Beim Aalangeln in den Wasserstraßen gilt für Claus Mittmann die Devise: Gut gelotet, ist halb gefangen. Von Henning Stühring
Mann, manche Angler haben‘s nicht nur gut, sondern besser! Zum Beispiel Claus Mittmann, bei dem ich heute Abend zu Gast bin. Wir wollen in „seinem“ Kanal auf Aal angeln. Und den erreicht Claus zu Fuß. Das Gewässer liegt nur ein paar Schritte von seinem Haus entfernt. Claus wohnt an der Weser, und der angebundene Schleusenkanal kann in diesem Fall buchstäblich als Hausgewässer bezeichnet werden.
Als ich den Niedersachsen begrüße und nach den Fangaussichten frage, antwortet der Spezi: „Es sieht gut aus. Wir haben Juli, und es gibt eine warme Nacht. Aale lieben das.“ Dass kaum Wolken am Himmel stehen, stört Claus diesmal nicht. Mit Blick nach oben sagt er: „Weil viel geschleust wird, ist das Wasser immer trüb. Im Kanal beißt der Aal sogar tagsüber.“ Und als wieder ein dicker Pott vorbeifährt und sich die Schleusentore öffnen, erkenne ich den Effekt mit eigenen Augen. Durch den gewaltigen Sog wird das Wasser gehörig durcheinander gewirbelt. Aber nervt das nicht beim Angeln? Claus schüttelt den Kopf und antwortet: „Ab zehn Uhr wird das Schleusen eingestellt, dann ist Ruhe. Deshalb fische ich hier ja lieber nachts.“
An Dalben auf Aale
Wie beim Angeln im Baggersee, setzt Claus auch beim Ansitz am Kanal seine bewährte Laufposenmontage ein. Den Einzelhaken beködert der ehemalige Angelführer mit einem Tauwurm. Claus sagt: „Den lege ich an den Dalben aus.“ Damit meint der Weserangler jene dicken Pfähle, die vom Schleusenaufgang ins Wasser ragen. An den Dalben sammeln sich nämlich Muscheln, Schnecken und anderes Kleingetier, das Fische wie Magneten anzieht. Ein echter Hotspot!
Aber einen Nachteil hat der gewählte Angelplatz trotzdem. Denn nicht nur am Ufer liegen dicke, scharfkantige Steine. Die Packung setzt sich natürlich auch unter Wasser fort. Claus erklärt die Folgen: „Hänger gibt‘s hier mehr noch als Aale. Und manches Mal ziehen die beißenden Fische zwischen die Steine. Dann hat man natürlich schnell Schnurbruch.“
Dennoch hält Claus wenig davon, grob zu fischen. Denn im ruhigen Nachtwasser des Kanals beißen die Aale oft genug sehr vorsichtig. Auf meine Frage nach der Schnurstärke bekomme ich zur Antwort: „Maximal 0,30er.“ Monofil, versteht sich.
Viele spitze Bisse
Claus bringt die Montage mit äußerster Präzision aus. Ganz wichtig ist die richtige Angeltiefe. Der Wurm soll eine Handbreit über dem Grund locken, und von der Pose darf nur die Antenne über die Oberfläche ragen. Dann beginnt das Warten.
Lange dauert es diesmal wirklich nicht. Bereits um halb zehn, es ist noch nicht einmal dunkel, geht eine der drei Posen unter. Ob‘s tatsächlich schon ein früher Aal ist? Claus nimmt Kontakt auf und schlägt kräftig an. Starker Widerstand signalisiert zumindest einen nicht ganz kleinen Fisch. Und tatsächlich kann Claus einen Aal ans Ufer schlenzen. „Genau richtig für die Räuchertonne!“, ruft mir der strahlende Fänger zu. Was für ein Auftakt!
Und in der Folge bleibt kaum Zeit, mal in Ruhe Platz zu nehmen. Von wegen Ansitzen – Anstehen muss das heute heißen! Die Aale laufen und beißen, aber zum Großteil nur sehr zaghaft. So etwas habe ich als Flussangler noch nicht erlebt. Packen die Aale in der Strömung meist sehr vehement zu, gelten an diesem ruhigen Kanal offenbar ganz andere Gesetze. Mitunter dauert es Minuten, bis die Pose völlig abgetaucht ist und Claus endlich den Anschlag setzen kann.
Claus kann Aal
Kein Wunder, dass bei dieser Nuckelei mancher Anhieb ins Leere geht. Und als der nächste Aal hängt, schlängelt er sich zwischen die Steine am Grund und setzt sich dort bombenfest. Ja, Aalangeln kann richtig Nerven kosten. Aber eben auch mächtig Freude machen. Denn schon bald verhaftet Claus den nächsten Schleicher. Ein richtig fettes Exemplar um die 60 Zentimeter. Und der Fänger kann mal wieder feixend rufen: „Ich kann Aal!“
Das muntere Beißen hält noch länger an. Wirklich unglaublich, wie zaghaft die Schlängler am Wurm lutschen. Man sieht kaum das Zucken an der Leuchtpose. Wer die spitzen Bisse beobachtet, dem ist sofort klar, warum Claus lieber kleine Würmer als größere Köderfische anbietet. Aber Claus kann ja Aal, und seine Geduld zahlt sich schließlich aus. Bis Mitternacht landet der dritte Schleicher im Eimer. Dann ist es genug für heute. Das Ergebnis darf als gut bewertet werden. Und es ist ein Beleg dafür, dass sich der Aalansitz durchaus noch lohnen kann. Allerdings muss man daür seine Taktik und Methoden an die leider rückläufigen Bestände anpassen. Die Zeiten des Hauruck-Angelns mit „Besenstielen“ und Sargbleien ziehen jedenfalls längst nicht mehr an jedem Gewässer.
Eines der wichtigsten Details beim Aalangeln ist der Haken. Die müssen superscharf und sehr stabil sein. Wird mit Wurm geangelt, empfehlen sich die speziellen Modelle mit kleinen Widerhaken am Schenkel. Dadurch hält der Kringler besser. Bei Vorfachhaken kommt es auf gute Schnurqualität und saubere Knotenbindung an. Wer hier spart, spart definitiv am falschen Ende!