Salmo salar, der Atlantische Lachs, hat ein weiteres Geheimnis seines mystischen Wanderlebens preisgegeben.
Wir wissen, dass die Lachse zum Laichen in die Flüsse und Bäche aufsteigen, in denen sie geboren wurden. Später schwimmen die Junglachse hinaus ins Meer und sind damit den Augen der Fischer und Forscher praktisch entschwunden. Bislang wusste man nur, dass sie sich irgendwo in den Weiten der Meere herumtreiben und sich fettfressen – bis zum nächsten Laichzug. Norwegische Wildlachse sollen sich nach bisheriger Lehrmeinung meist bei den Färöerinseln in relativ flachem Wasser mästen. Tatsächlich aber zieht es den silbrigen Schuppenträger nach Norden in die Barentssee, nach Grönland und sogar bis Spitzbergen in die Hocharktis.
Außerdem tauchen die Lachse über 550 Meter tief, besonders in der dunklen Jahreszeit, wenn an der Oberfläche das Futter knapp wird. Im Wesentlichen folgen sie der Polarfront. Hier treffen die Ausläufer des Golfstromes auf das kalte Wasser des Eismeeres. Diese Region zeichnet sich durch besonders hohen Nahrungsreichtum aus.
Sender im Huckepack
Diese erstaunlichen Informationen haben die Lachse selbst geliefert, wenn auch nicht ganz freiwillig, wie Prof. Audun Rikardsen von der nordnorwegischen Universität in Tromsø erläutert. Der Meeresbiologe hat sich der modernen Satellitentechnologie bedient und seit 2008 über 100 Lachse mit dem Sender „Salmotrack“ markiert. Da das Gerät immerhin gut faustgroß ist, wurden laut Rikardsen nur die größten Fische zur Besenderung ausgewählt. „Das merken die zwar“, erläuterte er kürzlich in der Universitätszeitschrift Labyrint (4/10), „das ist aber so, als ob wir einen kleinen Rucksack tragen würden. Unsere Daten zeigen, dass die Fische normal abwachsen.“
Um ausreichend Batteriekapazität für die Instrumente zu haben und um drucksicher bis auf 550 Meter Tiefe zu sein, müssen die Sender eine gewisse Größe haben. Auf Datenträgern werden außer der Wassertemperatur und der Tiefe auch die Tag- und Nachtaktivität der Fische registriert. Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen der Lachs an die Oberfläche kommt, überträgt ein Sender seine heimlichen Lebensgewohnheiten über Satellit an die Forscher. „Das ist dann wie Weihnachten für uns“, verrät Rikardsen. Die Daten sollen zukünftig dazu beitragen, die Überlebensrate der Wildlachse zu erhöhen, die ja bekanntlich derzeit eine absteigende Tendenz aufweist. Den klobigen Rücksacksender müssen die Lachse übrigens nicht bis zu ihrem Lebensende tragen: Sie werfen ihn nach einer vom Forscher vorbestimmten Zeit wieder ab.
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