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Bachforellen bekämpfen Krankheit mit Abkühlung

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Der Klimaparasit (PKD) braucht zwei Wirtsorganismen, um seinen Lebenszyklus zu vollenden: Bachforellen (links) und Moostierchen (rechts). Während infizierte Moostierchen im wörtlichen Sinn festsitzen, können sich die Forellen durch Aufsuchen kühler Gewässerbereiche aktiv selbst therapieren, sie legen sich sozusagen Wadenwickel an.
Der Klimaparasit (PKD) braucht zwei Wirtsorganismen, um seinen Lebenszyklus zu vollenden: Bachforellen (links) und Moostierchen (rechts). Während infizierte Moostierchen im wörtlichen Sinn festsitzen, können sich die Forellen durch Aufsuchen kühler Gewässerbereiche aktiv selbst therapieren, sie legen sich sozusagen Wadenwickel an.

Normalerweise begegnet der menschliche Körper, aber auch viele Tiere, Krankheitserregern mit einer Fieberreaktion. Doch was machen Fische, wenn sie krank werden?

Denn diese Tiere sind ja wechselwarm, das heißt ihre Körpertemperatur passt sich direkt der Umgebungstemperatur an. Spannenderweise reagieren auch Fische auf viele Krankheiten mit einer Erhöhung ihrer Körpertemperatur, indem sie aktiv wärmere Wasserbereiche aufsuchen. Was aber passiert, wenn die Fische nun in Zeiten der Klimakrise mit wärmebegünstigten Krankheiten konfrontiert werden, bei denen das oben beschriebene Verhalten die Krankheit eher verschlimmern würde?

Fische therapieren sich selbst

Genau diese Frage stellte sich die Fischereiforschungsstelle des Landes Baden-Württemberg, die seit Jahren intensiv die Auswirkungen des Klimawandels auf Fischkrankheiten untersucht. Vereinzelte Beobachtungen im Freiland hatten die Vermutung nahegelegt, dass sich kranke Fische durch gezieltes Aufsuchen kühler Gewässerbereiche selbst therapieren könnten.

Vom Klimawandel begünstigter Parasit

Zur Überprüfung dieser These konstruierten Wissenschaftler spezielle Versuchsbecken, in denen verschiedene Temperaturbereiche gezielt einstellbar waren. Die Hälfte der Versuchsfische wurde dann mit einem Parasiten (PKD, Proliferative Nierenkrankheit) infiziert, der in den vom Klimawandel erhitzten Gewässern Baden-Württembergs zunehmend große Schäden in den Bachforellenbeständen anrichtet. Die andere Hälfte der Fische war frei von diesen Parasiten und diente somit als Kontrolle. Zunächst wurden alle Forellen bei 14°C gehalten, um gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen. Danach wurden für beide Gruppen in den Versuchsbecken übergangslos unterschiedliche Temperaturbereiche von kühlen 13°C bis warmen 16°C angeboten, zwischen welchen die Forellen frei hin und her schwimmen konnten.

Bekämpfen Krankheit mit Abkühlung

Das Ergebnis der Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht ist, war eindeutig: Die infizierten Forellen schwammen aktiv zu den Bereichen mit kälterem Wasser und blieben dort, während die Kontrollfische im warmen blieben. Die Autoren der Arbeit, die Wissenschaftler Ros und Brinker, folgern daraus, dass die Forellen durch Bevorzugung kalten Wassers und der damit einhergehenden Abkühlung (engl. chill behaviour) die Krankheit bekämpfen. Bachforellen ändern also aktiv ihr Verhalten und begeben sich selbstbestimmt in eine Kältetherapie, um die Auswirkungen des Krankheitserregers zu mildern. Diese Beobachtung ist eine kleine Sensation, denn dieses seltene Verhalten wurde im Tierreich bisher noch nie bei einer durch den Klimawandel verursachten Krankheit beobachtet.

Flüsse müssen durchwanderbar sein

Die Studie zeigt, wie wichtig eine hohe Durchwanderbarkeit unserer Flüsse ist: Kranke Fische müssen aktiv kühlere Bereiche aufsuchen können. Nur so können sie sich bestmöglich vor dem Klimawandel oder dessen negativen Auswirkungen schützen und gesunde Bestände erhalten. Denn der Sprung ins kühle Nass im Sommer scheint nicht nur uns Menschen gut zu tun, sondern auch den Fischen unter der Wasseroberfläche. Die Studie ist unter folgendem Link öffentlich verfügbar: https://rdcu.be/dKBTY

-Pressemitteilung der Fischereiforschungsstelle des Landwirtschaftlichen Zentrums Baden-Württemberg (LAZBW)-

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