche nichtangelnde Bevölkerung, die “Tierquäler” schreit, wenn man einen Fisch landet, oder gar zurücksetzt. Merkwürdig ist das. Kommt in Holland ein nichtangelnder Spaziergänger vorbei, freut er sich mit.
Aus unserem aktuellen Vereinsblatt – die Schweine unter den Anglern sorgen für den muffigen Ruf in der Öffentlichkeit. Wen wundert´s….
Nur Fische fangen?
Ist Angeln wirklich nur “Fische fangen!”? In einer Anmoderation der Fisch&Fang DVD habe ich es kürzlich thematisiert. Angeln ist doch deutlich mehr. Jugendstrafanstalten kontaktierten mich, ob man das Angeln nicht als unterstützende Resozialisierungsmaßnahme nutzen könnte, um Disziplin (in Form von Geduld, oder frühem Aufstehen) zu schulen, und im Umgang mit der Natur Ruhe zu finden. Angeln ist ganz offenbar so viel mehr als Fische zu fangen. Lehrer Johannes Lohmöller thematisiert das Angeln in der Schule im Rahmen von AGs.
Wenn sich die stramme Hechtpeitsche deutlich biegt, hängt was Besseres
Der Angler als Biologe
Sogar ein kleiner Biologe wohnt im aufmerksamen Angler. Er weiß besser als jedes Biobuch, wie tief Blässhühner tauchen können. Er weiß welche Schäden Kormorane anrichten, wenn der Fische fängt, die Verletzungen der Schnäbel aufweisen.
Hin und weg bin ich, wenn ein großer Fisch im klaren Wasser kämpft. Oder wenn ich einen Meterhecht stemme. Oder wenn ein Fisch toll gezeichnet ist. Hin und weg bin ich aber auch, wenn ich neue biologische Erkenntnisse gewinne. Das war am vergangenen Samstag soweit. Mit einer neuen Rute testete ich einen sehr schlanken Holoshad, und bot ihn im klaren Wasser eines Polders an. Ich servierte direkt in den Schwall eines raubenden Hechts, und die Rechnung ging auf. Ein harter Einschlag, ein toller Drill, ein mächtiger Fisch. Zur Zeit verfolgt mich ein wenig das Glück, gebe ich ehrlich zu. Kumpel Holly kescherte, da lag der Fisch im nassen Ufergras. 105cm. Ein tolles Tier, ein tolles Erlebnis, Holly freute sich mit, und erzählte seinerseits vom Drill eines 105cm Fisches, den er vor über einem Jahr fing. In allen Einzelheiten. So, wie Angler das eben tun. Einen markanten Stachel hätte der Fisch an der Rückenflosse gehabt, bemerkte er beiläufig.
Eine wichtige Erkenntnis
Als ich zuhause meine Bilder auswerte, fällt mir etwas Merkwürdiges auf. Ein freistehender Flossenstrahl an der Rückenflosse. Am Wasser hatte ich das gar nicht realisiert, zu sehr ist man auf das Wohl des Fisches fixiert, hält ihn kurz hoch und setzt das für die Fortpflanzung so wichtige Tier zügig zurück. Was hatte Holly noch erzählt? Nee, Quatsch, das tut ja nichts zur Sache, das war ja ganz woanders. Doch dann will ich es wissen, ermittle die genaue Entfernung zu Hollys Fangplatz per Google, über den Kanalverlauf. 5,6km. Zu weit, finde ich. Trotzdem bin ich nervös, und bitte Holly mir seine alten Bilder zu schicken, was er umgehend macht. Und falle rückwärts vom Stuhl. Es ist der gleiche Fisch.
