ANZEIGE

Nordostatlantik: Raus aus der Überfischungskrise

823
Makrele, Hering und Blauer Wittling werden seit Jahren überfischt, weil die Regierungen sich nicht auf Fangquoten einigen können. Bild: Marine Stewardship Council (MSC)

Die Regierungen der Fischfangnationen im Nordostatlantik – darunter die EU – könnten der Überfischung ihrer großen Schwarmfischbestände ein Ende setzen, wenn sie grundlegende Mechanismen der Fangquotenfestlegung reformieren würden.

Dies geht aus einem aktuellen Bericht hervor, den der Marine Stewardship Council (MSC) in Auftrag gegeben hat. Eine neue Herangehensweise an die transnationale Quotenfestlegung, so der Bericht, böte die große Chance, die seit Jahren festgefahrenen Verhandlungen über eine nachhaltige Befischung von atlanto-skandischem Hering, Makrele und Blauem Wittling endlich zu einem positiven Ergebnis zu führen.

Massive Überfischung von Hering, Makrele und Wittling

Mit atlanto-skandischem Hering, Makrele und Blauem Wittling werden drei der bedeutendsten Fischpopulationen Europas seit Jahren massiv überfischt, weil die zuständigen Regierungen sich nicht auf eine nachhaltige Fangquotenverteilung einigen können. In den letzten sechs Jahren lag die Fangmenge der drei Fischarten jeweils um mindestens 20 Prozent höher als die wissenschaftlich empfohlene, nachhaltige Fangmenge.

Der am 4. Juli 2023 veröffentlichte Bericht „North-East Atlantic Pelagic Fisheries – Management Challenges for Straddling Fish Stocks“ des Meeresforschungs- und -Beratungsunternehmens ABPmer legt nahe, dass eine Einigung auf nachhaltige Fangmengen möglich wäre, wenn die Mechanismen zur Quotenvereinbarung reformiert würden.

Mehrheitsentscheidung statt einstimmiger Konsens

Der Bericht empfiehlt, bei Quoten-Verhandlungen zukünftig auf Mehrheitsentscheidungen zu setzen, wenn kein einstimmiger Konsens zu erwirken ist. Dieses Modell funktioniert bereits in anderen Meeresregionen, in denen Fischbestände von mehreren Fangnationen gemeinsam befischt werden. So zum Beispiel bei der MSC-zertifizierten Makrelen-Fischerei im Südpazifik: Die 15 Fangnationen, die den dortigen Makrelenbestand befischen, konnten sich qua Mehrheitsentscheid auf eine nachhaltige Fangquotenaufteilung einigen, die nun seit vielen Jahren erfolgreich von allen Fangnationen eingehalten wird.

Verhandlungspakete schnüren

Der Bericht empfiehlt zudem, größere Verhandlungspakete zu schnüren, anstatt jede Fischart einzeln zu verhandeln. Solche Verhandlungspakete können nicht nur mehrere Fischarten umfassen, sondern auch Aspekte wie den Zugang zu Fischereigebieten oder Anlandehäfen oder sogar generellere Handelsvereinbarungen miteinschließen. Mit einer Erweiterung der Verhandlungsmasse steigt die Möglichkeit, Kompromisse zu finden und die Verhandlungen erfolgreich abzuschließen. Einen solchen Ansatz verfolgte zum Beispiel das Handels- und Kooperationsabkommens (TCA) zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU, welches Fischerei, Handel, Verkehr und Luftfahrt umfasst.

Der aktuelle Bericht zum Management der drei großen nordostatlantischen Schwarmfischbestände wurde vergangene Woche im Rahmen eines vom MSC veranstalteten Symposiums vorgestellt. Mehr als 100 Fachleute nahmen an diesem Symposium teil, um Lösungen für die Überfischungsproblematik im Nordostatlantik zu diskutieren. Unter den Teilnehmenden waren Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Ziel der Veranstaltung war es, vor der nächsten Verhandlungsrunde der Fangnationen im Herbst 2023 eine positive Dynamik zu erzeugen.

Nachhaltigkeitssiegel entzogen

Der MSC fordert die beteiligten Regierungen auf, die Uneinigkeit über die Bewirtschaftung der gemeinsamen Fischbestände mit Nachdruck zu lösen und die Überfischung dieser Bestände zu beenden. Bereits 2019 und 2020 hatte das schlechte Bestandsmanagement im Nordostatlantik dazu geführt, dass den Fischereien auf atlanto-skandischen Hering, Makrele und Blauen Wittling das MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei entzogen wurde.

-Pressemitteilung MSC-

ANZEIGE
Abo Fisch&Fang