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Zielfisch Rapfen: Raketen für Räuber

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Zielfisch Rapfen: Raketen für Räuber

Leichte Kunstköder ganz weit draußen servieren: kein Problem. Am Forellensee und an der Küste haben sie sich längst durchgesetzt – jetzt wird es Zeit, dass auch Barsch- und Rapfenangler die Sbirolinos entdecken. Von Henk Simonsz

Jedes Jahr ein Projekt, lautet das Motto von meinen Angelfreunden und mir. Das bedeutet, dass wir uns einen Aspekt des Spinnfischens herausgreifen, um ihn im Laufe einer ganzen Saison gründlichst in der Praxis zu beleuchten. Das kann ein Köder, eine Montage oder ein Führungsstil sein. Unser Grundgedanke: Je länger und intensiver man sich mit einem bestimmten Detail befasst, umso mehr wird man herausfinden und letztlich auch fangen. Wir sind jedenfalls der Meinung, dass es noch viele Dinge im modernen Angelsport zu verbessern gibt.

Letztes Jahr hieß unser Projekt: Raubfischangeln mit dem Sbirolino, wobei wir es zunächst auf Rapfen und Barsche abgesehen hatten. Bei uns in Holland wird diese Methode kaum praktiziert. Ich hatte zwar schon eine Menge über die Sbirolinos gesehen und gelesen, aber praktisch fingen wir bei Null an. Und soll ich Ihnen was sagen: Das war auch gut so! Denn man macht sich viel mehr Gedanken, entwickelt eigene, neue Ideen, als wenn man nur stur nachmacht, was irgendein Guru für der Weisheit letzten Schluss hält.

An erster Stelle suchten wir eine Antwort auf die grundsätzliche Frage: Ist es überhaupt sinnvoll, einen Sbirolino vor den Kunstköder zu schalten? Hier waren wir uns sehr schnell einig und kamen zu einem klaren Ja, was die Zielfische Rapfen und Barsch betrifft.

 

Sbirolinos – die Weitwurfgeschosse aus Italien.

Pralle Vielfalt

Wer sich mit Sbirolinos befasst, wird schnell feststellen, dass es die Spezialisten aus Italien in den unterschiedlichsten Ausführungen gibt. Am verbreitetsten ist wohl die Tropfenform, durch die mittig ein Stab für die Schnurführung läuft. Bei uns in Holland werden die farbigen Modelle Bombardas und die durchsichtigen Sbirolinos genannt. Fürs Raubfischangeln haben wir uns allein auf die transparenten Ausführungen beschränkt, die wesentlich unverdächtiger für unsere scheuen Zielfische sind.

Sbirolinos werden in vielen unterschiedlichen Gewichten sowie als schwimmende und sinkende Modelle angeboten. Informationen, über die man unbedingt Bescheid wissen muss, ähnlich wie bei einem Wobbler. Schließlich bestimmt der Sbirolino mit seinem Gewicht und Laufverhalten, in welcher Distanz und Tiefe der vorgeschaltete Kunstköder marschiert.

Als wir mit unseren Praxis-Tests anfingen, haben wir uns an erster Stelle mit den Rapfen befasst. Eine Fischart, die schnell und instinktiv lernt, was schon früh in der Saison zum so genannten „Dressur-Effekt“ führt. Das bedeudet, dass Kunstköder selbst von heftig raubenden Fischen völlig ignoriert werden. Bei Rapfen ist der Dressur-Effekt vor allem von Juli bis September zu beobachten. Zu Begin der Saison dagegen sind die silbernen Räuber etwas einfacher zu fangen, speziell wenn man Kunstköder verwendet, die noch einigermaßen unbekannt für die Fische sind. Dazu zählen insbesondere Streamer, aber auch spezielle Shads, kurzum Köder, die Rapfens Leibgericht, nämlich Fischbrut, perfekt imitieren.

Die klassische Montage: Ein Sbirolino in Tropfenform bringt den leichten Kunstköder, hier einen Streamer, auf die nötige Distanz und Tiefe.

Und genau hier liegt die Daseinsberechtigung des Sbirolinos. Denn kleine Köder sind oft leicht, entsprechend kurz fallen die Wurfweiten aus. Wird jedoch ein Sbirolino vorgeschlatet, katapultieren wir selbst Miniwobbler zielgenau vor die Rapfenmäuler. Ähnlich beim Streamer: Endlich kann auch der Spinnfischer diese absolut tödliche Waffe der Flugangler effektiv einsetzen. Sbirolino vor, und ab dafür!

Schwer geht vor

Bis wir regelmäßig große Rapfen fangen konnten, mussten wir viel experimentieren, um endlich die perfekte Montage in Händen zu haben. Anfangs fischten wir nach Art der Deutschen. Dazu setzten wir Ruten in 2,85 Metern Länge ein, die in der Aktion zwar relativ weich, aber doch mit einem kräftigen Rückgrat ausgestattet waren. Als Rolle diente ein Stationärmodell mit hoher Schnurkapazität und Übersetzung, um schnell kurbeln zu können. Auf die Spule war geflochtene Leine mit 15 Pfund Tragkraft gewickelt. Durch den Sbirolino wurde die Hauptschnur geschoben, darunter ein Gummi-Stopper als Knotenschutz, gefolgt von einem Dreifachwirbel. Dieser soll der Bildung von Schnurdrall vorbeugen, der sonst verstärkt bei dieser Methode droht. In den Karabiner des Wirbels knoteten wir dann das zwei Meter lange Vorfach, bestehend aus Fluorocarbon mit einer Tragkraft zwischen 50 und 60 Pfund. Schließlich noch ein kleiner Einhänger, der den Köder aufnimmt.

