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Auf der Jagd nach Riesenhechten, Teil 10

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Bild: Jan Eggers
Jan Eggers mit seinem ersten Meterhecht aus dem Jahr 1975, 104 Zentimeter lang, gefangen mit lebendem Köderfisch in einem kleinen Poldergraben. Bild: Jan Eggers
Bild: Jan Eggers
Jan Eggers sucht Informationen über diesen 145-cm-Hecht aus Deutschland. Wer weiß mehr? Bild: Jan Eggers

Diesmal hat unser Hecht-Detektiv Jan Eggers die längsten Hechte aller Zeiten näher unter die Lupe genommen.

Ein kapitaler Hecht wird schonend zurückgesetzt. Seit Jahrzehnten hat sich diese Regelung in den Niederlanden bewährt. Bild: Jan Eggers

Im vergangenen Teil habe ich versprochen, dass wir diesmal über die Länge der Hechte sprechen werden. Anlass war die Meldung eines Hechtes aus Polen, der angeblich 156 Zentimeter lang gewesen sein soll. Ob die angegebene Länge tatsächlich stimmen kann, weiß ich nicht, ich warte voller Spannung auf hoffentlich nähere Informationen.

Vielen Hechtanglern ist die Länge eines Hechtes weniger wichtig als das Gewicht. Es gibt aber auch Ausnahmen. In den Niederlanden und Belgien wird der längste Hecht zum Landesrekord. Große Fische, außer natürlich Karpfen, werden dort selten gewogen. In Irland, Großbritannien, den USA und Kanada liegt die magische Grenze für einen kapitalen Fisch bei 20 englischen Pfund (lb). Aber nicht nur in den Niederlanden und Belgien freuen sich die Hechtangler besonders über einen Meterfisch, auch im deutschsprachigen Raum träumt man eigentlich eher davon, einen Meterfisch zu fangen.

Erklärungen für diese Unterschiede habe ich keine, ich weiß aber inzwischen, wie ich Inch in Zentimeter und Unzen in Gramm umrechnen muss. Durch das Sammeln von Großhecht-Fangdaten und meiner eigenen Hechtfischerei in 19 Ländern der nördlichen Halbkugel bin ich zu der Schlussfolgerung gekommen, dass es bezüglich der Länge ungewöhnliche und interessante Unterschiede ja nach Land und Region gibt.

Wachstumsgeschwindigkeit, Habitat und Nahrungsangebot

Häufig werde ich gefragt, wie lang ein Hecht überhaupt werden kann. Die Standardantwort lautet, dass ich in der „Big Pike List II“ Hechte von 150 Zentimetern und sogar einen Fisch von 151 Zentimetern aufgeführt habe. Ich gebe dann aber auch gleich zu, dass ich für die Richtigkeit dieser Angaben nicht unbedingt meine Hand ins Feuer legen würde. Betrachte ich die enorme Anzahl von Hechten zwischen 140 und 150 Zentimetern, dann erscheint mir die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass sich knapp über 150 Zentimetern die Maximallänge unseres Freundes Esox einpendelt.

Schon als Neunjähriger fing mein Angelkollege Alex Feller im Jahr 2003 seinen ersten Meterhecht Mitten in Bovenkarspel. Inzwischen hat er elf Hechte über einen Meter in dieser Region gefangen. Bild: Jan Eggers

Früher träumte ich natürlich auch vom Fang eines Meterhechtes, ich musste auf so einen Fisch auch ziemlich lange warten. Ich fing meinen ersten Meterhecht erst 1985 und war damals schon 42 Jahre alt, zu dieser Zeit fischte ich schon 30 Jahre auf Hecht. Heutzutage kenne ich gute junge Hechtangler in meiner Region, die vor ihrem 18. Geburtstag schon eine große Zahl Meterhechte gefangen haben. Wie das sein kann? Das kann ich schnell erklären. Die ersten 28 Jahre meines Lebens habe ich im Dorf De Rijp gewohnt, zwischen Amsterdam und Alkmaar. Ich fischte hier mit viel Vergnügen im Eilandspolder, einem ursprünglichen Niedermoor-Polder. Ich fing dort viele Hechte, die aber selten größer waren als 80 Zentimeter. 1971 zog ich wegen meiner Arbeit nach Bovenkarspel, Luftlinie vielleicht 30 Kilometer entfernt. Aber fischtechnisch war das ein gigantischer Unterschied. Anstatt an sehr flachen Poldern mit saurem, kaffebraunem Wasser und vielen Wasserpflanzen fischte ich nun an Gräben mit kalkreichem, grauen Wasser mit viel weniger Pflanzenwachstum. Zu meinem Erstaunen fing ich hier plötzlich viel mehr Hechte zwischen 80 und 100 Zentimetern. Auch in der Tageszeitung las ich von guten Meterhechten aus den Lehmpoldern Het Grootslag und De Vier Noorderkoggen.

