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Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf Algen

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Küstenregionen werden weltweit nachts stark beleuchtet. Hat diese Lichtverschmutzung Auswirkungen auf Algen und Tangwälder? Foto: Mark Lenz, GEOMAR
Küstenregionen werden weltweit nachts stark beleuchtet. Hat diese Lichtverschmutzung Auswirkungen auf Algen und Tangwälder? Foto: Mark Lenz, GEOMAR

Kann nächtliches Kunstlicht Meeresalgen schädigen und deren wichtige Funktionen für Küstenökosysteme beinträchtigen?

Das diesjährige Projekt des Ausbildungsprogramms „Globaler Ansatz durch Modulare Experimente“ (GAME) des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel widmet sich erstmals dieser wissenschaftlich bislang noch nicht untersuchten Frage. Dafür sind 16 Studentinnen und Studenten in acht Ländern rund um den Globus im Einsatz. Ihre Arbeiten werden von der Klaus Tschira Stiftung ermöglicht. Sie knüpfen an frühere Projekte an, die Einflüsse von Lichtverschmutzung auf Muscheln, Seeigel und andere Organismen am Meeresboden belegen konnten.

Dass der Einfall von nächtlichem Kunstlicht Meerestiere beeinflusst, ist mittlerweile wissenschaftlich belegt. Doch können auch Meerespflanzen wie Großalgen betroffen sein? Beeinflussen ihre Reaktionen wiederum andere Lebewesen, die von ihnen abhängen? Wie weit können sich die Effekte von Lichtverschmutzung im Nahrungsnetz fortpflanzen? Sind bestimmte Folgen auch für uns Menschen spürbar? Teilnehmerinnen und Teilnehmer des diesjährigen GAME-Projekts zählen zu den ersten, die sich diesen Fragestellungen widmen. Dafür sind 16 junge Leute von April bis Oktober 2024 in Zweierteams in Cabo Verde, Finnland, Japan, Kroatien, Malaysia, Portugal, Spanien und Wales im Einsatz.

Beeinträchtigt nächtliche Lichtverschmutzung Küstenalgen?

Entsprechend des speziellen Ansatzes von GAME führen die Studentinnen und Studenten an ihren Einsatzorten einheitliche Experimente durch, um vergleichbare Daten zu gewinnen. In diesem Jahr setzen sie verschiedene Algenarten im Labor für mehrere Wochen teils dem natürlichen Wechsel von Tag und Nacht und teils nächtlichem Kunstlicht aus. Dabei werden einige der Algen in ihren Becken ungestört gehältert, in anderen befinden sich zusätzlich Weidegänger wie Schnecken oder Seeigel. Anschließend soll in einem Fraßversuch getestet werden, ob die vorher beweideten Algen eine chemische Verteidigung gegen Fraß aufgebaut haben und ob diese Fähigkeit eventuell durch das nächtliche Kunstlicht beeinträchtigt wurde.

„Von Landpflanzen ist bereits bekannt, dass nächtliches Kunstlicht sie beeinträchtigen kann. In den flachen Küstenmeeren übernehmen mehrzellige Algen, deren größte Vertreterinnen ganze Unterwasserwälder bilden können, ähnliche Funktionen wie die höheren Pflanzen an Land. Bislang gibt es aber noch keine Untersuchungen dazu, wie sich nächtliches Kunstlicht, das an vielen Küsten der Welt weit verbreitet ist, auf diese Organismen auswirkt“, erklärt Projektleiter Dr. Mark Lenz. „Denkbar wäre beispielsweise, dass das Fehlen von Dunkelheit in der Nacht den täglichen Wechsel von Photosynthese und Atmung stört, oder andere physiologische Prozesse, die an den Wechsel von Tag und Nacht gekoppelt sind, beeinträchtigt. Das könnte zur Folge haben, dass die Algen eine geringere Photosyntheseleistung erzielen, weniger wachsen oder möglicherweise schlechter gegen Fraßfeinde verteidigt sind.“

Kein Einzelfall: Stark beleuchtetes Meeresufer in Chile. Foto: Javier Duarte
Kein Einzelfall: Stark beleuchtetes Meeresufer in Chile. Foto: Javier Duarte

Seeigel und Muscheln bereits untersucht

Die drei vorangegangenen GAME-Projekte untersuchten verschiedene Auswirkungen von Lichtverschmutzung durch nächtliches Kunstlicht auf das Verhalten von Lebewesen am Meeresboden. Die Serie begann 2021 mit der Frage, ob der Lichteinfall die Aktivitätsmuster und Fraßraten mariner Weidegänger wie Schnecken und Seeigel beeinflusst. 2022 erforschten Studentinnen und Studenten, ob sich die Filtrationsleistung und die Aktivität von Muscheln unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht ändern. Der GAME-Jahrgang 2023 nahm das Siedlungsverhalten von Larven mariner Wirbelloser wie Nesseltiere, Muscheln, Manteltiere und Seepocken in den Blick. Seit 2021 GAME hauptsächlich von der Klaus Tschira Stiftung ermöglicht.

Einflüsse je nach Standort unterschiedlich

„Unsere bisherigen Untersuchungen zeigten teilweise deutliche Einflüsse des nächtlichen Kunstlichts. Diese waren jedoch nicht an allen Standorten gleich, sondern variierten zwischen den Untersuchungssystemen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Meeresorganismen auf verschiedenen geographischen Breiten unterschiedlich starke Veränderungen der Lichtverfügbarkeit im Jahreslauf erleben und daher auch unterschiedlich auf Veränderungen in der täglichen Lichtverfügbarkeit reagieren“, fasst Dr. Lenz zusammen. „Beobachten konnten wir unter anderem eine Zunahme der Fraßraten bei Seeigeln oder eine Abnahme in der Fähigkeit Haftfäden zu produzieren bei Miesmuscheln. Außerdem setzten sich an einigen Standorten unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht die Larven bestimmter Arten bei der Besiedelung durch, was wiederum die Diversität der untersuchten Systeme reduzierte.“ Derartige Reaktionen auf die Lichtverschmutzung können Ökosysteme deutlich verändern. Da sie zudem das Potenzial haben, sich auf höheren Organisationsebenen fortzupflanzen, können sie auch Folgen für die Funktionsweise ganzer Ökosystemen haben, die letztlich auch wir Menschen zu spüren bekommen können. Sollten Makroalgen unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht beispielsweise weniger gut gegen Fraß verteidigt sein, könnten Algenbestände, die unter anderem Wasserbewegungen abbremsen und vielen anderen Meerestieren als Lebensraum dienen, langfristig abnehmen.

-Pressemitteilung GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel-

Auch nachts taghell erleuchtet, der Hafen von Vigo in Spanien. Bild: Fabian Löhr
Auch nachts taghell erleuchtet, der Hafen von Vigo in Spanien. Bild: Fabian Löhr
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