Der gleiche Fisch – ich konnte es kaum glauben
Jetzt wird es sicher einige unter euch geben, die zweifeln, ob es derselbe Fisch ist. Dazu füge ich unten eine Anleitung an, wie man Fische vergleicht, denn Haltung, Licht, Färbung des Fisches und sogar das Objektiv der Kamera verändern die Optik. Hier aber noch einige Detailfotos:
Wie ein Fingerabdruck ist die Zeichnung eines Hechtes – leider beim Smartphonebild nur schlecht aufgelöst
Auch der Kopfbereich lässt keine Zweifel
Dass kaum ein Hecht sein Leben unter ein und demselben Seerosenfeld verbringt, wusste ich schon lange, dass einige Exemplare noch viel weiter wandern, ist mir auch längst bekannt. Aber fast sechs Kilometer? Und das ist nur meine Feststellung. Das Gebiet ist noch viel weitläufiger. Vermtulich schwimmt der Fisch noch sehr viel weiter umher. Die Erkenntnis fand ich megastark. Ein klarer Beweis für die Richtigkeit meines Spruches “Flexibel sein ist alles!”, denn Hechte legen weite Strecken zurück, passen sich ganz offensichtlich den Weißfischbeständen genauso an, wie ein Alpenseehecht den Maränenschwärmen folgt. Es macht also wenig Sinn, die “Stellen von Matze Koch” aufzufinden und zu beangeln. Mal sind die Fische eben da. Und mal sind sie alle weg. Abhängig von den Bedingungen. Und die muss man lernen zu erkennen und zu lesen.
Natürlich gibt es auch standorttreue Exemplare, die ihren Bereich nie verlassen. Ich bin aber überzeugt, größer wachsen die Fische ab, die ihrer Beute folgen. Wer also Großhechte will, der muss genauso wandern wie die Fische, anstatt blind vermeintlichen Topspots zu folgen, nur weil Matze Koch, der alte Trottel, da mal einen Film gedreht hat.
Hechte verbringen nicht ihr ganzes Leben unter ein- und demselben Seerosenfeld
Hier eine hilfreiche Anleitung, wie man Fotos von Fischen miteinander vergleicht:
Nicht auf Farben achten! Fische verändern ihre Farbe je nach Gewässertrübung und Region in der sie sich überwiegend aufhalten.
Auch das Licht sorgt für unterschiedliche Farb-Eindrücke. Es kann von der Seite einfallen oder von hinten, Blitzlicht lässt einen Fisch völlig anders wirken als Sonnenlicht. Abendlicht lässt die Farbe anders wirken, anders als Morgenlicht. Auch ein anderer Weißabgleich verändert die Farbe enorm.
Nicht auf die FORM von Flossen achten. Wenn eine Flosse leicht nach vorne oder hinten gebogen ist, wirkt sie völlig anders. Sie kann durch die Biegung und den Winkel zur Kamera rund oder eckiger wirken.
Beim Hecht gibt die Punkteanordnung einen klaren Hinweis. Die Punkte verändern sich nicht, sind wie ein Fingerabdruck. Aber Achtung! Auch hier kann ein Objektiv einem üble Streiche spielen. Bei einem stark verzerrenden Weitwinkel kann ein Punkt auf dem Hechtkörper, der am Bildrand liegt, plötzlich sehr viel länglicher wirken, als auf einem Foto, wo er mittig im Bild liegt.
Eindeutige Hinweise bei einem Vergleich findet man in der Schuppenanordnung. Besonders beim Spiegelkarpfen ist das Schuppenmuster wie ein Fingerabdruck. Auch hier unbedingt an den Lichteinfall denken, also eher Schuppen anhand ihrer Größe vergleichen, als von ihrer exakten Form.
Der erste Hinweis beim Vergleich findet sich natürlich in der Gesamterscheinung des Fisches, hochrückig oder schlank kann man schon mal recht einfach trennen.
Einige Kennzeichen verändern sich! Kratzer und fehlende Schuppen können zu Fehlbeurteilungen führen. Schuppen wachsen zum Teil nach. Dann auch oft in anderer Form.
Der Schwung der Seitenlinie und Kiemenbogenlinien gibt klare Hinweise
Man sollte zunächst immer die Besonderheiten suchen. Lange Linien, wenn z.B. mehrere Punkte auf dem Hechtkörper verschmelzen. Wo markante Punkte und Linien aufeinandertreffen findet man auch klare Indizien.
Hierfür noch ein aktuelles Beispiel:
Achtet mal auf die lange Linie auf meinem Fangbild an der Schwanzwurzel. Ihr werdet feststellen, dass man sie auf dem Bild mit Holly sehr viel schwerer findet. Das liegt daran, dass er den Fisch anders hält. Der Rücken ist weiter Richtung Holly gekippt. So erscheint die lange Linie bei ihm deutlich höher.