Auch Rotaugen, Barsche, Zander und Brassen wuchsen in diesem Wasser mit höherem pH-Wert viel schneller und größer als im sauren Torfwasser meiner ursprünglichen Heimat. Ich habe durch diesen Umzug viel gelernt, vor allem, dass die lokalen Voraussetzungen und das Nahrungsangebot sehr bedeutsam sind, um kapitale Fische hervorzubringen. Fische, die es nicht gibt, vor allem keine Meterhechte im schönen Eilandspolder, kann man auch nicht fangen.

Durch meinen Kontakt mit dem Hecht-Professor Dr. Ed Crossman von der Universität Toronto weiß ich inzwischen, dass ein schöner Meterhecht aus meinem jetzigen Wohnort Bovenkarspel jünger ist und schneller wächst, als ein 83er Hecht aus meinem Geburtsort De Rijp.

Voraussetzungen für gutes Wachstum

117 Zentimeter: Jan Eggers mit seinem längsten Polderhecht aus dem Jahr 2003. Bild: Jan Eggers

Das Phänomen Großhechte hat mich schon sehr früh fasziniert, als Jugendlicher sammelte ich bereits Zeitungsausschnitte von meinem Lieblings-Angelfisch. Seit den 1960er und 70er Jahren wurde in den Niederlanden den Anglern das Zurücksetzen von großen Hechten empfohlen. Vor allem der bekannteste Angelautor der Niederlande, Jan Schreiner, hat zu diesem Mentalitätswandel viel beigetragen und die hechtangelnden Niederländer danken ihm heute dafür.

Auch in meiner Region West-Friesland wurde ein Entnahmeverbot für Hechte ausgesprochen, der Erfolg zeigte sich im Laufe der Jahre bei den Fängen. Meterhechte wurden viel häufiger gelandet. Ich weiß noch gut, wie mein Polderrekord stetig anstieg, über 105, 110, 115 bis zu 117 Zentimetern. Momentan ist der längste Hecht aus meinem Poldergebiet 126 Zentimeter lang, ein richtiger Kapitaler!

Frans Hendriks mit dem längsten Polderhecht von 126 Zentimetern Länge, gefangen 2013. Ob dieser Hecht inzwischen noch weiter gewachsen ist? Bild: Jan Eggers

Durch die Gründung des niederländisch-belgischen Hechtclubs SNB im Jahr 1984, ich war 20 Jahre der Vorsitzende, wurde auch auf großen Gewässern das waidgerechte Fischen und Zurücksetzen von Großhechten üblich.

Viele große Gewässer, wie die ausgebaggerten Plassen rund um Amsterdam, die eingedeichten ehemaligen Meer-Arme unterhalb von Rotterdam und die Randmeere im Bereich der neuen Ijsselmeer-Polder (z.B. Veluwemeer) sind inzwischen bei Hechtanglern in ganz Europa bekannt. Die Hechte haben dort genug zu fressen, werden gut behandelt und schonend zurückgesetzt – trotzdem wachsen sie nie zu der Maximalgröße, die sie beispielsweise in Deutschland, der Schweiz oder Österreich erreichen. Bis zum heutigen Tag habe ich noch nicht herausbekommen, warum in dem einen Land Hechte über der 140-Zentimeter-Marke gefangen werden, in dem anderen Hecht-Land die Obergrenze aber bei 125 Zentimetern liegt.

Nach diesen eher allgemeinen Informationen kommen wir nun zu den richtig langen Hechten, die ich im Laufe der Jahre gesammelt habe.

Die 140-Zentimeter-plus-Liste

Der älteste und auch längste Hecht auf der Liste: 150 Zentimeter lang, aus dem Grarup-See in Dänemark. Bild: Jan Eggers

Die Idee, eine Liste der längsten Hechte zusammenzustellen, hatte mein schwedischer Freund Peter Grahn. Er hatte mir mit vielen Informationen über 18-Kilo-plus-Hechte aus Skandinavien weitergeholfen. Er war auch derjenige, der den Schummel-Hecht des Norwegers R. Tait entlarvte. Über diese Geschichte habe ich bereits im vierten Teil dieser Serie berichtet. Peter schickte mit am 14. Januar 1995 seine allererste Liste „140-Klubben“ mit 23 Hechten von 140 oder mehr Zentimetern Länge. Von dieser Liste habe ich später noch drei Fische gestrichen. Weil weder Peter Grahn noch ich viel Vertrauen in die Angaben über irische und englische Hechte aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert hatten, mit angeblichen Gewichten von 31 bis 40 Kilo und Längen von 160 bis 175 Zentimetern, haben wir diese nicht in die Liste aufgenommen. Es fällt auf, dass nur ein Hecht aus Irland von über 140 Zentimetern Länge in der ersten Liste auftaucht. Dieser Hecht von 142 Zentimetern wog 21,8 Kilo und wurde vom Inland Fisheries Trust im März 1958 bei einer Abfischaktion (Pike-Culling-Programm) im Lough Mask mit dem Netz gefangen. Die Tatsache, dass Hechte in Irland kaum über 140 Zentimeter lang werden, ist sehr interessant, werden doch sehr viele Hechte über 35lb in Irland gefangen.

