Jens Bursell mit zwei Pracht-Schleien von jeweils sechs Pfund, die er in einem flachen Waldsee unmittelbar an der Seerosen-Kante auf 10-Millimeter-Boilies fing. |
Dicke Schleie kurz vor der Landung. Ein zu erwartender Fang, wenn kleine Boilies am Haar angeboten werden. „Kein anderer Köder fängt gezielter Schleien“, meint der Autor. |
Nicht nur Karpfen, auch Schleien lassen sich gezielt mit Boilies fangen. Nur müssen Köder und Montagen eine Nummer leichter gewählt werden. Der dänische Friedfisch-Experte Jens Bursell stellt die äußerst effektive Methode vor.
By Jens Bursell
Morgennebel liegt über dem idyllischen Waldsee. Obwohl die Stimmung eher dazu angetan ist, die Seele baumeln zu lassen, bin ich alles andere als entspannt. Denn meine Stachelschweinpose am Rande des Seerosenfeldes zuckt. Biss! Als das Floß endlich abtaucht, schlage ich an, in der Hoffnung, dass eine schöne Schleie Geschmack am Maisköder gefunden hat. Doch was ist das? Zwar sitzt der Haken, doch kaum Gegenwehr am anderen Ende. Ein kleines Rotauge mochte die gelben Körner. Und wo man eins fängt, da beißen garantiert noch mehr!
Nicht, dass ich generell etwas gegen Rotaugen hätte, wohl aber dann, wenn ich allein der Moosgrünen wegen mit dem ersten Hahnenschrei am Wasser bin. Da ich jedoch kein Schleienrevier ohne Weißfischbestand kenne, rücke ich den Tincas mittlerweile gezielt nach Karpfenangler-Manier an die Schuppen: mit Boilies und Haarmontage. Nur mit dem Unterschied, dass alles ein Kaliber leichter gewählt wird.
Kleine weiche Duftkugeln
Kleine Boilies verringern das Risiko die Fische zu überfüttern. Wie weit mit dem Durchmesser heruntergegangen werden kann hängt letztlich vom Weißfischbestand ab. Kommen große Rotaugenschwärme mit Fischen von 100 bis 200 Gramm Stückgewicht vor sind zehn bis zwölf Millimeter große Kugeln richtig. Dominieren dagegen weniger dafür aber größere Plötzen und viele Brassen zwischen 400 und 800 Gramm das Gewässer bevorzuge ich 14- bis 18-Millimeter-Boilies. Ein oder zwei Stück dienen jeweils als Hakenköder.
Tincas mögen besonders Proteinkugeln in den Geschmacksrichtungen „Fisch“ und „Tutti Frutti“. Doch das genügt mir noch nicht: Ich habe deutlich mehr Bisse auf Boilies bekommen die zusätzlich mit Aminosäure behandelt wurden. Diese mische ich bei der Zubereitung direkt in die Teigmasse. Fertige Boilies werden nachträglich in Aminosäure gedippt und zwar nur die Hakenköder kurz vor dem Auswerfen. Dadurch werden sie gegenüber den unbehandelten Kostproben des Futterteppichs um so fressenswerter.
Zudem sollten die Proteinkugeln keinesfalls steinhart sein. Weichere Boilies werden von den Schleien nicht nur lieber genommen sondern auch eher gefunden weil sich ihr Duft im Wasser schneller freisetzt.
Wo aber platziere ich die Leckerbissen? In stehenden Gewässern mit ausgedehnter Uferzone und Seerosengürteln kommen oft gute Schleienbestände vor. Zwar bieten die meisten Baggerseen keine solchen Bedingungen doch kann auch hier gut gefangen werden sofern es dichte Schilfgürtel gibt und die Ufer nicht zu steil abfallen. Gerade Kapitale schätzen diese künstlichen Gewässer aus Menschenhand.
Aufschluss über die Güte eines Schleienreviers kann auch der Karpfenbestand geben. Wo Spiegler durch regelmäßigen Besatz überproportional stark verbreitet sind verdrängen sie gewöhnlich die Tincas die dann nur noch sporadisch vorkommen.
In allen Gewässern wird vorzugsweise an der Vegetationskante im flacheren Wasser angefüttert. 20 bis 30 Boilies pro Futterplatz genügen um die Fische binnen einer Woche an die runden Kugeln zu gewöhnen. An vielen Gewässern bringen aber schon Karpfenangler regelmäßig Boilies als Kostproben ein. Dann werden natürlich auch Schleien keinen Bogen um diese Köder machen und spontane Ansitze lohnen – ganz ohne anfüttern zu müssen.
