Für Handlandungen empfiehlt sich ein spezieller Handschuh (siehe rechte Hand des Fängers). |
Von der Rute bis zum Sprengring: Jürgen Haese erklärt, welches Gerät Sie zum erfolgreichen Kunstköderangeln brauchen.
Kämpfende Hechte können im Drill mächtig Druck machen. Plötzliche Zwischenspurts und wilde Sprünge belasten das Material dabei genauso wie knallharte Anbisse auf kurze Distanz und rasante Fluchten in starker Strömung. Um beim Kräftemessen erster Sieger zu bleiben, benötigen wir robustes und zuverlässiges Material. Überdimensioniertes Gerät ist allerdings auch nicht nötig – wir treten gegen Esox lucius und nicht gegen eine tropische Big-Game-Spezies an.
Viel wichtiger ist es, dass die einzelnen Komponenten auf die jeweilige Angelart abgestimmt sind und den Lauf des jeweiligen Köders optimal unterstützen. Um es gleich vorwegzunehmen: Es gibt sie nicht – die Rute, mit der sich alles gleichermaßen gut anbieten lässt. Zu speziell sind die verschiedenen Techniken. Wer bereit ist, einige Abstriche in Kauf zu nehmen, der kann zwar mit ein oder zwei Gerten nahezu das gesamte Spinnfischer-Repertoire abspulen, aber nicht die Perfektion erreichen, die mit Spezialgerten möglich ist. Muss ja auch nicht, so lange es trotzdem Spaß macht.
Blinker fische ich gerne mit semiparabolischen Ruten, die sich unter Belastung typischerweise von der Spitze bis zur Mitte biegen. Mit diesen schnellen Gerten sind sehr weite Würfe möglich. Das stabile Handteil bietet genug Reserven, um selbst einem großen Fisch Paroli zu bieten. Auch schwere Löffel lassen sich damit sehr lebendig führen. Abrupte Richtungswechsel sind genauso möglich wie gefühlvolle Aufsetzer. Bootsangler sind mit 2,70 Meter langen Ruten gut beraten; Uferangler holen mit den 3-Meter-Versionen noch den einen oder anderen Meter mehr an Wurfweite heraus.
Die meisten meiner Blinker wiegen zwischen 30 und 60 Gramm. An diesen Vorgaben orientiert sich das Wurfgewicht der Ruten. Allerdings messe ich den Angaben auf den Stängeln nicht allzu viel Bedeutung bei. Sehr skeptisch werde ich, wenn ein auffällig breites Spektrum angegeben wird. In der Praxis sind solche „Alleskönner“ entweder unterbelastet oder deutlich überfordert. Das hat dann nicht nur negative Auswirkungen auf die Wurfeigenschaften und die Köderführung; auch an einen kraftvollen Anhieb ist im Grenzbereich nicht zu denken. Orientieren Sie sich also nicht unbedingt an den angegebenen Maximalwerten. Der rechnerische Mittelwert bietet gute Anhaltspunkte, was die Rute tatsächlich zu leisten vermag.
Für schwere Fälle
Die rotierenden Spinner fische ich ebenfalls mit den vorgenannten Ruten. Allerdings zeigen gerade die stattlichen Propeller den Stängeln schnell ihre Grenzen auf. Es ist schon sehr beachtlich, wie viel Widerstand entsprechend große Spinnerblätter, Bucktails oder auch Spinnerbaits beim Einholen erzeugen. Darauf müssen wir natürlich reagieren und entsprechend kräftigere Ruten einsetzen. Es macht keinen Sinn, wenn der Angelstock sich schon beim bloßen Einkurbeln zum Halbkreis biegt. Von Köderführung kann dann keine Rede sein, und an einen effektiven Anhieb ist nicht zu denken.
Ähnlich verhält es sich bei den Wobblern. Standardmodelle lassen sich wunderbar mit den erwähnten semiparabolischen Ruten fischen. Tief tauchende Modelle können allerdings mächtig Druck aufbauen und verlangen dann nach einer teils sehr deutlichen Anpassung des Wurfgewichts.
Parabolische Ausführungen, also Ruten, die sich bis in das Handteil biegen, kommen beim Wobbeln auf Hecht für mich nicht in Betracht. Dieser Gertentyp hat seine Stärken, wenn kleinste Kunstköder auf Distanz gebracht werden sollen und dem Ausschlitzen aus empfindlichen Fischmäulern vorgebeugt werden muss. Für die Modelle, die wir auf Hecht einsetzen, sind die weichen Ruten nicht geeignet.
