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Zum Kannibalen geboren

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Barsch-Jungfisch der Art Siniperca chuatsi frisst einen nur wenig kleineren Artgenossen. Foto: HZAU

Einige chinesische Barscharten sind reine Fischfresser, die sich ausschließlich von lebenden Jungfischen – auch ihrer eigenen Art – ernähren.

Ein Forschungsteam unter Leitung der chinesischen Huazhong Agricultural University (HZAU) und dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat das Erbgut von vier chinesischen Barscharten (Sinipercidae) entschlüsselt und so auch Gene für das angeborene kannibalistische Fressverhalten identifiziert. Die Kenntnis der Zusammenhänge zwischen Erbgut und Fressverhalten ist u.a. interessant für eine nachhaltige Aquakultur.

Die meisten Fischlarven fressen leicht verdauliches, kleines Zooplankton. Nicht so einige Arten der chinesischen Barsche. Diese sind schon nach dem Schlupf reine Fischfresser und ernähren sich von Jungfischen anderer Fischarten und von Artgenossen. Dieser Kannibalismus führt zu einer hohen Sterblichkeitsrate der Jungfische und zu wirtschaftlichen Einbußen in der Aquakultur.

32 Gene machen den Unterschied zum Kannibalen

Die Forschenden haben die Genomsequenzen von verschiedenen Arten der chinesischen Barsche verglichen und konnten so die Evolution von 20.000 Genen über einen Zeitraum von 65 Millionen Jahren nachvollziehen. Sie konnten viele Gene mit artspezifischen Eigenschaften in Verbindung bringen. „Für 32 dieser evolvierenden Gene konnten wir eine unterschiedliche Genexpression bei den an anderes Futter gewöhnbaren Barscharten und den reinen Fischfressern experimentell nachweisen“, erklärt Ling Li, eine der Erstautorinnen der Studie und Gastwissenschaftlerin von der HZAU am IGB.

Schnelle evolutionäre Anpassung im räuberischen Verhalten

Chinesische Barsche sind aggressive Räuber. Bei der umfassenden Genomanalyse identifizierten die Forschenden sogenannte Kandidatengene, die mit besonders hohem Aggressionsverhalten und Affektverhalten in Verbindung stehen. „Unsere Genomanalysen zeigen die schnelle evolutionäre Entwicklung der chinesischen Barsche. Sie haben sich rasch an veränderte Umweltbedingungen angepasst, insbesondere in Bezug auf das Fressverhalten. Einige chinesische Barscharten sind heutzutage durch ihre genetische Veranlagung aggressivere Räuber als andere“, sagt Prof. Xu-Fang Liang von der HZAU.

„Die Erforschung der Zusammenhänge zwischen Erbgut und Fressverhalten ist eine wichtige Grundlage für die nachhaltige Aquakultur dieser Fische. Fischzüchterinnen und Fischzüchter werden zukünftig gezielt die Fische für die Zucht auswählen können, bei denen das Erbgut ein weniger räuberisches Verhalten anzeigt – und so Verluste reduzieren“, fasst Dr. Heiner Kuhl, leitender Bioinformatiker des Projekts vom IGB, zusammen.

Hochdurchsatz-Genomforschung am IGB

Das Referenzgenom für Siniperca chuatsi ist eines der bisher qualitativ hochwertigsten Fischgenome. Es wurde mithilfe von Sequenzierungstechniken der dritten Generation erstellt und weist eine sehr hohe Sequenzkontinuität und eine nahezu komplette Rekonstruktion der 24 Chromosomen auf (siehe http://genomes.igb-berlin.de). Das hochwertige Referenzgenom ermöglichte durch vergleichende Genomik die kosteneffiziente Sequenzierung drei weiterer Spezies aus der Familie der Sinipercidae. Dieser Ansatz, Genomsequenzen für ganze taxonomische Familien von Organismen zu erstellen, könnte als Blaupause für genomische Großprojekte dienen.

Publikation: He, S., Li, L., Lv, L. et al.: Mandarin fish (Sinipercidae) genomes provide insights into innate predatory feeding. Commun Biol 3, 361 (2020). https://doi.org/10.1038/s42003-020-1094-y

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