ANZEIGE

Mit Boilies auf Schleie

9939
Thomas freut sich über eine 2.300 Gramm schwere Schleie – mit zwei Miniboilies vor der Krautkante überlistet.
Thomas freut sich über eine 2.300 Gramm schwere Schleie – mit zwei Miniboilies vor der Krautkante überlistet.

Vom Boot aus auf Tinca tinca, womöglich auch noch nachts? Gerne, aber immer mit der Ruhe.

Von THOMAS KALWEIT

Das macht Spaß, so richtig sinnlich im saftigen Futter zu wühlen! Ich zerreibe die letzten gröberen Brocken genüsslich zwischen meinen Handflächen. Der süß-würzige Duft von Ananas-Flavour und Melasse steigt mir in die Nase. Das wird den Schleien schmecken! Den Method-Mix auf Fischmehlbasis habe ich zusätzlich mit einem bunten Partikel-Potpourri angereichert – Dosenmais, ein paar Hände 10er Miniboilies und Fischmehl-Pellets. Diese schön klebrige Futter-Mischung bindet problemlos große Partikelmengen und haftet sicher am Method-Feeder, löst sich aber am Grund schnell auf. So liegt mein Miniboilie am kurzen Vorfach perfekt positioniert auf einem lockenden Futterbett.

Ich peile mit der Rute in Wurfposition eine drei mal drei Meter große Lücke im Seerosengürtel an. Diesen Bereich haben mein Kollege Markus und ich am Vorabend in schweißtreibender Arbeit mit der Wurfharke von Kraut und Unrat befreit. Der Grund ist dort jetzt so sauber wie ein frisch geputzter Esstisch. Mit einem saftigen Klatschen landet der Method-Feeder in der Krautlücke, mit dem Zeigefinger auf der Spule habe ich den Wurf genau aufs Ziel heruntergebremst. Es folgen einige Schleuderfüllungen mit Pellets und Mais.

Vogelperspektive: Beim Bootsansitz auf Schleie müssen die Ruten möglichst ruhig liegen, damit die Grundmontagen nicht verrutschen.
Vogelperspektive: Beim Bootsansitz auf Schleie müssen die Ruten möglichst ruhig liegen, damit die Grundmontagen nicht verrutschen.

Das Erfolgsgeheimnis beim Schleienangeln: möglichst nah am Schilf- oder Seerosengürtel fischen. Ein Meter entfernt ist schon zu weit! Die grünen Schönheiten leben im Kraut, hier lutschen sie Schnecken von den Seerosenstängeln ab – und direkt am Grünzeug müssen wir ihnen auflauern.

Deshalb fischen wir auch nicht vom Ufer aus, dort würden wir die entlang des Seerosengürtels patroullierenden Tincas nur mit unserem Lärm beunruhigen. Wir haben unser Boot in maximaler Wurfweite zur Uferlinie positioniert, nur so können wir aus ausreichender Entfernung direkt vor den Schwimmblattpflanzen fischen. Wichtig beim Angeln mit Boltrig vom Boot aus: Der Kahn muss möglichst fest verankert werden. Zwei schwere Metallanker haben wir dazu möglichst weit vom Boot abgelegt, unseren schwimmenden Untersatz dann mit den Ankerseilen stramm verspannt.

Hot Spot: Zwischen Krautteppichen und Seerosen lauern die dicken Schleien.

Tanzende Bobbins

Trotz schwerer Anker lässt es sich nicht verhindern, dass das Boot im Wind ein, zwei Meter hin und her pendelt. Deshalb sollte die Hauptschnur etwas locker gelassen werden, damit die Montage nicht durch den Zug des Bootes ins Kraut gezogen wird. Als Bissanzeiger verwenden wir leichte Bobbins, die vor den Baitrunner-Rollen in die Schnur geklippt werden. In der ständigen Bewegung des Bootes tanzen sie wie Marionetten vielversprechend auf und ab. Es gibt kaum einen schöneren Anblick.

