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Zielfisch Brassen: Auf Distanz

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Zielfisch Brassen: Auf Distanz

Peter A. Christensen überbrückt oft über 100 Meter, um die kapitalen Fische auszutricksen. Dieser Aufwand lohnt sich gewaltig!

Schwer beladen, als hätte ich tonnenweise Gerät in die Taschen gepackt, quäle ich mich hinunter zum ausgewählten Hot Spot. Ein milder Südost-Wind weht mir ins Gesicht. Als sich die Dunkelheit ein paar Stunden später über das Gewässer legt, kann ich mich endlich in mein Zelt zurückziehen und mich entspannen. Das Gummiboot ist aufgeblasen, zwei Plätze sind angefüttert, und die Montagen sind exakt dort platziert, wo ich seit ein paar Tagen immer wieder eine Schule richtig großer Brassen ausgemacht habe.

Ein paar Stunden später weckt mich das Piepsen meines linken Bissanzeigers. Die Diode leuchtet hell in der Dunkelheit, und der Swinger hüpft auf und ab – der erste Brassen ist in die Falle getappt! Aufgrund der großen Distanz von über 100 Metern zum Angelplatz artet es in Arbeit aus, den Fisch heranzupumpen. Als die Stirnlampe jedoch eine gewaltige Breitseite eines Brassens anstrahlt, ist alle Mühsal vergessen.

 

Leichte Karpfenruten meistern das Angeln auf Distanz und bezwingen auch kapitale Brassen.

Meine erste vorsichtige Schätzung über das Gewicht des Fisches liegt bei gut fünf Kilo, aber ein genaues Wiegen zeigt, dass das Exemplar sogar etwas über sechs Kilo schwer ist. Jetzt habe ich keine Zweifel mehr, dass ich am Ende doch den richtigen Weg eingeschlagen habe – Großbrassen müssen offenbar auf Distanz gefangen werden!

 

 

 

 

 

 

 

Nach einer schlaflosen Nacht mit zahlreichen Bissen ziehe ich im Morgengrauen eine Bilanz: Elf Brassen fielen auf meine kleinen Boilies herein, die ich auf einer Sandbank weit weg vom Ufer angeboten habe. Von diesen Fischen knackten eine Handvoll die magische Fünf-Kilo-Marke.

 

Flachwasser finden

Im Verlauf des Frühjahrs sammeln sich die großen Brassen in Schwärmen, um zu laichen. Das läuft meistens innerhalb weniger Wochen oder eines Monats ab, oft zwischen Ende April und Juni. Meistens suchen die Fische den wärmsten Teil des Gewässers auf. Oft sind das flache Bereiche in der nordöstlich gelegenen Ecke des Sees, denn dort scheint die Sonne im Tagesverlauf am längsten hin. Gibt es an diesen Pätzen auch Schilfgürtel oder ausgiebige Krautzonen, kann man fast sicher sein, dass hier gute Fische stehen.

 

Der Autor befischt flache Bereiche, die oft über 100 Meter entfernt liegen. Fürs Anfüttern und Auslegen der Montagen benutzt er ein Schlauchboot.

Tagsüber ziehen die Brassen in diesen Gebieten normalerweise umher und warten, bis das Wasser warm genug für ihre Hochzeit ist. Nachts gehen sie dann auf Futtersuche an nahe gelegenen Kanten, Plateaus oder Sandbänken. Der ideale Angelplatz ist daher eine große Sandbank oder ein Flachwassergebiet, das ein Stück vom Land entfernt liegt und eine hohe Konzentration an Futterorganismen aufweist. Um so einen Hot Spot zu finden, ist es eine gute Idee, in eine detaillierte Tiefenkarte des Sees zu investieren und sich eventuell sogar ein Echolot zuzulegen.

Die erwähnten Stellen sind allerdings mit konventionellen Methoden wie dem Stippen, Feedern oder Matchen meistens unmöglich zu erreichen. Deshalb muss eher zum leichten Karpfengerät gegriffen werden. Mit 3,30 bis 3,60 Meter langen Ruten mit einer Testkurve von 1,75 bis 2,5 lb, mittelgroßen Freilaufrollen und einer dünnen Geflochtenen, zum Beispiel einer 0,13er Power Pro, ist es fast kinderleicht, auf Distanzen von 120 bis 150 Metern zu fischen.

 

Angelplatz markieren

Zum Fischen auf so große Entfernung braucht man ein spezielles Köder- oder Schlauchboot, um am Angelplatz anzufüttern und die Montagen dort auszu-legen. Diesen Aufwand rechtfertigen überraschende Resultate, da man Gebiete erreicht, die sonst nicht befischt und von den Fischen völlig arglos zum Fressen aufgesucht werden. Ich kennzeichne meine Angelstelle immer mit einer Markerpose, die mir das präzise Anfüttern und das Auslegen der Montage sehr erleichtern. Um die Markierung auch nachts zu finden, klebe ich ein Knicklicht oder Reflexfolie auf die Boje.

Wer angelt bei solch riesigen Brassen noch auf Karpfen?