142-cm-Hecht aus Tschechien, gefangen 1989 von J. Ron mit 22,5 Kilo im Hechranice-Stausee. Bild: Jan Eggers

In Peters erster Liste stammen sieben Kapitale aus Österreich, fünf aus Deutschland und drei aus der Schweiz. Ich realisierte zum ersten Mal, dass die Maximallänge von Hechten je nach Land stark variieren kann. Warum und wodurch? Die ehrlich Antwort auf die Frage bis zum heutigen Tag: Ich weiß es nicht! Eines weiß ich aber, dass ich mich ab 1995 stärker in das Thema der 140-plus-Hechte vertieft habe, auch wenn sie weniger als 18 Kilo gewogen haben. Ja, das ist auch möglich, aber darüber berichte ich später.

Erwin Londer mit einem 140-cm-Hecht aus dem Ossiachersee in Österreich. An diesem Gewässer verbringt Jan Eggers seit 46 Jahren seinen Sommerurlaub. Bild: Jan Eggers

Ich versprach Peter Grahn, dass ich ihm bei seiner Suche nach langen Hechten für den 140er-Club weiterhelfen würde. Zusammen verfassten wir in dieser Zeit auch einige Artikel über Großhechte für die schwedische Angelzeitschrift Fiskejournalen, auf die wir interessante Reaktionen erhielten. Am 4. Januar 1996 schickte ich Peter Grahn einen Brief mit neuen Informationen über 21 Großhechte für seine Liste. Kurz darauf erhielt ich seine überarbeitete Liste ohne Zweifelsfälle mit nun insgesamt 49 Mitgliedern im Club. Natürlich habe ich mir gleich die Herkunftsländer angeschaut und gesehen, dass der Trend der ersten Liste sich fortsetzt. Deutschland lieferte mit 15 Exemplaren die meisten 140-plus-Hechte, gefolgt von der Schweiz mit 14 und Österreich mit 11 Fischen. Das war der Stand von Mitte 1996, aber wie ist es mit der Liste weitergegangen? Ich habe nicht mehr so oft mit Peter Grahn korrespondiert, zudem hatte ich wenig Zeit, um eine neue „Big Pike List“ zu erstellen, weil ich als Guide mit vielen Hechtangelgästen unterwegs war. Trotzdem sammelte ich natürlich weiterhin alle Meldungen über 18-Kilo-plus-Hechte und über Hechte von über 140 Zentimetern Länge. Mein Hechtarchiv – digital und in Papierform – ist in den letzten 20 Jahren enorm gewachsen. So ist es für mich eine gute Sache, dass ich durch diese Serie auf Fischundfang.de nun viele neue Informationen mit den Lesern teilen kann.

Viele Unterschiede bei der gleichen Fischart

W. Leiser mit einem schönen Beispiel für einen langen Hecht aus der Schweiz: 141 Zentimeter, aus dem Bielersee, „dem“ Top-Gewässer für lange Hechte. Bild: Jan Eggers

Ich will es einmal ehrlich sagen: Ich habe keine gute Erklärung dafür, warum in einem Land mit erstklassigen Hechtgewässern noch kein Hecht über 140 Zentimetern gefangen worden ist, in einem anderen Land aber ein See von wenigen Hektar Kapitale von 146 Zentimetern produziert. Noch ein Extrembeispiel: Ich habe 19 Hechttouren an die besten Gewässer Nord-Kanadas gemacht und dort 850 Meterhechte gefangen. Der Große Sklavensee ist ungefähr so groß wie die ganzen Niederlande, trotzdem fingen meine Angelkollegen und ich dort keine Hechte über 122 Zentimeter. Das war die Maximallänge dort, was bedeutet, dass in meinen nordholländischen Poldern die Hechte größer wachsen, nämlich bis zu 126 Zentimetern. Vergleiche ich die Niederlande dann mit der kleineren Schweiz, dann sehe ich, dass die Hechte zwischen den Bergen richtig lang wachsen können. Bei den Menschen wissen wir, dass sie durch bessere Ernährung, weniger physische Arbeit und überhaupt bessere Lebensverhältnisse nicht nur älter sondern auch größer werden. Ob diese Regel auch für Hechte zutrifft, weiß ich nicht.

Die Seen in Oberösterreich produzieren auch regelmäßig Hechte über 140 Zentimetern Länge. F. Blachinger erwischte diesen 141er im Mondsee. Bild: Jan Eggers

Ich weiß aber, dass gegenwärtig immer mehr Hechte über 18 Kilo aus Forellenweihern stammen, aber ob diese auch länger sind? Bestimmte Gewässer produzieren regelmäßig Hechte über 140 Zentimeter, deshalb glaube ich, dass auch genetische Faktoren eine Rolle spielen.

Ich werde in der kommenden Woche mein Archiv weiter auf Vordermann bringen und weiter nach besonders langen Hechten suchen. Dann bekommt dieser Artikel eine interessante Ergänzung in einem weiteren Teil. Darin kann man lesen, wo die Chance auf einen superlangen Esox am größten ist. Vielleicht habe ich dann auch etwas Platz, um über das Phänomen des Bauchumfangs bei Hechten zu schreiben. Nur noch etwas Geduld bis zum nächsten Teil!

Jan Eggers

the.pike.ferret@hetnet.nl

Hier geht es zum 9. Teil der Serie…

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