Einen Riesenspaß macht der Einsatz von speziellen Baitcaster-Rods. Die handlichen Ruten sind mit kurzen Griffstücken ausgestattet und verfügen häufig über einen so genannten Pistolengriff (Trigger). Beringung und Rollenhalter sind serienmäßig für den Einsatz von Multirollen ausgelegt. Die gesamte Kombination liegt sehr gut in der Hand, eben der „verlängerte Arm“ des Anglers. Daher gelingt mit diesen Stöcken auch das Twitchen besonders gut. Die Köder lassen sich präzise werfen und sehr gefühlvoll fischen.
Grundsätzlich empfiehlt sich der Einsatz von kürzeren Ruten beim Fischen in unwegsamem Gelände und an sehr überschaubaren Gewässern, zum Beispiel an den Polderkanälen in Nordholland. Mit Längen um die 2,40 Meter habe ich beste Erfahrungen gemacht. Das Handling fällt wesentlich leichter, und ich kann meine Köder genauer platzieren. Schwierige Würfe unter die stets nach Hecht „riechenden“ Brücken bergen weniger Bruchgefahr. Hot Spots, die sich nur mit kurzen Ruten richtig effektiv befischen lassen.
Beim Umgang mit Gummifischen ist es von fangentscheidender Bedeutung, dass die Shads wirklich sprunghaft beschleunigt werden. Mit zu schwachen Gerten ist das Resultat schnell nur ein unansehnliches Gehopse. Gummis bis zu einer Größe von 15 Zentimetern lassen sich in aller Regel noch bestens mit semi-parabolischen Ruten fischen. Auch hier gilt: 2,70 Meter ist eine gute Allround-Länge; mit 3-Meter-Ausführungen kommen Uferangler weiter raus. Wurfgewichte zwischen 80 und 100 Gramm sind für den Hechtangler eine gute Wahl.
Beim Einsatz von erheblich größeren Modellen, zum Beispiel den 23 Zentimeter-Shads, den Riesentwistern und dem im letzten Heft vorgestellten Bull Dawg kann es erforderlich werden, schwere Geschütze aufzufahren. Dann setze ich Ruten mit einer reinen Spitzenaktion und Wurfgewichten von 100 Gramm und mehr ein. Es liegt auf der Hand, dass sich diese Gerten unter Belastung nur in der Spitze krümmen. Das harte Rückgrat verfügt über große Kraftreserven. Selbst schwere Köder lassen sich damit regelrecht hinaus katapultieren und kontrolliert führen. Zudem ist auch auf Distanz ein kraftvoller Anhieb möglich.
Beim Jiggen hat sich der Einsatz von geflochtenen Schnüren durchgesetzt. Die Pluspunkte in puncto Köderkontakt und Bisserkennung sprechen für sich. Aber Achtung: Die Paarung „dehnungsarme Leine und extrem harte Rute“ fordert beim Drill die gesamte Aufmerksamkeit des Anglers. Auch wenn die Rutenspitze wippt: Von Fluchten abfedern kann nicht die Rede sein. Sauber arbeitende Bremsen und ein umsichtig agierender Petrijünger sind hier gefragt. Ein unnötiges Forcieren des Drills wird zwangsläufig zu Materialbruch oder zum Ausschlitzen des Fisches führen. Immer dann, wenn ich mit regelmäßigen Bissen auf kürzeste Distanz rechnen muss, tausche ich daher die geflochtenen Leinen gegen Monofil aus. Das Mehr an Dehnung kommt mir zum Beispiel beim ufernahen Fischen in der Dämmerung sehr gelegen.
Nicht selten steigen auf die XXL-Köder richtig schwere Hechtdamen ein. Und die können im Drill ganz schön Dampf machen! Nach einer Weile freut man sich über ein entsprechend langes Griffstück an seiner Rute. Ein unterarmlanger Schaft garantiert auch bei starker Belastung ausreichende Kraftreserven und ein sicheres Drillgefühl.
Ähnlich „grob“ geht es beim Einsatz von Jerkbaits und von großen Oberflächenködern zu. Die teils schwergewichtigen Köder verlangen kräftige Ruten mit Wurfgewichtigen zwischen 60 und 120 Gramm. Wiederum sind das harte Rückgrat und die schnelle Spitzenaktion extrem wichtig, um die Köder sauber zu beschleunigen. Ohne diese Eigenschaften kommen Glider nicht wirklich auf Trab, und Popper dümpeln nur leblos vor sich hin.
Beim Jerken schlage ich mit der Rutenspitze von oben nach unten in Richtung Wasseroberfläche. Zu lange Gerten würden dabei fortlaufend auf das Wasser klatschen. Daher sind typische Jerkruten zwischen 1,80 und 2,10 Metern kurz. Die meisten Ausführungen verfügen über eine Zweistegberingung. Die Ausstattung mit diesen Ringen macht den Blank noch härter.