Wir stellten fest, dass sich das ganze System, trotz der Länge der Montage, noch sehr weit und genau werfen ließ. Mit einer buchstäblich gewichtigen Einschränkung allerdings: so lange man wirklich nur kleine, leichte Köder verwendete!

Es hat alles gehalten! Überglücklich präsentiert der Autor einen kapitalen Rapfen.

Kamen dagegen etwas schwerere Verführer zum Einsatz, etwa ein ASP-Spinner, passierte beim Auswerfen folgendes Dilemma: Der gewichtigere Kunstköder sauste voraus, der Sbirulino folgte im Abstand von 20 Metern nach – keine ideale Präsentation! Zudem erwies sich das Fluorocarbon-Vorfach als zu steif, um die kleinen Kunstköder verführerisch laufen zu lassen. Allein der winzige Karabinerwirbel genügte schon, um eine gute Aktion zu verhindern. Wir waren also gezwungen, weiter zu tüfteln.

Stoßdämpfer für Rapfen

Schritt für Schritt verfeinerten wir das „deutsche“ System. Erste Maßnahme: Den Sbirolino zwischen zwei Wirbel schalten, damit er nicht mehr frei auf dem Vorfach gleiten kann. Der Riesenvorteil des neuen Systems: Man kann es bereits zu Hause vorbereiten und bei Bedarf beonders schnell zum Einsatz bringen. Man braucht nicht erst umständlich einen Sbirolino auf die Hauptschnur zu fädeln, sondern knotet die vorgefertigte Montage einfach ans Ende der Hauptschnur. Das Vorfach bestand fortan aus nur noch 15 lb tragendem Fluorocarbon, das natürlich sehr viel flexibler war als das zuvor benutzte, arg dicke „Lasso“. Auf einen Karabinerwirbel verzichteten wir ganz, der Köder wurde direkt ans Vorfach geknotet.

Die ersten Praxis-Tests verliefen sehr vielversprechend. Nach wie vor ließ sich das Vorfach gut werfen, weit und ziemlich genau. Allerdings erwies sich die Tropfenform des Sbirolinos nicht als optimal bei starkem Fließtempo, entsprechend flach lief der Köder. Deshalb fingen wir an, auch andere Modelle zu testen, die schlanke Körper aufwiesen – wie der gläserne „Ghost“ von Spro – und dadurch der Strömung weniger Widerstand boten. Damit kamen wir dem optimalen Rapfen- und Barschvorfach schon sehr nahe.

Bis ein Biss zeigte, dass es immer noch etwas zu verbessern gibt. Die unglaublich harte Attacke eines richtig großen Rapfens der 80-Zentimeter-Klasse zeigte uns die Grenzen des Systems auf. Es zerbrach unter der enor-men Belastung. Deshalb ersetzten wir das Schnurstück, auf dem der Sbirolino sitzt, durch ein besonderes Material: Powergum. Das flexible wie stabile Material wird gern von Friedfischanglern, beim Feedern zum Beispiel, eingesetzt. Und in der Tat wirkte das Powergum wie ein Stoßdämpfer, selbst kapitale Rapfen konnten nun ohne Materialbruch gelandet werden (Powergum erhalten Sie u.a. bei www.juergens-anglereck.de, Tel. 05132/1308).

Beim Biss eines großen Rapfens wirken enorme Kräfte auf die Montage.

Auch in diesem Fall knoteten wir den Kunstköder direkt ans zwei Meter lange Fluorocarbon-Vorfach. Glauben Sie mir: Man fängt einfach mehr Rapfen und Barsche, wenn auf einen Karabinerwirbel verzichtet wird. Als beste Köder erwiesen sich Twister und kleine Shads – und zwar unbeschwert, ohne Blei vorm Kopf – sowie schwebende (suspending) Mini-Wobbler. Die Suspender provozieren vor allem dann Attacken, wenn ein kurzer Einholstopp erfolgt.

Henks weiterentwickelte Spezialmontage: Der Ghost von Spro, montiert auf ein Stück Powergum, das als Stoßdämpfer wirkt.

Köder-Check

Viel Zubehör zum Sbirolinoangeln bietet die Firma Spro, für die Henk Simonsz, seit Jahren einer der innovativsten holländischen Raubfisch-Experten, als Teamangler beratend tätig ist.

Kontakt: SPRO Deutschland GmbH Wielandstr. 2, 99423 Weimar, Tel. 03643 /7774-0, Internet: www.spro.de (auf der Website ist auch ein Verzeichnis der Spro-Fachhändler aufgeführt).

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