Beim Auslegen der Montagen mit dem Schlauchboot ist ein zweiter Angler sehr hilfreich, der an Land dafür sorgt, dass die Schnur stramm bleibt. Sprechen Sie ein Signal ab, zum Beispiel, dass Sie im Boot die Hände in den Himmel heben, woraufhin ihr Angelfreund die Leine noch einmal kräftig strafft, bevor Sie die Montage endgültig am Platz versenken. So sichert man sich eine optimale Bissanzeige. Fischt man alleine, ist ein großer Schnurbogen kaum zu vermeiden, besonders dann, wenn ein frischer Wind weht.

 

 

 

Montagen anpassen

Um auf den großen Distanzen eine effektive Bissanzeige und ein gutes Haken der Fische zu erzielen, ist es notwendig, die herkömmlichen Lauf- gegen Festblei- oder andere Karpfen-Montagen zu tauschen. Die besten Erfolge hatte ich mit einem großen und 60 Gramm schweren Method-Feeder, eine Art Futterspirale, die ich fest auf der Schnur montiere und mit einem ultra-kurzen, 0,25er bis 0,30er Fluorocarbon-Vorfach und einem leichten, 8er bis 10er Karpfenhaken kombiniere.

 

Wenn der Grund verschlammt oder verkrautet ist, vertraut der Autor dem „Chod Rig“ (auch im Fachhandel erhältlich).

 

Sofern man über weichem Boden fischt, kann es sich bezahlt machen, eine etwas andere Montage zu benutzen, zum Beispiel das so genannte „Chod Rig“. Es ist so konstruiert, dass das Blei zwar einsinkt, der beköderte Haken aber auf dem Schlamm liegen bleibt. Ich benutze dafür ein Vorfach aus so genanntem Leadcore, einem dicken Material mit Bleikern, das gegen scharf-kantige Steine und andere Hindernisse einen hervorragenden Abriebschutz bietet.

 

Festbleimontage mit Method Feeder.

 

Brassen anfüttern

Die meisten Karpfenangler werden sicherlich zustimmend nicken, wenn ich behaupte, dass ein Schwarm Brassen selbst den größten Futterplatz so schnell plündern kann, wie es sonst nur gierige Piranhas mit einem ins Wasser gefallenen Tier machen. Zusammen mit einem Freund habe ich mal in lediglich einer Viertelstunde eine Handvoll Brassen von jeweils über fünf Kilo landen können. So schnell, wie der Schwarm gekommen war, verzog er sich aber auch wieder. Kurz vor dem ersten Biss hatten wir noch etwa sieben Kilo Futter versenkt, darunter viele Partikel, sich langsam auflösende Pellets und Boilies. Allerdings war es nur zu offensichtlich, dass die Brassen alles in kürzester Zeit verputzt hatten. Überflüssig zu erwähnen, dass der Rest der Nacht erfolglos blieb.

Mein Fazit aus diesem Erlebnis: Wenn die Brassen ihr großes Fressen beginnen, muss man mit dem Nachfüttern enorm schnell sein. Allerdings sollte das erste Anfüttern auch nicht zu optimistisch ausfallen, denn vor dem Laichgeschäft kann es auch vorkommen, dass sich die Brassen alles andere als hungrig zeigen. Manchmal fressen sie überhaupt nicht. Meistens sind sie allerdings doch in Fresslaune. Dann füttere ich mit bis zu einem Kilo Futter pro Rute an. Ich bevorzuge eine Mischung aus Dosenmais, Hanf, Maden, Würmern, Pellets und Boilies.

 

Boilies aufpeppen

Als Köder nehme ich kleine, 10er bis 14er Boilies, wobei ich mit süßen eschmacksrichtungen am besten gefangen habe („Scopex“ von Dynamite oder „Banana-Crustaceans“ von Prologic, erhältlich über www.eurocarp.de). Es ist nie verkehrt, die Boilies mit etwas Flavour zu verfeinern, zum Beispiel mit Prologics „DNA Krill Juice“ und „Banana & Crustacean Liquid Dip“ oder Dynamites „Hi-Attract Scopex Liquid Dip“. So hinterlassen die Köder eine
leckere und weit reichende Duftspur im Wasser.

Peter Christensen angelt mit 10er bis 14er Boilies auf große Brassen. Etwas Lockstoff macht den Köder noch attraktiver.

Beim Angeln auf große Distanz kann man seine Köder nicht mal eben überprüfen oder wechseln. Deshalb sollte man einen Boilie wählen, der fest auf dem Haar sitzt, lange hält und auch die Fressversuche der oft massenhaft vorhandenen Rotaugen übersteht. Wenn die Brassen besonders arglos beißen, kann man es auch mit künstlichen Partikelködern versuchen, zum Beispiel mit einem Plastikmaiskorn von Enterprise Tackle (erhältlich bei www.becker-fishing-tackle.de). Wenn man es in leckeres Flavour tunkt und damit aufpeppt, ist es ähnlich attraktiv wie ein natürlicher Köder, nur um ein Vielfaches haltbarer.

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