Drehen mit Spaß
An jede Rute gehört eine Rolle. Der Spinnfischer kann zwischen Stationärmodell und Multi wählen. Neben persönlichen Vorlieben gibt es Argumente, die für den einen oder anderen Typ sprechen. Mit der technischen Beschreibung von Aufbau und Funktion der beiden Produkte lassen sich Bücher füllen. An dieser Stelle möchte ich erklären, welchen Typ ich wann einsetze.
Fische ich mit leichten Ködern, greife ich gerne auf eine Stationärrolle zurück. Moderne Multis lassen sich zwar präzise justieren, doch kann die Gefahr einer Perücke, gerade beim Umgang mit leichten Ködern, nie ausgeschlossen werden. Gegenwind und nachlassende Konzentration am Ende eines Angeltages sind Garanten für Schnursalat.
Möchte ich zügig fischen und Strecke machen, dann schätze ich die höhere Übersetzung von stationär gelagerten Rollen. Das kann beim Einsatz von Spinnern genauso der Fall sein wie beim Kontakthalten zu einem gejiggten Shad. Die blitzschnelle Reaktionsmöglichkeit, die mir Heckbremsen bieten, ist der entscheidende Pluspunkt für den Einsatz beim Jiggen. Während des Angelns habe ich die Bremse vollständig geschlossen, um auch auf Distanz einen wirkungsvollen Anhieb setzen zu können. Im Falle eines Bisses muss ich gegebenenfalls in Bruchteilen von Sekunden reagieren, um Schnurbruch oder Ausschlitzen zu vermeiden. Mit einer kurzen Daumenbewegung kann ich das über die Heckbremse bewerkstelligen. Heckbremsenmodelle erlauben zudem einen Spulenwechsel per Knopfdruck. Das geht schnell und ist zudem bequem, wenn wir unter stark wechselnden Bedingungen angeln.
Gewichtige Köder und solche, die im Wasser einen großen Widerstand erzeugen, können einem Rollengetriebe ganz schön zusetzen. Dehnungsarme Geflochtene tun ein Übriges, um Unwuchten zu produzieren. Multirollen können dabei zweifelsohne mehr wegstecken als die stationären Modelle. Immer dann, wenn derartige Kaliber in das Vorfach gehängt werden, setze ich eine Multi ein. Das gilt für große Bucktails genauso wie für die Gummilatschen und Tieftauchwobbler.
Beim Jerken, Twitchen und beim Fischen mit Oberflächenködern habe ich mit einer Multi einfach das bessere Ködergefühl. Die Rolle liegt kompakter in der Hand, und mit kurzen Kurbel- und Rutenbewegungen kann ich viel feinfühliger Aktionen auf den Köder übertragen. Mit der Sternbremse lässt sich die Bremskraft mechanisch kontrollieren. Über diese Voreinstellung hinaus habe ich aber noch einen Mechanismus zur Verfügung, den keine Technik der Welt erreichen kann: meinen Daumen! Durch mehr oder weniger sanften Druck auf die abziehende Spule kann ich jeden Fisch besonders gefühlvoll drillen. Schnuraufnahme und Freigabe geschehen bei den Multis wesentlich gleichmäßiger als bei den Stationärrollen. Schnurdrall gibt es hier nicht, weshalb die Leinen auf Multis auch länger halten.
Irgendwann ist es dann soweit. Der Fisch ist reif für die Landung. Wer sich fürs Keschern entscheidet, der braucht vernünftiges Material, mit dem auch der Hecht des Lebens sicher gelandet werden kann. Das bezieht sich nicht nur auf den Bügeldurchmesser und die Belastbarkeit, sondern auch auf andere Ausstattungsmerkmale. Knotenlose Netze schonen die Schleimhäute der Fische; gummierte Fasern verhindern, dass sich die Haken im Gewebe verfangen. Im günstigsten Fall benötige ich einen einzigen Versuch, um die Meterdame in die Maschen zu bugsieren. Muss ich zu lange Hantieren, weil der Fang überhaupt nicht in das Mininetz hineinpasst, gefährdet das in höchstem Maße den Eintrag ins Fangbuch. Sicher: Gerade für Uferangler ist es oft lästig, Groß-Kescher mit Bügelweiten von 70 Zentimetern und mehr mitzuschleppen. Aber hier muss man klare Prioritäten setzen – oder sich ernsthaft mit anderen Landungsmethoden auseinandersetzen.