Blei und Vorfach für die Flucht
Um Mini-Boilies perfekt am Haar anzubieten wähle ich entsprechend kleine Haken. Dünndrähtige chemisch geschärfte Modelle der Größe zwölf bis sechs sind ideal. Da solche Greifer schon bei geringem Gegendruck sicher im Fischmaul fassen kann das Blei viel leichter als bei der Karpfenfischerei sein. 35 bis 40 Gramm genügen und werden von einer gehakten Schleie locker ins Schlepp genommen.
Es besteht also kein Anlass zur Sorge dass Bisse verpasst werden könnten. Auf kurze und mittlere Angelentfernungen reichen Kugel- oder Birnenbleie mit eingegossenem Wirbel. Muss weit geworfen werden ist ein Gewicht mit Anti-Tangle-Tube allerdings sicherer um Verwicklungen zu vermeiden.
Das geflochtene Vorfach Silkworm wähle ich vier bis sechs Pfund stark. In einer Länge zwischen 20 und 30 Zentimetern erfüllt es alle Voraussetzungen die eine wirkungsvolle Fluchtmontage bieten muß: Die Boilies lassen sich ideal präsentieren und die Schleie bekommt nur so viel Spiel dass sie den Köder einerseits widerstandslos einsaugen andererseits nicht mehr rechtzeitig ausspucken kann.
Auch die Hauptschnur ist ganz auf Schleienstärke zugeschnitten: Mein Standard liegt bei 018 Millimetern an hindernisreichen Stellen zwischen 020 und 023 Millimetern. Unauffällig genug um die Fische nicht zu vergrämen aber noch so stark dass selbst kapitale Tincas im Drill das Nachsehen haben.
Doch vor der „krummen Rute“ steht das Erkennen des Bisses. Ich bevorzuge einen elektronischen Anzeiger kombiniert mit einem Kletteraffen. Sowohl gewöhnliche Bisse als auch Fallbisse werden damit sicher erkannt. Gerade Schleien neigen dazu mit dem eingesaugten Köder in Richtung Standplatz des Anglers abzuziehen (Fallbisse).
Die Bremse an der kleinen Stationärrolle ist dabei geöffnet so dass die gehakte Tinca leicht Schnur von der Rolle ziehen kann. Zum Drillen wird sie dann je nach Stärke des Fisches entsprechend angezogen.
Kühler Kopf im heißen Drill
Bevor die ersehnte Moosgrüne im Keschernetz zappelt muß der Angler den Fisch erst einmal ermüden. Schleien sind harte Kämpfer viel stärker als etwa ein gleichgroßer Karpfen.
Oft stürmt der gehakte Fisch auf ein Seerosenfeld zu um sich dort auf Nimmerwiedersehen festzusetzen. Machen Sie dann nicht den Fehler ihn mit aller Gewalt stoppen zu wollen. Man sollte nie vergessen dass zwar jeder Angler kräftiger als eine Schleie ist aber nicht sein Gerät! Wer dagegen kühlen Kopf im heißen Drill bewahrt senkt die Rute und verringert so kurz den Druck. Durch die Finte wird der Fisch oft irritiert und schlägt eine andere Fluchtrichtung weg von den Seerosen ein.
Gelingt dann noch die Landung und glänzt die gefangene Moosgrüne im frühen Morgenlicht verfliegt garantiert jeder schläfrige Gedanke ans warme Bett. Wir haben alles haargenau richtig gemacht und oft sind es besonders dicke Schleien die auf Boilies beißen.
Boilies für Großschleien?
Studiert man die FISCH & FANG-Rutenfieber-Jahreswertung 1997, dann fällt auf, dass keine einzige der zehn schwersten Schleien auf Boilies biss. Woran liegt das? Mögen es die Tincas doch lieber klassisch mit Wurm, Made und Mais, oder wird mit den Proteinkugeln kaum gezielt auf Moosgrüne gefischt? Fragen, mit denen wir den Autor konfrontierten.
Jens Bursell: „Meiner Meinung nach wird viel zu wenig mit Boilie auf Schleie geangelt. Damit fangen meist nur Karpfenangler – natürlich rein zufällig – große Exemplare, die sie wohl meistens nicht registrieren lassen. Aber gezielt mit Mini-Boilie auf Schleie, das ist immer noch Spezialisten-Handwerk. Dabei kenne ich keine bessere Methode für Kapitale. Mit der Pose muß man nämlich äußerst fein angeln und fängt oft nur Kleinfisch. Und „normale“ Grundmontagen können zwar gröber sein, aber wenn eine vorsichtige Schleie am Köder lutscht, ist es gar nicht so einfach, im richtigen Moment anzuhauen, was sich bei einer Fluchtmontage mit Boilies ja von selbst erledigt. In Deutschland wird das genauso gut laufen wie bei uns in Dänemark. Mein Rat: Einfach ausprobieren, denn Boilie-Angeln lohnt nicht nur auf Karpfen!“
Foto: Verfasser