Am Grund der Ozeane gibt es riesige Vorkommen aus Methanhydrat. Die Verbindung ist instabil und kann unter bestimmten Bedingungen – etwa einer höheren Wassertemperatur – klimaschädliches Methan freisetzen.
Mit einem neuartigen „Thermometer“ können Forschende der Goethe-Universität Frankfurt messen, wie hoch die Temperatur am Meeresboden vor Millionen von Jahren war. Dazu nutzen sie bestimmte Karbonat-Minerale, die von Mikroorganismen in Anwesenheit von Methan gebildet werden. Diese neue Methode könnte eine Antwort auf die Frage ermöglichen, ob eine Erwärmung der Ozeane in der Vergangenheit zu einer verstärkten Methan-Freisetzung geführt hat.
Gigantische Mengen Kohlenstoff schlummern am Grund
Methan ist ein etwa 25-mal stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid (CO2). Bei niedrigen Temperaturen und hohem Druck verbindet es sich mit Wasser zu Methanhydrat, einem eisartigen Feststoff. Davon existieren unter dem Meeresgrund riesige Vorkommen. Mindestens 1.800 Gigatonnen Kohlenstoff sind in dieser Form gespeichert; manche Schätzungen gehen gar von mehr als 20.000 Gigatonnen aus. Zum Vergleich: Die Kohlenstoff-Menge, die die Menschheit seit Beginn der Industrialisierung aus fossilen Brennstoffen in Form von CO2 ausgestoßen hat, beläuft sich auf 475 Gigatonnen.
Blick in die Vergangenheit kann Antworten liefern
Methanhydrat ist fragil – erhöht sich die Temperatur, kann es sich zu Methan und Wasser zersetzen. An bestimmten Stellen, submarinen Methanquellen, kann dann Methangas aus dem Sediment entweichen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befürchten daher, dass sich diese Ausgasungen durch den Klimawandel verstärken und dadurch den Treibhauseffekt weiter anheizen könnten. Wie groß diese Gefahr ist, lässt sich im Moment noch nicht sicher sagen. „Vielleicht kann uns aber ein Blick in die Vergangenheit eine Antwort liefern“, erklärt Prof. Jens Fiebig, dessen Arbeitsgruppe die Studie in Kooperation mit der Universität Hamburg und der Shanghai Ocean University durchgeführt hat.
Denn auch früher schon kam es auf der Erde zu längeren Wärmeperioden. In welchem Ausmaß dabei die Methanhydrat-Vorkommen instabil wurden und welche Konsequenzen das für die Ausgasung hatte, ist jedoch noch nicht bekannt. „Grund dafür ist, dass sich die Temperatur am Ozeanboden vor Hunderttausenden oder Millionen von Jahren bislang nicht ausreichend genau messen ließ“, erklärt Prof. Jörn Peckmann von der Universität Hamburg. „Außerdem konnte diese Temperatur nicht direkt in Zusammenhang mit der Methan-Freisetzung gebracht werden.“ Fiebigs Arbeitsgruppe hat jedoch 2020 eine Methode entwickelt, die – wie die Studie jetzt zeigt – dazu geeignet sein könnte: das duale ,clumped-isotope‘ Thermometer.
Mikroorganismen nutzten Methan als Energiequelle
Das Methan, das aus den Hydratvorkommen ausgast, wird größtenteils von Mikroorganismen umgesetzt. Sie leben in den Sedimenten am Meeresgrund oberhalb der Vorkommen. Das Methan dient ihnen als Energiequelle. Der enthaltene Kohlenstoff wird von ihnen dabei sukzessive zu festen Ablagerungen aus Karbonat mineralisiert. Die Karbonat-Minerale enthalten sowohl Kohlenstoff als auch Sauerstoff. Beide Elemente kommen in verschiedenen Varianten vor, die man als Isotope bezeichnet und die sich in ihrer Masse unterscheiden.
„Das duale ,clumped-isotope‘ Thermometer misst, wie häufig schwere Kohlenstoff- und Sauerstoff-Isotope in Karbonaten nebeneinander gruppiert vorkommen“, erklärt Fiebigs Kollege Dr. Philip Staudigel, der die Studie geleitet hat. „Diese Art der Untersuchung der internen Anordnung schwerer Isotope erlaubt es uns, neben dem Einfluss der Temperatur auch zusätzliche, nicht-temperaturbedingte Effekte auf die Isotopenzusammensetzung zu identifizieren. Wir zeigen, dass solche zusätzlichen Effekte in den untersuchten Karbonaten von Bedeutung sind. Sie stellen eine Art ‚Fingerabdruck‘ der Mikroorganismen dar, der vom Ausmaß der Methanfreisetzung abhängig ist.“
Die Forschenden konnten die Temperatur, die bei der Entstehung der Karbonate herrschte, deutlich genauer bestimmen als bislang möglich, indem sie die nicht-temperaturbedingten Effekte bei der Berechnung berücksichtigten. „Die Information über das Ausmaß der Methanfreisetzung könnte im Zusammenspiel mit der genauen Temperaturbestimmung in Zukunft genutzt werden, um zu rekonstruieren, ob die Erwärmung der Ozeane zu einer verstärkten Ausgasung geführt hat“, meint Staudigel.