Kleine Teile, große Wirkung
Eine erstklassige Geschichte sind zum Beispiel Landehandschuhe, die als Links- und Rechtshand-Versionen auf dem Markt sind. Damit lässt sich der Griff hinter die Kiemendeckel relativ gefahrlos praktizieren. Ein besonderes Material schützt unsere Finger nicht nur vor Raubfischzähnen, sondern auch vor Schnitten von Stahlvorfächern und Leinen und sogar vor Hakenspitzen. Vor Letzteren habe ich bei jeder Handlandung den größten Respekt. Der Hersteller weist selbst darauf hin, dass das Tragen des Handschuhs Verletzungsgefahren zwar deutlich reduziert, aber nicht zu 100 Prozent ausschließen kann. Ist der Fisch schließlich gelandet, gilt es zügig und ohne langes Herumgefuchtel die Haken zu lösen. Logischerweise geschieht das beim Hecht nicht mit den bloßen Fingern. Denn dafür stehen bewährte Werkzeuge zur Verfügung. Kurzschenklige Zangen, die einen prima Hebel bieten und langnasige Ausführungen, mit denen man auch tief in den Hechtschlund gelangt. Wichtig ist robuste Qualität.
Für die ganz harten Fälle gehört ein solider Seitenschneider in die Tackle-Box. Den setze ich auch kompromisslos ein, wenn ein Fisch, der eigentlich zurückgesetzt werden soll, ansonsten nicht ohne erhebliche Verletzungen befreit werden kann. Wer schon mal das Vergnügen hatte, selber am Drilling zu hängen, wird dieses Werkzeug schätzen, um zumindest erstmal den Köder loszuwerden…
Stichwort Drillinge: Wer hier spart, der spart am falschen Ende! Vermeidbarer Frust ist vorprogrammiert. Das fängt bei nicht verwandelten Bissen an und hört bei aufgebogenen Hakenschenkeln und Drillaussteigern auf. Allzu blauäugig wäre es, allein auf die Hersteller von Kunstködern zu vertrauen. Denn leider werden immer noch genügend Verführer mit grottenschlechten Haken ausgeliefert. Dazu zählen auch ansonsten gut verarbeitete und sehr fängige Produkte. Sofern sich der Aufwand lohnt, werden die minderwertigen Originalbestückungen rigoros gegen superscharfe Qualitätsgreifer ausgetauscht. VMC, Gamakatsu und Owner setzen die Maßstäbe.
Auch im Verlauf eines Angeltages ist regelmäßige Kontrolle angesagt. Insbesondere nach einem Hänger, aber auch nach Kontakten mit einem Hindernis oder einem harten Drill gehören die Hakenspitzen auf den Prüfstand. Moderne Mini-Schleifsteine sind so konzipiert, dass man eigentlich nichts falsch machen kann. Auch Angler mit zwei linken Händen können damit zum Erfolg kommen.
Was der Hakenschärfer nicht mehr richten kann, gehört ausgetauscht. Insbesondere mit kalten Fingern kommt uns eine Sprengringzange sehr gelegen. Mit diesem kleinen Werkzeug ist der Wechsel von Haken und Splits im Handumdrehen erledigt. Der Markt hält einfache, aber zweckmäßige Lösungen sowie echte Luxusversionen parat. Es bringt aber natürlich nichts, den Qualitätsdrilling an den serienmäßigen „Weichmetall-Sprengring“ zu montieren. Auch diese Kleinteile werden bei Bedarf gleich durch hochwertiges Equipment ersetzt. „Extrem belastbar“ beziehungsweise „Heavy Duty“ sind die Attribute, auf die wir beim Kauf von Anhängern achten sollten.
Ein „intelligenter“ Sprengring wird unter der Bezeichnung „Lure Saver“ vertrieben. Dabei handelt es um den wahrscheinlich kleinsten Köderretter der Welt. Das gute Stück wird aus einer Titanlegierung hergestellt und mit vordefinierten Haltekräften produziert. Die Haltekräfte müssen auf die Tragkraft der gefischten Angelschnur abgestimmt werden. Wird bei einem Hänger ausreichend Zug ausgeübt, gibt der Lure Saver den Haken frei, und der Köder steht wieder zur Verfügung. Der für Titan typische Memory-Effekt sorgt dafür, dass der Sprengring in die Ursprungsform zurückkehrt und wieder eingesetzt werden kann. Die Zugkräfte müssen linear wirken. Richtig eingesetzt, wirkt die Angelrute als Puffer.
Nach der Erwähnung so vieler Werkzeuge muss zwangsläufig noch der Hinweis auf die Eier legende Wollmilchsau erfolgen. Gute Multifunktionstools sind nicht billig. Sie können aber viele nützliche Dienste leisten. Mit einem soliden Produkt lassen sich Wobblerösen gerade biegen, Sprengringe wechseln, Schnüre und Vorfächer schneiden sowie Quetschhülsen pressen. Profi-Modelle verfügen über einen hochwertigen Seitenschneider zum Durchtrennen von Haken und über scharfe Scherenbacken, mit denen auch geflochtene Schnüre und Stahlvorfächer zu schneiden sind.
Wer jetzt noch etwas Platz in der Tackle-Box hat, sollte sich unbedingt einen Ersatzspitzenring und etwas Sekundenkleber einpacken. Kleinigkeiten, die einen ganzen Angeltag retten können.