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Wie Korallenriffe den Klimawandel überstehen

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Korallen bilden durch ihre Kalziumkarbonat-Skelette das Gerüst der Riff-Ökosysteme, das einer Vielzahl von Arten als Lebensraum dient und der Komplexität von Großstädten ähnelt. Bild: Anna Roik/Uni Konstanz

Die Tara-Pazifik-Expedition zur Erforschung der Korallenriffe veröffentlicht die ersten erstaunlichen Ergebnisse.

Ähnlich den Expeditionen vor hundert oder zweihundert Jahren dauerte die Tara-Pazifik-Expedition über zwei Jahre. Ihr Ziel: die Lebens- und Überlebensbedingungen von Korallen zu erforschen. Dabei durchquerte sie den gesamten Pazifik und stellt mit ihrem Programm die bislang größte Gen-Typisierungsstudie dar, die in einem marinen System durchgeführt wurde. Die 70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus acht Ländern entnahmen den hundert erforschten Korallenriffen rund 58.000 Proben. Die ersten Ergebnisse der Auswertungen sind nun in Nature Communications erschienen. Die größte Datensatzkollektion von Korallenriffen, die jemals erhoben wurde, ist frei zugänglich und wird auf Jahre hinaus die Grundlage bilden, um die Lebensbedingungen von Korallen zu ergründen und einen Weg zu finden, wie sie den Klimawandel überstehen können.

Wichtige erste Ergebnisse der Expedition: Die globale mikrobielle Biodiversität ist zehnmal größer als bisher angenommen. Die Auswirkungen der Umwelt auf die evolutionäre Anpassung sind artspezifisch. Und: Wichtige Gene in Korallen sind doppelt vorhanden.

Globale Biodiversität zehnmal größer als angenommen

Korallenriffe sind das biologisch vielfältigste marine Ökosystem der Erde. Auf einer Fläche von nur 0,16 Prozent der Weltmeere beherbergen sie rund 35 Prozent der bekannten marinen Arten. Anhand eines Datensatzes auf Basis von genetischen Markern konnten die Forschenden erkennen, dass die gesamte global geschätzte bakterielle Biodiversität bereits in den Mikroorganismen der Korallenriffe zu finden ist. „Die mikrobielle Biodiversität, die wir im Moment weltweit annehmen, ist völlig unterschätzt“, sagt Christian Voolstra, Professor für Genetische Adaption in aquatischen Systemen an der Universität Konstanz und Mit-Koordinator der Tara-Pazifik-Expedition. Er spricht vom Größenfaktor zehn, mit dem die aktuell angenommene Biodiversität von zirka fünf Millionen Bakterien multipliziert werden müsse.

Unterschiede bei den Chromosomen

Die 32 untersuchten Archipele dienten als natürliche Labore und bieten ein breites Spektrum an Umweltbedingungen, so dass die Beziehungen zwischen Umwelt- und genetischen Parametern auf großen räumlichen Skalen untersucht werden können. So lautet ein weiteres wichtiges Ergebnis, dass die Auswirkungen der Umwelt auf die evolutionäre Anpassung von Korallen artspezifisch sind. Um dies zu erfassen, wurden erstmalig auch die Längen von Telomeren angeschaut, das sind die Enden der genetische Informationen tragenden Chromosomen.

Beim Menschen nimmt die Länge der Telomere im Laufe des Lebens ab, deshalb wird vermutet, dass das biologische Alter eng mit der Länge der Telomere verknüpft ist. Forschende fanden im Rahmen der Tara-Pazifik-Expedition nun erstmals heraus, dass bei sehr stressresistenten Korallen die Telomere immer gleich lang sind. „Sie verfügen anscheinend über einen Mechanismus, diese Telomerlängen wieder aufzufüllen“, folgert Voolstra. Bei stress-empfindlicheren Korallengattungen, die mit einer Lebensspanne von vielleicht hundert Jahren kurzlebiger sind, ist die Telomerlänge umweltabhängiger, etwa von Temperaturschwankungen.

Schutz vor UV-Schäden: Wichtige Gene gibt es doppelt

Tatsächlich hat die Stressresistenz und damit das lange Leben einiger Korallengattungen noch einen anderen Grund, der durch die Meeresforschung des Tara-Pazifik-Projekts entdeckt wurde: Sie duplizieren bestimmte Gene. Viele wichtige Gene sind im Genom mehrfach vorhanden. Feststellen konnten das die Fachleute, indem sie die Korallen-Genome nochmals mit einer neuen hochauflösenden Technik sequenzierten. Diese ermöglich, nicht nur einen gesamten Gen-Satz, sondern auch die einzelnen Gen-Abfolgen anzuschauen. Laut Voolstra könnte diese Gen-Duplizität eine mögliche Erklärung dafür sein, dass Korallen tausende Jahre alt werden können, obwohl sie zum Beispiel extremer UV-Strahlung im Flachwasser ausgesetzt sind.

Die Tara-Pazifik-Expedition, benannt nach dem Forschungsschiff des Wissenschaftsprojekts, wird mehrere Jahre lang Material für groß angelegte Analysen der Vielfalt von Korallenökosystemen liefern. Einzigartig ist das Programm auch insofern, als die Proben an mehreren Standorten und über mehrere Jahre hinweg gesammelt wurden. Dabei wurden die Korallen an jedem Standort auf identische Weise untersucht, was sie vollständig vergleichbar macht.

Datenkollektion frei zugänglich

Die gesamten Datensätze sind außerdem umfassend mit physikalischen und chemischen Daten beschrieben, um sie als wissenschaftliche Ressource anderen Forschenden zur Verfügung zu stellen. „Das ist einmalig“, sagt Voolstra. „Es ist die größte Datensatzkollektion von Korallenriffen, die jemals erhoben wurde und die komplett frei zugänglich ist.“ Sie wird auf Jahre hinaus weltweit als Grundlage genetischer Sequenzierungen und molekularer Analysen dienen.

-Pressemitteilung Uni Konstanz-

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