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Neues Netz verringert Beifänge

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Bild: Thünen-Institut/OF
Unterwasseraufnahme von Schollen im Bereich des parallel angeordneten Fluchtgitters im Freswind-Netz. Bild: Thünen-Institut/OF

Ein in Deutschland entwickeltes Dorsch-Netz mit Leitplanke und Notausgängen gewinnt den internationalen Innovationspreis für selektive Fischerei.

Große Freude im Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock: Ein maßgeblich dort mit europäischen Partnern entwickeltes Netz, das „Freswind“, ist in den USA bei dem weltweiten Smart-Gear-Wettbewerb mit dem Runner-up Preis ausgezeichnet worden. Der Preis ist mit 10.000 Dollar dotiert. In dem alle zwei Jahre ausgeschriebenen internationalen Wettbewerb des WWF werden innovative Ideen prämiert, die den unerwünschten Beifang in der Fischerei reduzieren können.

Schollen können durchschlüpfen

Funktionsweise des Netzes: Im Netzbeutel ankommende Fische (1) werden durch die Leiteinrichtung (2) dazu gebracht, zur Seite zu schwimmen. Plattfische und kleine Dorsche können so durch die Fluchtgitter entkommen (3). Große Dorsche und sehr dicke Plattfische werden nach hinten durchgeleitet (4). Im hintersten Netzteil besteht für kleinere Dorsche erneut die Möglichkeit zu entkommen (5). Bild: Thünen-Institut/OF

Selektives Fangen – dieses Prinzip rückt in der modernen Fischerei immer stärker in den Vordergrund. Dr. Christopher Zimmermann, Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei, erläutert warum: „Die EU hat die Fangregularien neu gefasst. Ab 2015 müssen die Fischer in vielen Fällen alle gefangenen Fische, für die es eine Fangquote gibt, anlanden. In der Fischerei auf Dorsch zum Beispiel geht auch immer eine erhebliche Anzahl Schollen mit ins Netz. Bisher wurde der unerwünschte Beifang einfach wieder über Bord gegeben. Unter den neuen Regeln muss die Dorschfischerei stoppen, wenn die Schollen-Fangquote ausgeschöpft ist.“

Hier kommt der neue Netztyp Freswind ins Spiel: Ein Netz mit Leitplanken und Notausgängen, das nacheinander verschiedene Fischarten aussortiert – die Forscher nennen das „Mehrarten-Selektion“. Untermaßige, also zu kleine Dorsche, können schon bei herkömmlichen Netzen am Netzende durch Fluchtfenster mit größeren Maschen entkommen. Doch wenn Plattfische wie Schollen diese Maschen verstopfen, ist der Fluchtweg versperrt. Das Freswind-Netz hat daher vor dem hinteren Bereich des Netzendes parallel angeordnete Gitterstrukturen eingebaut, durch die die Plattfische durchschlüpfen können. Unterwasserbeobachtungen haben aber gezeigt, dass sie eher in der Netzmitte bleiben. Daher haben die Thünen-Wissenschaftler zusätzlich eine Art Leitplanke mittig eingebaut, die die Fische zwingt, nach außen auszuweichen und in Richtung Gitter zu schwimmen.

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Mehr Informationen

19 Smart Gear Competition final_FRESWIND from Annemarie Schuetz on Vimeo.

60 Prozent weniger Plattfische im Netz

Erste Tests auf dem Forschungsschiff Clupea und auf kommerziellen Kuttern haben die Erwartungen der Konstrukteure übertroffen: Der Plattfischbeifang konnte um über 60 Prozent reduziert werden, der Fang untermaßiger Dorsche um 30 Prozent, während der Verlust an vermarktbaren Dorschen sehr gering war. Gleichzeitig ließ sich die Netzkonstruktion auf dem Kutter gut handhaben – ein entscheidendes Argument für die Anwendung in der Praxis.

Die Prämierung beim Smart-Gear-Wettbewerb gibt den Wissenschaftlern neuen Auftrieb. Juan Santos vom Thünen-Institut für Ostseefischerei: „Dass sich unsere neue Entwicklung gegen weltweite Konkurrenz durchsetzen konnte, freut uns sehr. Auch künftig wird es immer mehr darauf ankommen, Netze so zu konstruieren, dass die Körperform und das Verhalten der Fische artspezifisch berücksichtigt werden.“ Für das neue Netz sehen die Forscher noch weitere Anwendungen: Verändert man die Abstände der Gitterstäbe, lässt sich das Netz leicht an eine andere Größenselektion der Zielart oder sogar an andere Fischereien anpassen. Die Entwicklung technischer Lösungen, um wirklich nur die gewünschten Fische zu fangen und die unerwünschten im Meer zu lassen, ist offenbar noch lange nicht ausgereizt.

Nähere Informationen im Thünen-Magazin „Wissenschaft erleben“ 2014/2…

-pm-

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