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Wie aus Wasserpflanzen Landpflanzen wurden

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Dr. Lydia Gramzow von der Universität Jena präsentiert Armleuchteralgen. Ursprünglich ging man aufgrund von Ähnlichkeiten davon aus, dass Landpflanzen mit dieser Wasserpflanzen-Gruppe näher verwandt sind. Foto: Jens Meyer/Uni Jena
Dr. Lydia Gramzow von der Universität Jena präsentiert Armleuchteralgen. Ursprünglich ging man aufgrund von Ähnlichkeiten davon aus, dass Landpflanzen mit dieser Wasserpflanzen-Gruppe näher verwandt sind. Foto: Jens Meyer/Uni Jena

Ein internationales Forschungsteam hat die Gene entdeckt, mit denen es Pflanzen gelungen ist, aus dem Wasser die Erdoberfläche zu besiedeln.

Bis vor rund 550 Millionen Jahren war die Erdoberfläche eine kahle Landmasse umgeben von Meeren. Fast alles Leben, das sich bis dahin entwickelt hatte, spielte sich ausschließlich im Wasser ab. Doch dann zog es die ersten Wasserpflanzen aufs Land, was die Erde nicht nur grüner machte, sondern auch Atmosphäre, Klima und Lebensbedingungen auf unserem Planeten grundlegend änderte.

Leben an Land ist Stress pur

„Bislang war aber nicht klar, wie es den Pflanzen zu dieser Zeit überhaupt gelungen ist, auf der Erde Fuß zu fassen“, sagt Prof. Dr. Günter Theißen von der Universität Jena. Der Professor für Genetik verweist darauf, dass der Landgang für die Pflanzen mit vielen Herausforderungen verbunden war. Im Gegensatz zum Wasser ist das Leben an Land Stress pur: Temperaturschwankungen, Trockenheit und ultraviolette Strahlung sind nur einige der Faktoren, die das Landleben für Pflanzen wenig idyllisch machen.

Ein internationales Forschungsteam aus den USA und Deutschland, dem auch Prof. Theißen und sein Team sowie weitere Forschende aus Europa, Asien und Amerika angehören, hat nun die molekularen Mechanismen untersucht, die für die Evolution der Landpflanzen entscheidend waren. Diese stellen die Forschenden in der aktuellen Ausgabe des renommierten Fachmagazins „Nature Genetics“ vor.

Gemeinsame Vorfahren von Algen und Landpflanzen

Was die ersten Landpflanzen gegenüber den im Wasser lebenden Verwandten auszeichnet, war lange eine nur unzureichend zu beantwortende Frage. „Erst dank neuer technischer Möglichkeiten, wie vergleichender Genomanalysen, lassen sich solche Fragen klären“, macht Theißen deutlich. Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Schwerpunktprogramms, “MAdLand — Molecular Adaptation to Land: Plant Evolution to Change”, welches von einer Arbeitsgruppe der Uni Göttingen koordiniert wird, hat sich das Team das Genom der Algen angeschaut, die als Schwestergruppe der heute lebenden Landpflanzen gilt: unscheinbare fadenförmige Jochalgen. Aus den Sequenzdaten der Genome dieser Algen konnten die Forschenden auf die Eigenschaften des gemeinsamen Vorfahren dieser Algen und der Landpflanzen schließen, die diesen für die Eroberung des Landes prädestiniert haben könnte.

Alles begann mit den Jochalgen

„Anders als lange vermutet, sind nicht die sogenannten Armleuchteralgen, die bereits eine recht komplexe Struktur aufweisen, der Ursprung der Landpflanzen, sondern diese sehr simplen Vertreter“, sagt Dr. Lydia Gramzow aus Theißens Team. Die Jenaer Forschenden haben innerhalb des Konsortiums die sogenannten MADS-Box-Gene der Algen analysiert. Diese Genfamilie kontrollieren u. a. Entwicklungsprozesse in Blütenpflanzen, insbesondere die Blüten- und Fruchtentwicklung. „MADS-Box-Gene kommen aber auch bei anderen Pflanzen vor und sind vermutlich generell dafür verantwortlich, dass sie unterschiedliche Organe und Strukturen ausbilden können, was für heutige Landpflanzen charakteristisch ist“, so Gramzow.

Wie sich herausstellte, besitzen die Jochalgen ebenfalls MADS-Box-Gene und zwar in gleich zwei Varianten. Neben der Variante, wie sie für Landpflanzen heute typisch ist, auch eine Variante, die nur bei den Algen vorkommt. „Unsere Vermutung ist, dass im Laufe der Evolution die algentypischen MADS-Box-Gene in den Vorfahren der Landpflanzen verloren gegangen sind und dadurch die Variante die Oberhand gewann, die heute für die Landpflanzen charakteristisch ist“, sagt Lydia Gramzow. Der Verlust der einen und die Zunahme der anderen Variante hat möglicherweise dazu beigetragen, dass die Urahnen der Landpflanzen zelluläre Strukturen und Organe entwickeln konnten, mit denen sie an das raue Landleben besser angepasst waren.

-Pressemitteilung Friedrich-Schiller-Universität Jena-

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