Ich bin auf die alte Angelausrüstung eines großbürgerlichen Zahnarztes aus der mondänen Kurstadt Bad Ems gestoßen.
Die meisten Sachen des Nachlasses müssten aus der Zeit um 1930/40 stammen. Das gesamte Gerät würde ich einer größeren Zeitspanne zuordnen, etwa 1925 bis in die 1950er Jahre.
Auf einer Ever-Ready-Bambusrute von DAM konnte ich auch noch die Reste eines Aufklebers von einem Koblenzer Fachhändlers finden: W. Niemann, Braugasse. Das Zoo- und Angelsporthaus Wilhelm Niemann hat auch schon in den 1930er Jahren bestanden. In dem Geschäftslokal in der Koblenzer Altstadt ist heute ein Eiscafé. Ob dort alle diese Geräte gekauft wurden, ist fraglich.
Es sind nämlich auch zwei hochwertige Hardy-Stationärrollen (große No. 3, Mk. II und kleinere No. 2 Mk. IIII, beide mit Kurbel auf der rechten Seite, ca. 1932-50), eine Milward-Lachs- oder Hechtrute, ein Hardy Minigaff und Teile einer Fliegenrute von Pezon & Michel mit dabei. Alles sehr hochwertige Geräte, die für eine feinere Einkaufsadresse sprechen. Es gibt aber auch zahlreiche einfache Bambusstecken von DAM und anderer Hersteller im Konvolut, die bei Niemann gekauft worden sein konnten. Leider sind nicht alle Ruten komplett, oft fehlen die Spitzen. Ich muss erst einmal durchschauen, was bewahrt werden kann. Offenbar hat der Emser Zahnarzt immer, wenn er eine Spitze abgebrochen hatte, Hand- und Mittelteile in den Keller gestellt. So kam diese beachtliche Sammlung zustande.
Eine Rute ist besonders interessant, sie könnte sogar aus regionaler Produktion stammen. Leider wurde sie vom damaligen Besitzer mit grüner Farbe überpinselt. Ich werde mal einen Versuch mit Lösungsmitteln starten, habe aber nicht viel Hoffnung.
Angelsport in Bad Ems
In Bad Ems kurten im 19. Jahrhundert die Reichen und Schönen der ganzen Welt: Kaiser, Könige und Zaren, berühmte Künstler, das wohlhabende Großbürgertum Europas. Natürlich haben die Kurgäste auch in der Lahn und den zufließenden Bächen geangelt. An der Bad Emser Kolonnade (überdachter Säulengang am Kurhaus) gab es deshalb schon um 1880 das feine Galanteriewarengeschäft Goldschmidt & Söhne, das auch teures englisches Angelgerät führte. Auch das benachbarte Koblenz war zu dieser Zeit schon reich an Angelgeschäften. So gab es dort um 1875 gleich zwei Galanteriewarenhandlungen mit den feinsten englischen Geräten, die Firmen Waitz und Reischig. Das ist umso erstaunlicher, wo es zu dieser Zeit vielleicht maximal 10 Angel-Fachhändler in ganz Deutschland gab. Die reichen Kurgäste und die englischen Grand-Tour-Touristen auf den Spuren der Rheinromantik sorgten offenbar für ein gutes Auskommen.
Ich habe einmal einige Jahre in Bad Ems gewohnt und arbeite heute noch in der Nähe, deshalb bin ich mit der Geschichte dieses einmaligen Ortes irgendwie verbunden. Ich habe immer vermutet, dass dort noch Schätze an Angelgeräte aus früheren Zeiten lagern müssen. Jetzt habe ich endlich einen kleinen Teil davon entdecken können.
Infos, Fragen und Anregungen bitte an thomas.kalweit@paulparey.de