Langsam senkt sich die Sonne. Die Dunkelheit gewinnt die Oberhand, und unser Spirituskocher bollert am Boden des Bootes. Der erste Angeltag geht offenbar ohne Tinca zu Ende. Schleien sind Tagtiere, nachts sind sie in der Regel nicht sonderlich aktiv. Aber keine Regel ohne Ausnahme, deshalb bleiben unsere Method-Feeder auch über Nacht auf dem Futterplatz. Inzwischen ist es empfindlich kühl geworden, ein Hauch von Nieselregen liegt in der Luft, mehr fallender Tau als wirkliche Tropfen. Wir machen es uns in unseren Schlafsäcken gemütlich, noch sind sie trocken. Dösend haben wir das Ballett der leuchtenden Bobbins im Auge, die Ohren warten gespannt auf das erste Klicken des losratternden Baitrunners.

Um zwei Uhr nachts sollte es soweit sein: In einem Gewaltakt wird mein Bobbin gegen den Rutenblank geschleudert. Der Baitrunner jault auf. Noch im Halbschlaf packe ich die Rute. Der Anhieb sitzt. Ein ungewöhnlich kampfstarker Gegner zerrt an der 0,30er Schnur. Wie ein Bulldozer prescht der Fisch durch den lockeren Seerosenbestand. Das kann doch keine Schleie sein!? Nach heftigem Drill an der leichten Rute mit nur 1,75 lb Testkurve landet ein Karpfen im Keschernetz. Selten habe ich mich über einen halbwüchsigen Spiegler so wenig gefreut. Noch zwei weitere Kamikaze-Karpfen interessieren sich in dieser Nacht für unser Futterangebot.

Zu Angelbeginn wird Kraut geharkt: Dafür hat sich Thomas zwei Rechen mit Kabelbindern zusammengebunden. Beim Harken entfernt man nicht nur Kraut, sondern wühlt auch den Boden auf. Das lockt die Schleien an!

Doppelschlag am Mittag

Kescher nass, Abhakmatte nass, Wiegesack nass, Schlafsack nass … im Boot verbreitet sich in der ersten Morgensonne der würzige Geruch von langsam trocknendem Karpfenschleim. Auch in der Morgendämmerung will keine Tinca beißen. Inzwischen steht die Sonne schon hoch am Horizont. Trotzdem werfe ich noch einmal beide Montagen aus. Auch flitsche ich ein paar Handvoll Partikel auf den Futterplatz, die Karpfen haben nachts bestimmt alles ratzekahl leergefuttert. Die Hoffnung stirbt zuletzt! So legt auch Markus seine Montagen noch einmal neu aus.

Die Montage: Thomas setzt auf zwei Miniboilies am Method Feeder.
Die Montage: Thomas setzt auf zwei Miniboilies am Method Feeder.
Die Futterkugel muss gut am Method Feeder kleben. Beim Biss hakt sich die Schleie selbst.

Es ist windstill, das Wasser glasklar und sonnendurchflutet. Denkbar schlechte Bedingungen für einen Biss. Aus dem schläfrigen Augenwinkel bemerke ich, dass ein Bobbin sich nicht mehr im Takt der Wellen bewegt. Er zuckt hektisch, fällt nach unten, um dann stetig aufzusteigen. Klack, klack macht der Freilauf der Rolle, dann ist Ruhe. Trotzdem quittiere ich die ungewöhnliche Aktion mit einem Anhieb. Wütend schlägt eine Schleie am anderen Ende der Schnur.

Geschafft: Eine gute Schleie gleitet in den Kescher.
Geschafft: Eine gute Schleie gleitet in den Kescher.

Nach kurzem Drill taucht im klaren Wasser der grüne Körper auf, wie eine Erscheinung. Die Waage pendelt sich bei 2,3 Kilo ein. Ein Traum von einem Fisch! Eine halbe Stunde später hakt sich eine weitere Tinca an der Haarmontage – 2,9 Kilo! Der Brummer konnte zwei 10er Fischboilies nicht widerstehen. Wir sind hin und weg. Damit hatte keiner mehr gerechnet.

Unser Fazit: Beim Schleienangeln sollte man nicht zu früh aufgeben. Nach fast 24 Stunden auf dem Boot bissen beide Zielfische erst in der letzten Stunde.

Es grünt so grün: Thomas freut sich über eine prächtige Schleie von 2.900 Gramm.
Es grünt so grün: Thomas freut sich über eine prächtige Schleie von 2.900 Gramm.
Markus justiert die Freilaufrollen. Am besten kombiniert man sie mit einem Einhänge-Bissanzeiger.
Markus justiert die Freilaufrollen. Am besten kombiniert man sie mit einem Einhänge-Bissanzeiger.
ANZEIGE
Abo Fisch&Fang